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Abschied aus deinem Schatten

Abschied aus deinem Schatten

Titel: Abschied aus deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Vale Allen
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gar einen entsprechenden Hinweis an der Haustür vor: VIDEOS NICHT MEHR DA! SUCHE LOHNT NICHT! Ein freudloses Lachen entfuhr ihr. Der Einbrecher war in ihre Intimsphäre eingedrungen und hatte sie zerstört, genauso wie die Tür. Hätte ich doch nie die Wohnung in Stamford aufgegeben! sagte sie sich, als sie sich die Hände abspülte. Trotz der Beengtheit hätte sie sich dort zumindest sicher fühlen können. Um das auch in diesem Haus wieder zu können, war erheblich mehr erforderlich als ein teures Sicherheitssystem.

13. KAPITEL
    „W ieso hast du mich denn nicht geholt?” fragte Mark verstört. „Und warum hast du überhaupt unter diesen Umständen auch noch gekocht?”
    „Es war spät. Ich sah nicht ein, wozu wir uns beide aufregen sollten. Und gekocht habe ich, um mich abzulenken.”
    „Aber Ro! An deinem Geburtstag!” rief er aus, als wolle er andeuten, sie hätte ihr Verhalten gefälligst danach auszurichten.
    Sie versuchte zu lachen, doch das Lachen blieb ihr im Halse stecken. „Diesen Geburtstag werde ich wahrscheinlich so schnell nicht vergessen! Mit Sicherheit nicht!”
    „Nicht mal angerufen hast du mich! Unfassbar!” Mark sah in die Runde. „Und mitgehen lassen haben sie nichts?”
    „So hat es den Anschein.” Auch sie schaute sich im Wohnzimmer um, zornig und ängstlich. Ihr Blick verweilte auf den gelben Rosen, die Mark mitgebracht hatte. Am liebsten hätte sie irgendetwas zerstört, zerbrochen, hätte gern ein Loch in die Wand getreten oder eine Fensterscheibe eingeschlagen. Zudem verspürte sie den verzweifelten Wunsch, einfach alles liegen und stehen zu lassen, ihre alten Sachen in einen Beutel zu werfen, in ihren Honda zu steigen und bis hinauf zur Mündung des Yukon River zu fahren, wo die Luft so klirrend kalt war, dass einem die Gedanken gleichsam erstarrten. Dann würde sie einmal energisch den Kopf schütteln, und schon wären die zu Eis gefrorenen Hirngespinste aus der Hirnschale gepurzelt. Sie könnte neu anfangen, unvoreingenommen, den Kopf frei, und vor sich ganz Amerika.
    Insgeheim war sie immer schon so etwas wie eine Aussteigerin gewesen, stets auf der Flucht vor unangenehmen Zeitgenossen. Kam es mal ganz schlimm, ließ sie ihre Gedanken einfach davonfliegen, während nur ihr Körper weiter in der unerfreulichen Realität der Gegenwart verharrte. Als Monate, gar Jahre vergingen, ohne dass ihr Vater anrief oder zu Besuch kam, bildete sie sich ein, sie liefe weit fort, hin zu einem imaginären Ort, an dem ihr Vater mit weit offenen Armen auf sie wartete. Es
musste
einfach einen Grund dafür geben, dass er sich nicht gemeldet hatte. Es konnte gar nicht anders sein. Nie hätte er sie im Stich gelassen. Jeanne hingegen hatte genau das stets mit Nachdruck wiederholt und immer wieder erklärt: „Er ist einzig auf sich selbst bedacht.” Jedes Mal, wenn sie das behauptete, hatte Rowena zu summen begonnen, hatte gleichsam das Triebwerk ihres Rückzugsmechanismus aufheulen lassen und die Stimme ihrer Mutter damit kurzerhand übertönt.
    „Als ich gegen Viertel nach sechs heimkam, ist mir nichts Außergewöhnliches aufgefallen”, erzählte Mark gerade. „Wenn der Einbruch danach passiert wäre, hätte ich gehört, wie die Scheibe eingeschlagen wurde, denn mein Fenster stand offen. Deshalb bleibt dem Täter eigentlich nur ein ziemlich eng begrenzter Zeitrahmen – knapp vierzig Minuten zwischen deiner Abfahrt und meiner Ankunft.”
    Sie führte den Gedanken fort. „Das würde bedeuten, dass die Polizisten Recht hatten. Irgendjemand hat mein Kommen und Gehen genau verfolgt.” Hektisch zog sie an ihrer Zigarette. „Mein Gott, das wird ja direkt unheimlich!”
    „So ganz leuchtet das nicht ein. Die Häuser stehen so weit auseinander, dass uns aufgefallen wäre, wenn hier jemand herumlungert. Die Sache kommt mir nicht koscher vor, Rowena.”
    „Mir auch nicht. Ian besitzt die Reserveschlüssel”, erwiderte sie, als ihr einfiel, dass der sich an jenem Morgen selbst ins Haus eingelassen und Claudias Leiche aufgefunden hatte.
    „Wenn es tatsächlich Ian war, warum hat er dann die Scheibe einschlagen, da er doch Schlüssel hat?”
    „Um einen Einbruch vorzutäuschen?”
    „Und dann nichts mitgehen zu lassen? Wozu das Ganze?”
    „Ich wüsste auch nicht, aus welchem Grund er es getan haben sollte”, sagte sie. Die Backofenschaltuhr meldete sich mit einem Klingelton. „Nur, irgendjemand muss es gewesen sein, und der war mit Sicherheit hinter etwas anderem her als der üblichen

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