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Abraham Lincoln - Vampirjäger

Abraham Lincoln - Vampirjäger

Titel: Abraham Lincoln - Vampirjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seth Grahame-Smith
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reglos verharrt, während die Sonne längst untergegangen war, dass ich schon fürchtete, meine Beine würden mich im Stich lassen, wenn ich sie bräuchte. Aber ich wagte nicht, anzugreifen, bevor ich ihn sah. Bevor diese Kreatur aus ihrer Schlafstätte auftauchte. Ich warf einen schnellen Blick auf die Axt in meiner Hand, um mich zu vergewissern, dass sie noch da war. Ich zitterte vor Ungeduld, die Schneide in seine Brust dringen zu sehen. Die Angst in seinem Gesicht zu sehen, wenn das letzte Fünkchen Leben aus ihm wich.
    Aus nördlicher Richtung war ein leises Rascheln im Laub zu hören, das Knacken von Zweigen. Jemand näherte sich, bewegte sich durch das Unterholz am Ufer. Abe brachte seinen Atem unter Kontrolle. Er spürte den Griff der Axt in seiner rechten Hand. Stellte sich das Geräusch vor, das sie machen würde, wenn sie durch Haut, Knochen oder Lunge drang.
    Ich hatte stundenlang darauf gewartet, dass die Kreatur endlich auftauchte. Mir war nicht einmal in den Sinn gekommen, dass der Vampir vielleicht schon ausgeflogen sein könnte. Es spielte keine Rolle. Ich hielt meine Axt bereit und wartete darauf, einen ersten Blick auf ihn zu erhaschen.
    Aber der Vampir entpuppte sich als kleine Frau in einem schwarzen Kleid mit dazu passender Haube. Ihre Körperhaltung ließ darauf schließen, dass sie ziemlich alt war, obwohl sie die unwegsame Flussböschung ohne Mühe entlangkam.
    Die Möglichkeit, dass es sich um eine Frau, ja sogar um eine alte Frau handeln könnte, war mir nie in den Sinn gekommen. Plötzlich wurde mir bewusst, wie verrückt mein Tun war. Welchen Beweis hatte ich denn? Nichts als den Verdacht, dass dies das Boot eines Vampirs war. Konnte ich wirklich einfach denjenigen töten, dem es gehörte, und hoffen, dass meine Theorie stimmte? War ich bereit, diesem alten Weib einfach den Kopf abzuschlagen, ohne vorher absolute Gewissheit zu haben?
    Abe musste sich nicht lange mit diesen Bedenken herumquälen, denn als die Frau näher kam, sah er, dass sie etwas im Arm trug. Ein weißes Bündel.
    Es war ein Kind.
    Ich sah, wie sie es durchs Unterholz trug [und] auf das Boot zuging. Der Junge war nicht älter als fünf Jahre und in ein weißes Nachthemd gekleidet – seine Arme und Beine hingen kraftlos herab. Ich sah Blut an seinem Kragen. An seinen Ärmeln. Aus dieser Entfernung konnte ich nicht angreifen, aus Angst, die fehlgeleitete Axt könnte den Jungen töten (falls er überhaupt noch lebte).
    Abe behielt die Vampirin im Auge, bis sie den Kahn erreichte und über die schmale Planke an Bord ging. Doch auf halbem Wege hielt sie plötzlich inne.
    Ihr Körper erstarrte. Sie schnupperte in die Luft, wie Tiere es tun, wenn sie Gefahr wittern. Sie starrte durch die Dunkelheit erst auf die andere Uferseite und dann direkt in meine Richtung.
    Abe war wie versteinert. Kein Atemzug drang über seine Lippen. Kein Zucken durchfuhr seinen Körper. Nachdem sie überzeugt war, dass keine Gefahr bestand, ging die alte Frau weiter über die Planke auf den Kahn.
    Übelkeit überkam mich. Eine tiefe Wut – eher auf mich selbst als gegen sie. Wie konnte ich nur untätig bleiben und zulassen, dass dieses Kind entführt wurde? Wie konnte ich es zulassen, dass mich so etwas Erbärmliches wie Furcht – etwas so Unbedeutendes wie mein Leben – davon abhielt, das zu tun, was getan werden musste? Nein! Nein, ich würde eher durch ihre Hand sterben, als mit dieser Schande leben! Ich sprang aus meinem Versteck und rannte zum Fluss. Auf das Boot zu. Sie hörte meine Schritte sofort – wandte sich zu mir um und ließ den Jungen aufs Deck fallen. Da! Das war meine Chance! Ich riss meine Axt hoch und schleuderte sie nach ihr. Sah meiner Waffe nach, wie sie, sich um die eigene Achse drehend, auf die Vampirin zuflog. Entgegen des Anscheins, den die Kreatur machte, bewegte sie sich ziemlich flink – sie wich meiner Axt aus, die sogleich auf den Grund des Ohio Rivers sank. Ich stürzte auf sie zu, überzeugt, dass ich sie mit meiner Kraft und Versiertheit immer noch besiegen konnte. Überzeugt, dass mir keine andere Wahl blieb. Ich griff in meine Manteltaschen und zog zwei Jagdmesser hervor – eines für jede Hand. Sie wartete auf mich mit ausgestreckten, zu Klauen verkrampften Händen. Ihre Augen waren so schwarz wie ihre Haube. Ich setzte einen Fuß auf die Planke. Mit einem Satz stürzte ich mich auf sie – doch sie stieß mich weg, mühelos, wie der Schweif eines Pferdes eine Fliege verscheucht. Ich landete mit solcher

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