Abraxmata
man durchgehen konnte, bildete und am Boden kriechend, immer dünner werdend, sich im Waldboden verlor. Zwischen den weinrot gefärbten Blättern dieses sonderbar gebogenen Baumes glaubte Abraxmata plötzlich ein giftgrünes Blinken gesehen zu haben, wie ein grüner Funken, der auf den Baum übergegangen war. Abraxmata ging um den Baum herum. Ein gelber Zipfel eines besonders großen Blütenblattes hing weit oben am bemoosten Ast herunter. Als er näher kam, konnte er auch zwei kleine grünliche Füße baumeln sehen, zwischen denen es von oben herab immer noch grelle grüne Funken regnete. Obwohl Abraxmata mittlerweile sehr wohl wusste, was für ein Wesen da oben im Baum saß, erschrak er doch ziemlich, als die Waldfee ohne Vorwarnung vor ihm auf den mit buntem Laub bedeckten Waldboden hüpfte und anfing, wie ein Wasserfall zu sprudeln.
»Ah, da bist du ja. Hat ja auch lange genug gedauert. Eine Ewigkeit habe ich hier oben auf dich gewartet. Ich wusste ja, dass du langsam bist, aber sooo langsam … das hätte ich nun auch wieder nicht gedacht. Aber zum Glück fällt es einer Waldfee nicht so schwer, sich die Zeit sinnvoll zu vertreiben, sinnvoller jedenfalls als so mancher Azillo oder Monolito, die einen ganzen Tag damit verbringen können, Begumen zu jagen oder Verstecken zu spielen. Was mich anbelangt, so habe ich immer etwas zu tun, sei es kreativ oder produktiv, oder geistig. Mein Name ist übrigens Baquera, und ich soll dich hier abholen. Noch mehr Funken hätte ich wirklich nicht mehr sprühen können, damit du etwas bemerkst, und so besonders stark, wie Askan gemeint hat, scheinst du ja von ihnen auch nicht angezogen worden zu sein.«
Abraxmata ließ den Redeschwall über sich ergehen, aber bei dem Wort Askan wurde er hellhörig. Er wollte der Waldfee eine Frage stellen, doch die redete weiter, ohne Luft zu holen.
»Wer du bist, weiß ich übrigens, du brauchst dich also nicht vorzustellen, Abraxmata.« Und bei seinem Namen sah sie ihn tief aus ihren pechschwarzen Augen heraus an und lächelte.
Endlich fand Abraxmata, der etwas verwirrt zu ihr herunterblickte, Gelegenheit, sie zu fragen, was eigentlich los war. »Du hast vorhin Askan erwähnt, weißt du denn, wo er sich aufhält? Ich bin nämlich auf der Suche nach ihm. Du könntest mir wirklich sehr helfen.«
»Natürlich weiß ich, wo Askan ist, deshalb bin ich ja hier, um dich zu ihm zu führen. Er erwartet dich in der grünen Halle«, antwortete sie. »Folge mir!«, konnte Abraxmata noch vernehmen, aber es klang schon wie von sehr weit weg.
Abraxmata blickte sich suchend um. Er betrachtete ganz genau die Stelle, an der Baquera gerade noch gestanden hatte. Sie war verschwunden, hatte sich in Luft aufgelöst.
Abraxmata hatte von den grünen Hallen der Waldfeen gehört, aber er wusste nicht, wie man dorthin kam. Penton hatte ihm einmal erklärt, dass diese Hallen da seien und doch wieder nicht.
»Baquera!«, rief er ihr nach. »Wie soll ich dir folgen, wenn ich dich nicht sehen kann?« Aber es kam keine Antwort.
Er setzte sich verärgert auf den Boden. Im Prinzip war er jetzt genauso weit wie vorher, mit dem kleinen Unterschied, dass er Zeit verloren hatte. Er wollte seinen Weg auf der Suche nach Askan fortsetzen, als er endlich begriff, dass das hier seine neue Aufgabe sein musste. Er versuchte sich auf Waldfeen und auf den Begriff der grünen Halle zu konzentrieren, doch nichts geschah. Er legte sich hin, ließ sich ganz fallen und lenkte all seine Kraft auf diese beiden Gedanken. Wie in Trance wurde er vom Boden weggezogen, und es war ihm, als rutschte er eine grüne Rutschbahn hinunter, immer schneller, sodass er zum Schluss vor Angst anfing zu schreien. Er platschte schmerzhaft auf einer Wasseroberfläche auf. Prustend und hustend, denn er hatte viel Wasser geschluckt, kämpfte er sich ans Ufer. Dort saß, ganz verlegen, Chamor neben der Waldfee Indora. Die beiden hatten sich unterhalten, obwohl … wie Abraxmata Chamor kannte, und nach seinen Erfahrungen mit Waldfeen zu urteilen, hatte wohl eher sie geredet und Chamor hatte den geduldigen Zuhörer gespielt. Jetzt sah Chamor ihn verdutzt und fragend an, während sie verschmitzt lächelte, sodass Abraxmata das Gefühl hatte, als hätten sich alle gegen ihn verschworen. Die Frage nach den grünen Hallen verwarf er schnell wieder, denn er war sich sicher, dass er keine Antwort bekommen würde. Das hier war jedenfalls der Mondschattensee und da oben war seine Höhle. Abraxmata musste sich erst dazu
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