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Abraxmata

Abraxmata

Titel: Abraxmata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bannert
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des Saales geführt, an dem die älteren Waldfeen saßen. Es wurde sehr viel geredet, wie könnte es anders sein bei so vielen Waldfeen, und Abraxmata fand die Gelegenheit, Antworten auf Dinge zu finden, die ihn quälten.
    »Wie kommt es, dass ich noch nie etwas von euren grünen Hallen bemerkt habe? Gerade jetzt im Herbst müssten sie doch, und wenn sie noch so gut versteckt sind, gut zu finden sein«, fragte er und sah dabei in das alte Gesicht einer Waldfee, die in blassrosa Blüten gewickelt war und eine total verwuschelte Frisur hatte.
    Sie sah ihn aus ihren weisen schwarzen Augen an und antwortete mit einer sehr leisen, zarten, hohen Stimme: »Das liegt daran, dass das Reich der Waldfeen gleichzeitig da ist und gleichzeitig auch wieder nicht. Genauso wie wir auf der einen Seite da sind und auf der anderen Seite auch wieder nicht.«
    »Aber es muss doch irgendeinen Anhaltspunkt geben, wo sich euer grünes Schloss im Mondschattenwald befindet. Irgendetwas, das ich kenne oder zumindest eine Richtung«, sagte Abraxmata.
    Bei dem Ausdruck grünes Schloss war ein Lächeln über ihr altes Gesicht gehuscht und ließ sie für einen Augenblick jung und schön aussehen. »Die Heimat der Waldfeen befindet sich überall und nirgendwo«, gab sie zur Antwort, und gerade als Abraxmata, der mit dieser Antwort immer noch mehr als unzufrieden war, noch einmal nachfragen wollte, stand sie von ihrem Platz auf und ging demonstrativ hinüber zu einem anderen Tisch. Sie schien Abraxmata zu verstehen zu geben, dass es jetzt wirklich genug war mit seiner lästigen Fragerei.
    Die Gespräche wendeten sich wieder so unwichtigen Dingen zu, wie dem Damajantifest und wer dort mit wem getanzt hatte, oder dem neuesten Pilzrezept. Abraxmata ließ seine Gedanken schweifen und hörte nicht mehr zu. Er betrachtete den funkelnden Wasserfall, der wie eine gläserne Säule an der linken grünen Wand hinunterlief und dann im Boden verschwand, ohne auch nur eine Wasserlake zu hinterlassen. Plötzlich flackerte ein grelles Licht in seinem linken Augenwinkel und brannte ihn, als hätte ihn jemand ins Auge gestochen, sodass er die Augen schließen musste. Etwas umschlang ihn, umfasste ihn wie ein schwarzer Schatten und saugte seine Kraft aus. Er wollte seinen Kopf vom Wasserfall wegdrehen, seinen Blick abwenden, aber er konnte nicht. Etwas hielt ihn wie gefesselt. Er schwitzte und musste laut atmen. Am liebsten hätte er geschrien. Er glaubte, die Blicke der anderen überall auf seinem Körper zu spüren. Er wehrte sich mit aller Kraft und stürzte schließlich von seinem Stuhl auf den Boden, heftig atmend, schweißgebadet, wie nach einem schlimmen Albtraum. Erst jetzt bemerkte er, dass ihn zwar keiner anstarrte, aber dass sich ein dunkler Nebel in den freundlichen Raum gelegt hatte und dass sich auf den Gesichtern der Waldfeen und auch auf Askans Gesicht ein sehr besorgter und gleichzeitig überraschter Ausdruck ausgebreitet hatte.
    »Es geschieht sehr viel schneller als wir uns alle vorgestellt hatten. Es ist nicht mehr aufzuhalten«, sagte Askan mit düsterer Stimme, packte Abraxmata an der Hand und zerrte ihn hinaus aus dem grünen Schloss, sodass dieser gerade noch Zeit hatte, sich kurz umzudrehen, um sich zu verabschieden und für alles zu bedanken. »Es wird höchste Zeit, dass wir mit dem Unterricht fortfahren«, sagte Askan und versuchte dabei, so normal wie möglich und gelassen wie immer zu wirken, was ihm jedoch nicht ganz gelang, denn Abraxmata spürte gleich, dass ihn etwas tief bewegte, etwas, das ihm große Sorgen zu bereiten schien.
    Askan hob seinen knorrigen Stab hoch, der Abraxmata von Anfang an seltsam vorgekommen war, sich aber dann als normaler Spazierstock zu entpuppen schien, und schloss die Augen. Durch hohe Konzentration, die er aufbrachte, strahlte er so viel Energie aus, dass Abraxmata es spüren konnte. Dann begann das untere Ende des Stabes türkis zu leuchten, eine große breite Flamme schoss aus dem Stab hervor, raste auf Abraxmata zu und erfasste ihn. Es war ihm, als würde er mitten in einen tosenden Vulkan geworfen, in dessen Inneres gezogen, ganz tief, wie in einen Strudel, und mit der glühenden Lava in die Luft gespien. Alles um ihn herum glühte und er schrie vor Schmerz auf. – Dann war alles vorbei. Er blickte in ein trostloses und ödes Land.
    Die Quuna-Ebenen
    Der Boden war schwarz und lehmverschmiert, kein einziger Grashalm war zu sehen. Dicke Risse zogen sich durch die ausgetrocknete Erde und kein Lüftchen

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