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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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Stichwort hin hätte ich bestätigen sollen, dass es mir ähnlich erging, ich ihn auch nett fand, weil er eben nett war. Aber falls irgendjemand nachvollziehen konnte, warum ich nicht so reagierte, dann doch wohl Harriet. Oder etwa nicht? Sie sagte über sich selbst, sie könne bei der Arbeit schlecht delegieren; ich hatte auf einer mehr persönlichen Ebene vergleichbare Probleme. Wenn ich menschlich auf mich allein gestellt gewesen wäre, wäre ich auch eine rein One-Woman-Show gewesen. Doch was Nate betraf, war der Schadensfall leider bereits eingetreten. Wenn ich in jener ersten Nacht nicht versucht hätte abzuhauen, und nicht bei ihm, sondern jemand anderem im Auto mitgefahren wäre, wären wir nach wie vor bloß Nachbarn,ohne jede weitere Verbindung oder Beziehung zueinander. Aber so, wie es im Moment aussah, hatte ich die Grenze bereits überschritten, war weder eine vollkommen Fremde noch bereit für eine echte Freundschaft. Denn wir waren Bekannte beziehungsweise versuchten, es zu sein   – und selbst das wuchs mir noch über den Kopf. War mir irgendwie zu viel.
    ***
    Als ich gegen Abend zu Coras Haus zurückkehrte, parkten jede Menge Autos in der Auffahrt; die Haustür stand offen, helles Licht drang auf die Treppe hinaus und bis in den Vorgarten. Ich ging langsam aufs Haus zu, bemerkte noch von draußen die Leute, die sich in der Küche aufhielten, hörte aus dem Hintergrund Musik.
    Ich wartete, bis die Luft rein war, ehe ich in die Eingangshalle trat und leise die Tür hinter mir schloss. Mit meinen Tüten in der Hand lief ich rasch die Treppe hinauf und blieb erst auf dem oberen Absatz stehen, um zu checken, was da unten abging. Jede Menge Leute wuselten in der Küche um den Tisch und die Küchentheke herum. Die große Doppeltür zur Terrasse stand offen, mehr Leute strömten entweder von dort herein oder gingen hinaus. Auf sämtlichen Arbeitsflächen stand oder lag Essen herum, irgendetwas roch teuflisch gut   – mein knurrender Magen erinnerte mich daran, dass ich das Mittagessen ausgelassen hatte   –, und im Durchgangsbereich zwischen Küche und Terrasse waren Eiskübel und Getränke aufgebaut. Es handelte sich ganz offensichtlich nicht um eine spontane Party, etwas, das in letzter Minute geplant worden war. Im Gegensatz dazu war meine Anwesenheit in diesem Haus ja nicht gerade Teil von Coras und Jamies Plänen gewesen.
    Mit diesen Überlegungen im Kopf vernahm ich plötzlich Stimmen in meiner Nähe. Ich blickte nach rechts und bemerkte, dass Coras Schlafzimmertür offen stand. Unwillkürlich trat ich näher. Zwei Frauen standen, mit dem Rücken zu mir, vor der Tür, die in ihr Bad führte. Die eine: klein, zierlich, blonder Pferdeschwanz, Jeans, Sweatshirt. Die andere war größer und hatte braune Haare, trug ein schwarzes Kleid sowie Stiefel und hielt in der rechten Hand ein Glas Rotwein.
    ». . . verstehst du?«, sagte die Blonde gerade. »Es wird genau in dem Moment klappen, wenn du aufhörst, darüber nachzudenken, okay?«
    »Denise«, setzte die Brünette an, schüttelte mahnend den Kopf, trank einen Schluck von ihrem Wein. »Das hilft jetzt überhaupt nicht weiter. So, wie du das sagst, klingt es, als sei alles ihre Schuld oder so etwas.«
    »So habe ich es aber nicht gemeint!«, entgegnete Denise. »Ich finde ja bloß, du hast noch jede Menge Zeit. Es ist schließlich noch gar nicht so lange her, da waren wir alle total
erleichtert
, wenn wir unsere Tage bekamen. Hast du das schon vergessen?«
    Die Brünette warf ihr einen mahnenden Blick zu, bevor sie sich wieder der unsichtbaren Person im Bad zuwandte, mit der die beiden sprachen. »Der Punkt ist der: Du machst alles richtig. Schreibst jeden Monat deine Periode und deinen Eisprung auf, misst Temperatur und so weiter. Deshalb ist es natürlich frustrierend, wenn nichts passiert, obwohl du es dir so sehr wünschst. Aber du hast gerade erst damit angefangen. Außerdem gibt es heutzutage viele Methoden, schwanger zu werden, wenn man möchte. Das ist dir doch auch klar.«
    In dem Moment geschahen zwei Dinge gleichzeitig: Weilmir schlagartig klar wurde, wie intim diese Unterhaltung war, wich ich so weit wie möglich von der geöffneten Tür zurück   – und das noch, bevor ich meine Schwester erblickte, die gerade aus dem Bad kam, nickte und sich die Augen abwischte. Ehe sie mich entdecken konnte, drückte ich mich flach an die Wand hinter dem Treppenabsatz, hielt die Luft an und versuchte zu verdauen, was ich da gerade erfahren hatte.

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