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Abschied aus deinem Schatten

Abschied aus deinem Schatten

Titel: Abschied aus deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Vale Allen
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wusste, lag das letzte Treffen zwischen Vater und Sohn Jahre zurück. Der Junge war damals noch sehr klein gewesen.
    „Mom hatte es mir eigentlich verboten”, fuhr er fort, „aber ich hab’s trotzdem gemacht. Hab ihn angerufen und gefragt, ob er mir helfen kann, ’nen fahrbaren Untersatz zu besorgen. Er hörte sich an, als hätte er sich echt über meinen Anruf gefreut, meinte, sie hätten sowieso die Karre von seiner Frau bei ’nem Neukauf in Zahlung geben wollen. Na ja, da hat er die Kiste eben mir vermacht. Ich bin hingefahren, wo er wohnt; wir waren beide ganz schön nervös. Kannst du dir vorstellen, was? Er sagte, er hätte ’n echt schlechtes Gewissen, weil er ja nie allzu viel für mich getan hat. Aber er hat zwei andere Kinder, und da war’s gar nicht so leicht, überhaupt mit dem Unterhalt jeden Monat rüberzukommen.”
    „Unterhalt hat er doch gar nicht bezahlt!” Rowena war völlig durcheinander.
    „Tja, das sagt
sie
! Hat er aber! Er hat mir die Durchschläge von den Schecks gezeigt, ’ne ganz Kiste voll! Vierhundert pro Monat, dreizehn Jahre lang! Hundertsechsundfünfzig Schecks, alle mit Vermerk und eingelöst. Zweiundsechzigtausend und vierhundert Dollar. Hab’s zusammengerechnet.” Einen Augenblick nagte er an der Unterlippe. „Als ich ihr das unter die Nase rieb, da hat sie gesagt, von wegen, der hat nie auch nur ’nen Penny gelöhnt, der Stinkstiefel. Und ich sage, aber hallo, ich hab doch die Schecks gesehen! Schon ging’s wie üblich los: Er will mich bloß beeindrucken, mich gegen sie ausspielen – der gleiche bescheuerte Mist, den sie über dich verzapft, Tante Ro! Hat mich irre angekreischt, wie sie denn wohl die Wohnung bezahlt hätte und meine Klamotten und den ganzen Kram! Als wenn ich was dafür könnte! Aber da hat sie sich so reingesteigert, dass ich gesagt habe: Okay, ist gut, vergiss es. Tut mir Leid, ich hätte es besser nicht erwähnen sollen! Bedaure, dass ich dir auf den Schlips getreten bin! Danach gab sie ’ne Zeit lang Ruhe – bis deine Schwester starb. Von da an hat Mom sofort auf dir rumgehackt, und deshalb bin ich oft erst spät nach Hause gekommen, weil ich mir den verlogenen Käse nicht antun wollte, besonders, als dann auch noch Onkel Mark dran war. Tut gerade so, als wären alle Verbrecher, und nur sie darf über Leben und Tod bestimmen. Ach, was weiß ich! Aber das heute Abend – oh Mann, das war ja krank! Pervers war das! Weißt du was, Tante Ro?” Tränen standen ihm in den Augen, und mit der roten Nase und den bebenden Lippen sah er sehr jung aus.
    „Was denn?”
    „Mein Dad sagt, er hat sie tausend Mal gefragt, ob er mich besuchen darf! Kannst du von träumen, hat sie gesagt und einfach aufgelegt! Jedes Mal.” Eine Träne rollte ihm die Wange herunter. „Dabei wär’s echt cool gewesen! Weißt du, ich hab doch diese zwei Halbbrüder, echt süß, die zwei Kerlchen! Dabei wusste ich nicht mal, wie die heißen! Mir hat sie immer erzählt, er wolle nix von mir wissen, und das hat ganz schön wehgetan. Sicher, Onkel Tim und Onkel Mark, die hab ich schon gemocht, klar, und Onkel Tim, der fehlt mir auch. Aber hier geht’s um meinen Vater! Verstehst du?”
    „Ich verstehe vollkommen.” Plötzlich fragte sie sich, ob ihre Mutter vielleicht mit ihrem Vater genauso umgesprungen war. Möglicherweise hat er mich gar nicht im Stich gelassen, dachte sie, sondern durfte nicht in meine Nähe kommen! „Das tut mir schrecklich Leid, mein Junge”, sagte sie erstickt. „Das wusste ich nicht.”
    „Tja, wer hat das schon gewusst?” Er fuhr sich mit den Fingerknöcheln übers Gesicht und schaute zur Tür. „Eigentlich müsste ich denen da draußen helfen.”
    „Lass nur. Im Augenblick stellt sich eher die Frage, was wir mit dir machen sollen.”
    „Kein Plan”, sagte er traurig. „Schmeißt du mich raus?”
    „Um Gottes willen! Du bist ein allseits geschätzter Mitarbeiter! Ich habe nicht die Absicht, dich ziehen zu lassen.”
    „Danke, Tante Ro.” Er rang sich ein Lächeln ab.
    Sie gab ihm den Rat, vorläufig zu Hause zu bleiben. „Es wird uns schon was einfallen, das verspreche ich dir.”
    Bevor Kip hinausging, nahm er sie zärtlich in die Arme, erstaunlich für seine Größe und Stärke, als wisse er sehr wohl, wie leicht man Menschen, die kleiner waren als er, wehtun konnte. „Tut mir echt Leid, die ganze blöde Geschichte.”
    „Du kannst nichts dafür, mein Junge.”
    „Aber irgendwie hab ich schon das Gefühl.”
    „Das weiß ich, und

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