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Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)

Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)

Titel: Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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während die Blicke der anderen beiden immer noch die Solidarität unter Kollegen anmahnen.
    »Gleich nach unserer Rückkehr will ich ihn in meinem Büro sprechen. Und Koula, suchen Sie bitte im Internet nach Informationen über Jerassimos Demertsis.«
    Da wir auf regen Verkehr stoßen, schaltet Vlassopoulos die Sirene ein, worauf wir problemlos durchkommen. Als wir den Syntagma-Platz erreichen, befindet sich an genau derselben Stelle, wo vor drei Jahren das Transparent der »Empörten« mit dem Spruch »Die Junta von ’73 geht weiter« hing, heute ein anderes: »Den amerikanischen Bürgerkrieg haben die Südstaaten verloren. Wir werden gewinnen.«
    »Ja, steuern wir denn auf einen Krieg zu?«, fragt Dermitsakis belustigt.
    »Wundere dich nicht, wenn du morgen das Militär auf den Straßen siehst«, hält ihm Vlassopoulos entgegen.
    Dermitsakis treibt den Scherz weiter. »Was steht uns bevor? Dasselbe wie 1940?«
    »Oder ein Militärputsch wie am 21.   April 1967«, entgegnet Vlassopoulos ernst.
    »1940 haben uns nicht die Deutschen attackiert, sondern die Italiener, die auch Südstaatler sind«, sage ich zu Dermitsakis. »Und was den Putsch betrifft: Vergiss es! Nie und nimmer werden Panzer auf den Straßen rollen.«
    »Und wieso nicht?«, fragt mich Vlassopoulos.
    »Weil sie entweder keine Ersatzteile haben oder keinen Treibstoff. Das ist der Grund dafür, dass wir ungeschoren davonkommen. Zum Glück für uns Polizisten, weil wir sonst die Wasserträger fürs Militär spielen müssten.«
    Auf dem Syngrou-Boulevard ist der Verkehr so spärlich, dass wir in kürzester Zeit das Olympische Zentrum Faliro erreichen, dessen Zufahrt von einem Streifenwagen versperrt wird.
    »Er liegt auf einem Müllberg neben der Sporthalle, Herr Kommissar. Kein schöner Anblick«, meint der Fahrer des Streifenwagens.
    Wir müssen nicht lange suchen, da der Müllhaufen schon von weitem zu erkennen ist. Dort liegt tatsächlich ein Mann, das Gesicht im Abfall vergraben.
    Ich lasse meine Assistenten einen Blick auf die Ruinen der ehemaligen olympischen Sportanlagen werfen, während ich selbst bei der Leiche zurückbleibe, um sie in aller Ruhe zu mustern.
    Auf den ersten Blick erkenne ich, dass es Demertsis senior ist. Nicht am Gesicht, sondern an der Kleidung. Er trägt genau dasselbe wie bei seinem Besuch im Präsidium. Na toll, so bewahrheitet sich der alte Gassenhauer: »Du liegst im Grab, und ich sitz im Gefängnis.« Nur, dass es hier umgekehrt ist. Zuerst wandert der Sohn ins Gefängnis, und dann kommt der Vater unter die Erde.
    Ich werde wohl auf Stavropoulos warten müssen, um mir ein genaueres Bild machen zu können. Doch auch ohne seine Hilfe kann ich erkennen, dass der Tod aufgrund eines glatten Durchschusses eingetreten ist. Die Kugel ist von hinten in Demertsis’ linkes Schulterblatt eingedrungen und hat ihm das Herz durchbohrt. Er muss auf der Stelle tot gewesen sein.
    Als Erster trifft Dimitriou mit der kriminaltechnischen Mannschaft ein.
    »Suchen wir etwas Bestimmtes?«, fragt er mich, während er einen flüchtigen Blick auf den Toten wirft.
    »Das Projektil. Obwohl ich nicht glaube, dass ihr es finden werdet. Wahrscheinlich ist er woanders getötet und dann hierhergebracht worden.«
    Ich lasse ihn seine Arbeit machen und begebe mich auf die Suche nach meinen Assistenten. Von den Bauten stehen nur noch die Fassaden, im Inneren herrscht gähnende Leere. Alles, was zu Geld gemacht werden konnte, wurde gestohlen. Einzig zerbrochene Sitze, geborstene Türen und ein paar zerfetzte Fußballtornetze wurden zurückgelassen. Diejenigen Scheinwerfer, die noch nicht entwendet wurden, sind zertrümmert und blicken mit blinden Augen auf das Spielfeld. Es sind die traurigen Überreste längst vergangener Großereignisse, die niemanden mehr beeindrucken. So wie ganz Griechenland ein trauriger Überrest längst verblichener Großtaten ist.
    »Wie viel haben wir für all das bezahlt?«, fragt Dermitsakis.
    »Wir zahlen immer noch«, erwidert Vlassopoulos.
    »Jetzt nicht mehr. Wir haben zu unseren Gläubigern gesagt: ›Kommt her und holt es euch.‹«
    »Und glaubst du etwa, sie kommen nicht?«
    »Sollen sie nur. Seit der gute alte Nationalismus wieder in uns erwacht ist, fürchten wir nichts und niemanden. Wir fühlen uns wie Leonidas an den Thermopylen, der den Persern die Waffen nicht ausliefern wollte und sagte: ›Kommt her und holt sie euch.‹«
    »Stimmt«, sage ich zu Dermitsakis.
    Vlassopoulos starrt mich konsterniert

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