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Abraham Lincoln - Vampirjäger

Abraham Lincoln - Vampirjäger

Titel: Abraham Lincoln - Vampirjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seth Grahame-Smith
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silbernes Kreuz hing um seinen Hals. Ich ließ meinen Blick schweifen und machte mir ein Bild von dem Zimmer im Lampenschein. Die Wände schienen aus Stein zu bestehen, die Zwischenräume waren mit Lehm verputzt worden. An jeder Wand hingen mindestens zwei goldgerahmte Gemälde, an einer sogar ganze sechs Stück davon. Szenen von Eingeborenenfrauen mit entblößten Brüsten, die Wasser vom Fluss holten. Sonnenüberflutete Landschaften. Das Porträt einer jungen Frau neben dem einer alten Dame, deren Züge sich erstaunlich ähnelten. Ich sah meine Habseligkeiten sorgfältig auf einer Truhe in der Zimmerecke ausgebreitet liegen. Mein Mantel. Meine Messer. Meine Axt – auf wundersame Weise vom Grund des Ohio Rivers geborgen. Um mich herum befand sich das edelste Mobiliar, das ich je gesehen hatte. Und Bücher! Stapelweise Bücher in allen Formaten und mit den unterschiedlichsten Einbänden.
    »Mein Name ist Henry Sturges«, sagte er. »Dies ist mein Haus.«
    »Abraham … Lincoln.«
    »Der ›Stammvater‹. Sehr erfreut.«
    Ich versuchte mich aufzusetzen, verspürte aber unverzüglich einen so heftigen Schmerz, dass ich beinahe wieder das Bewusstsein verlor. Ich sank zurück auf den Rücken und schielte nach unten. Meine Brust und mein Bauch waren mit feuchten Bandagen bedeckt.
    »Verzeihen Sie den Eingriff in Ihre Privatsphäre, aber Ihre Verletzungen waren doch recht ernst. Seien Sie auch nicht beunruhigt wegen des Geruchs. Die Bandagen wurden in verschiedene Öle getränkt, die der Heilung von Wunden zuträglich sind, das versichere ich Ihnen. Allerdings weniger angenehm für die Nase, fürchte ich.«
    »Wie … ?«
    »Zwei Tage und Nächte. Ich muss zugeben, während der ersten zwölf Stunden hing Ihr Leben am seidenen Faden. Ich war mir nicht sicher, ob Sie jemals wieder aufwachen würden. Es spricht für Ihren Gesundheitszustand, dass Sie über…«
    »Nein … wie haben Sie sie getötet?«
    »Ah. Das war nicht schwer, wirklich. Sie war schon recht gebrechlich, wissen Sie.«
    Diese Aussage erschien mir ziemlich absurd angesichts der Tatsache, dass ich von dieser gebrechlichen Kreatur beinahe getötet worden wäre.
    »Und ich sollte vielleicht noch hinzufügen, dass sie recht beschäftigt damit war, Sie zu ertränken. In diesem Sinne bin ich es, der Ihnen für dieses Ablenkungsmanöver Dankbarkeit schuldet, nehme ich an. Darf ich Sie etwas fragen?«
    Mein Schweigen schien ihm Aufforderung genug.
    »Wie viele Vampire haben Sie bereits getötet?«
    Es war schockierend für mich, das Wort aus dem Munde eines Fremden zu hören. Bis zu jenem Tage hatte ich niemanden außer meinen Vater von ihnen als von real existierenden Wesen sprechen hören. Ich dachte kurz daran, ein wenig zu übertreiben, antwortete ihm dann aber doch ehrlich.
    »Einen«, sagte Abe.
    »Ja … ja, das klingt plausibel.«
    »Und Sie, Sir. Wie viele haben Sie schon getötet?«
    »Ebenfalls einen.«
    Das wollte mir nicht einleuchten. Wie konnte jemand mit solchen Fähigkeiten – immerhin hatte er den Vampir mühelos getötet – nur so wenig Übung darin haben?
    »Sind Sie etwa gar kein Vampirjäger?«
    Henry lachte herzhaft über diese Frage.
    »Ich kann Ihnen mit Überzeugung versichern, dass dies nicht der Fall ist. Obschon dieses Metier gewiss eine höchst interessante Wahl darstellen würde.«
    In meinem konfusen Zustande erschloss sich mir die Bedeutung des Gesagten nur langsam. Als es mir dämmerte – als sich die Wahrheit in meinem Hirn zu manifestieren begann, war ich entsetzt und wütend zugleich. Er hatte die Vampirin getötet. Aber nicht, um mich vor dem Tode zu bewahren, sondern um mich für sich zu haben. Plötzlich waren alle Schmerzen vergessen. Ich spürte nur noch ein Brennen in der Brust. Mit all meiner Kraft – all meiner Rage – griff ich ihn an. Doch meine Arme, die sich um seine Kehle legen wollten, wurden in ihrer Bewegung abrupt gehemmt. Ich war an den Armen festgebunden. Jäh schrie ich auf. Zerrte an den Fesseln. Wie ein Wahnsinniger. Henry sah mich weiterhin völlig unbeeindruckt an.
    »Ja«, sagte Henry. »Ich dachte mir, dass Sie so reagieren würden.«
    III
    Die nächsten zwei Tage und Nächte weigerte ich mich, auch nur ein Wort zu sagen. Ich weigerte mich, zu essen, zu schlafen oder meinem Entführer in die Augen zu blicken. Wie hätte ich auch gekonnt, wo ich doch jeden Augenblick damit rechnen musste, dass meinem Leben ein Ende gemacht würde? Wo ich doch wusste, dass sich ein Vampir (Mein Erzfeind! Meiner Mutter

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