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Abschied aus deinem Schatten

Abschied aus deinem Schatten

Titel: Abschied aus deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Vale Allen
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Zigarette und schnippte sorgfältig die Asche in den Aschenbecher. Der tiefe Lungenzug ließ sie die Kopfschmerzen deutlicher spüren.
    Er rückte auf dem Stuhl zurecht, bis er bequemer saß, knöpfte sein Jackett auf und schlug ein Bein über das andere. „Ich hatte eine Liaison mit Ihrer Schwester. Keine sonderlich lange und keine allzu erfreuliche. Irgendwie lagen wir nicht auf einer Wellenlänge, selbst unter den intimsten Umständen nicht. Die paar Mal, wo wir in ihrem Haus zusammen waren, wurde ich das Gefühl nicht los, alles wäre irgendwie … inszeniert. Mir kam das nicht ganz geheuer vor, und ich begann mich zu fragen, ob uns vielleicht jemand zuschaute oder ob uns einer fotografierte. Wissen Sie, es war, als führe sie etwas auf, und zwar vor einem Publikum, von dem nur sie wusste, ich hingegen nicht. Als ob die Posen, die Gesten, das leise Stöhnen, der vorgespielte Orgasmus nur für eine Kamera gemeint gewesen wären. Verzeihen Sie bitte, wenn ich Sie in Verlegenheit bringe. Deshalb bin ich nicht gekommen. Ich suche das Gespräch mit Ihnen. Ich will wissen, woran ich bin.”
    „Selbstverständlich”, flüsterte sie. „Dafür habe ich vollstes Verständnis.”
    „Das hatte ich gehofft. Es ist nämlich so: Ein halbes Jahr, bevor ich Ihrer Schwester begegnete, hatte ich mich von meiner Frau getrennt. Ehrlich gesagt führte ich einige Zeit danach ein ziemlich wildes Leben. Zu viel Alkohol, zu viele Frauen. Eine davon war Claudia. Aber sie hatte etwas an sich, vor dem mir regelrecht grauste – in meiner Wohnung benahm sie sich völlig anders im Bett als bei ihr zu Hause; sie redete auch anders, zog sich sogar ganz anders aus. Ich war mir ziemlich sicher, dass es um Fotos ging. Nach dem Ende unserer Beziehung strich ich die ganze Sache aus dem Gedächtnis. Was hatte ich schließlich groß zu verlieren? Falls es tatsächlich Fotos gab, konnten sie ja in keiner Weise gegen mich verwendet werden. Aber als Sie mir gestern über den Weg liefen, da fiel mir alles wieder ein, und ich habe mir dann doch erneut meine Gedanken gemacht.”
    Rowena nahm einen letzten Zug von der Zigarette, blieb aber stumm. Der Kopfschmerz erforderte für einen Moment ihre ganze Aufmerksamkeit. Ihr war, als habe sich ein winziges, bestialisches Etwas mit seinen Klauen an ihrem Hinterkopf festgeklammert und bohre sich nun durch die Schädelknochen, tiefer und tiefer.
    „Ich sehe, das Ganze ist Ihnen unangenehm”, bemerkte er. „Sagen Sie mir bitte nur eins, dann lasse ich Sie in Ruhe: Gab es tatsächlich Fotos?”
    „Ein Video”, gestand sie beinahe unhörbar. „Sie hatte eine versteckte Videokamera mit Zeitschaltuhr aufgestellt.”
    „Wusste ich’s doch! Und deshalb haben Sie mich erkannt, stimmt’s?”
    Das Gesicht glühend heiß, nickte sie stumm.
    „Und das Videoband haben Sie abgespielt, ohne zu wissen, was Sie erwartet, richtig?”
    „Die Bänder”, berichtigte sie ihn. „Es gab eine ganze Reihe davon. Als ich merkte, was darauf war, habe ich sie vernichtet.”
    „Das wird eine schöne Bescherung für Sie gewesen sein, als Sie die fanden, was? Welche Frau bringt denn so etwas bloß fertig?” sinnierte er laut.
    „Seit ihrem Tod stelle ich mir diese Frage auch, Mr….?”
    „Delgado. Simon Delgado. Im Übrigen weiß ich nicht mal Ihren Namen!”
    „Rowena.”
    Erneut ließ er sein strahlendes Lächeln aufblitzen. „Klar, die Rowena aus
Ivanhoe
! Mein lieber Mann, was habe ich als Junge das Buch verschlungen!”
    „Ich auch.” Endlich war sie einigermaßen im Stande, die immer schlimmer werdenden Kopfschmerzen zu verdrängen und sein Lächeln zu erwidern. „Ich bedaure ebenfalls, Simon, dass ich Sie in diese unangenehme Situation gebracht habe. Gestern habe ich mich wohl ziemlich merkwürdig benommen, aber ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte.” Sie zuckte mit den Schultern. „Die Videos sind vernichtet, mein Wort darauf, und abgesehen von meiner Schwester bin ich die Einzige, die sie gesehen hat.”
Ob das stimmt? Oder hat Claudia mit ihren Videotrophäen wohl dasselbe gemacht wie mit den aufgezeichneten Telefonanrufen – sie nämlich auch anderen vorgespielt? Ein entsetzlicher Gedanke! Das hätte dir eigentlich auch eher einfallen können!
Erneut brach ihr der Schweiß aus.
    „Am besten denken wir beide nicht mehr daran”, schlug er großmütig vor. „Meine Antworten habe ich, und das reicht mir. Nun muss ich aber zurück, sonst denken meine Partner noch, mir wäre Gott weiß was

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