Abraxmata
Strohhalme und die grüne Federspitze von Chamors Hut zu sehen waren.
Nach einer Weile tauchte Chamor aus dem Wasser auf. Am Rande des Baches erhob sich der mächtige Eingang zu einer Höhle. Der Bach hatte sich hier so tief gegraben, dass man vom Wald aus nicht sehen konnte, dass sich die Höhle dort befand. Abraxmata wusste, dass Monolitos in unterirdischen Höhlen, am liebsten an Gewässern, hausten, und er wusste auch, wo sich die Höhle befand, in der Chamor und seine Freunde wohnten, nur betreten hatte er die Höhle noch nie. Er hatte sie auch noch nie von der Wasserseite aus gesehen und hätte nie gedacht, dass sie so riesig sei.
»Wenn du Lust hast mit reinzukommen, du bist herzlich eingeladen«, stammelte Chamor, und es stand ihm ins Gesicht geschrieben, dass er sich nicht ganz sicher war, ob seine Kumpanen den Azillo auch willkommen heißen würden.
Abraxmata war auf das Innere des Monolitobaus neugierig geworden und folgte ihm.
Die steilen dunkelbraunen Erdwände wölbten sich nach oben. Es war ein großer, weitläufiger Raum, der auf mehreren Ebenen nach unten abfiel. Auf einer Seite waren die dicken Wurzeln, die aus der Wand ragten, jeweils von zwei gegenüberliegenden Seiten her, zusammengenommen und mit Hilfe von dünnerem Wurzelwerk ineinander verflochten, sodass neun Hängematten entstanden, die mit braunem Laub ausgepolstert waren. Dicke Baumscheiben, größere und höhere, umringt von kleineren und niedrigeren, bildeten eine Sitzgruppe. Der Boden war ebenfalls mit braunem Laub aufgeschüttet, das unter Abraxmatas Füßen lustig raschelte. Vom Eingang her fiel klares Sonnenlicht ein und erhellte die Höhle in ihren warmen, braunen Erdtönen.
Erst jetzt bemerkte Abraxmata die anderen acht Monolitos, die in einer Ecke der Höhle standen und deren Gesichter sich immer mehr verfinsterten. Die ansonsten nicht unbedingt auf jeden zugehenden, aber durchaus freundlichen Wesen schienen nicht sonderlich begeistert darüber zu sein, dass sie ein ungebetener Gast in ihrer Höhle besuchte. Chamor erklärte schnell und sichtlich angestrengt nach den richtigen Worten ringend, dass er Abraxmata eingeladen hatte, ihn in seiner Höhle zu besuchen.
Die anderen tolerierten zwar jetzt Abraxmatas Anwesenheit, aber eine seltsame Anspannung lag in der Luft, sodass sich Abraxmata nicht wohl fühlte und sich ziemlich schnell wieder verabschiedete.
Die folgenden Tage und Wochen verbrachte Abraxmata mit Murus, Chamor und Hevea. Sie gingen zusammen zum Begumenjagen, planschten im Wasser, spielten Verstecken oder rannten einfach nur im Schattenlicht der Bäume durch den Wald und genossen die letzten warmen Tage des alten Sommers. Der Herbst kam und tauchte den Mondschattenwald in seine bunten Farben. Die untergehende Sonne schimmerte zwischen dem Herbstlaub hindurch, wie Hunderte orange-golden brennende Augen. Abraxmata saß zusammen mit Murus und Chamor am Rande des Mondschattensees. Die drei beobachteten, wie die Nacht heraufzog und den herbstlichen Wald in ein geheimnisvolles Licht tauchte.
Abraxmata fragte sich, wann er Askan wieder sehen würde. »Nein, ich habe ihn die ganzen Wochen nicht einmal gesehen, er ist wie verschwunden, auch Penton konnte mir nicht sagen, wo er steckt«, murmelte er vor sich hin.
»He!«, schallte es aus Murus’ Richtung. »Woher weißt du, was ich dich gerade fragen wollte?«
Doch Abraxmata antwortete nicht, zu sehr war er in seine Gedanken versunken.
In den nächsten Tagen begann sich Abraxmata langsam danach zu sehnen, Askan endlich wieder zu treffen und mit dem Unterricht fortzufahren, schließlich drohte ja auch eine gewisse Gefahr. Eine innere Unruhe breitete sich in Abraxmata aus, eine Art aufgestaute Energie, die hinaus wollte und ihn von innen zu zerreißen drohte.
Es war ein schöner Herbsttag und er beschloss, sich nun selbst auf die Suche nach Askan zu machen.
Sein Weg führte ihn zunächst am Bach entlang, dann über Pentons Insel, der wieder nicht wusste, wo sich Askan befand, über die grüne Gumpe, an der er Askan zum ersten Mal getroffen hatte, durch die Tiefen der Bäume. Die Lage schien hoffnungslos, Askan im Labyrinth des Waldes zu finden. Manchmal hatte er das Gefühl, ganz dicht an Askan vorbeizulaufen, ohne ihn zu bemerken.
Er kam an einem besonders alt aussehenden, seltsam gewachsenen Baum vorbei, dessen Stamm sich schon auf seiner Höhe teilte, wobei ein Teil sich wie eine dicke grüne Schlange nach oben wand und der andere einen großen Torbogen, unter dem
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