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Abschied braucht Zeit

Abschied braucht Zeit

Titel: Abschied braucht Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Christof Mueller-Busch
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mitgereiste Schwiegermutter, die die Reise für die ganze Familie bezahlt hat. Der Bestatter in Tel Aviv erklärt, dass für die Überführung des Leichnams mit 10 000 Euro zu rechnen sei, alternativ könne die Schwiegermutter natürlich auch in Tel Aviv bestattet werden. Dies würde mit Trauerfeier nur 1000 Euro kosten. Der Schwiegersohn überlegt nicht lange und erklärt zum Erstaunen der Familie: »Sie wird überführt!« »Sind Sie sicher?« fragt der Bestatter. »Das ist aber ein verdammt hoher Preis – auch hier könnten wir eine würdevolle Trauerfeier abhalten.« Darauf der Schwiegersohn: »Hören Sie, vor 2000 Jahren wurde hier schon einmal ein Mann beerdigt – nach drei Tagen ist er wieder auferstanden. Dieses Risiko möchte ich mit meiner Schwiegermutter auf keinen Fall eingehen!«
    Ernst, ein guter Freund von mir, erzählte mir kurz vor seinem Tod folgenden Witz:
    Ein Arzt, ein Lehrer und ein Jurist spielen zusammen Golf und unterhalten sich darüber, was sie bei Ihrer eigenen Trauerfeier gerne hören würden. Der Arzt sagt: »Ich wünsche mir zu hören, dass ich ein guter Arzt war, der den Menschen geholfen hat … und ein guter Familienvater …« Der Lehrer: »Ja, auch ich würde gerne hören, dass ich ein guter Ehemann war und ein Lehrer, der die Kinder gut unterrichtet hat.« Zuletzt der Jurist: »Wenn an meinem Sarg einer steht und sagt: Irrtum, er bewegt sich! – das würde mich freuen …«
    Auch der humorige Umgang mit schlechten Nachrichten findet sich in vielen Witzen: »Was kann ich noch für Sie tun?«, fragt der Arzt den Patienten, dem er gerade mitgeteilt hat,dass er nur noch wenige Tage zu leben hat. »Mir einen anderen Arzt besorgen«, antwortet der Patient. Der unter Professionellen kursierende Witz zur Antwort auf die wiederholte Frage eines sterbenden Patienten: »Sie wissen es doch, Herr Doktor, wie lange habe ich noch zu leben?« – »Bald ewig!« ist sicherlich keine Empfehlung für Ärzte, sondern beschreibt vielmehr die kommunikativen Defizite für eine Situation, in der vielleicht die Worte fehlen, die aber wohl nur selten durch »schwarzen Humor« zu meistern ist. Das gleiche gilt für die Antwort des Arztes auf die besorgte Frage eines Patienten, ob er wenigstens den Winterschlussverkauf noch erleben würde: »In diesem Zusammenhang habe ich eine gute Nachricht. Rente mit 67 ist für Sie kein Thema.« Auch Vergesslichkeit und Demenz am Ende des Lebens sind ein beliebtes Thema: »Vergesslich ist, wer die Hose nach dem Pinkeln nicht zumacht«, sagt der Heimbewohner zu seinem Nachbarn und weist auf dessen offenen Hosenschlitz hin. »Dement ist, wer den Schlitz vor dem Pinkeln nicht aufmacht«, entgegnet der Nachbar mit Blick auf die nasse Hose des anderen. Auch die knappe Antwort: »Wie geschmacklos!« eines Patienten auf die Ankündigung, dass eine Ernährungssonde gelegt werden soll, beinhaltet Humor und bringt gleichzeitig die ablehnende Haltung zu einem Behandlungsvorschlag zum Ausdruck, der als Provokation empfunden wird.
    Humor mit seinen psychologischen, kommunikativen und sozialen Funktionen findet man in allen Kulturen und Gesellschaften. Die ältesten Theorien zum Humor (das Wort stammt vom lateinischen humor : Feuchtigkeit, Körperflüssigkeit) gehen auf Demokrit, Platon und Aristoteles zurück, die darin eine Verhaltensweise sahen, sich über Schwächen anderer lustig zu machen, um dadurch die eigene Überlegenheit und das eigene Selbstwertgefühl zu stärken. Platon und Cicero betrachteten humoriges Verhalten als hochmütig und lehnten es ab. Trotzdem gab es besonders in den griechischen und römischen Komödien viel zu lachen. Schon Hippokrates hat auf die ansteckende Wirkung des Lachens hingewiesen. Die Theorie des überlegenen Lachens, auch Superioritätstheorie des Humors genannt, wird dann im 17. Jahrhundert durch Thomas Hobbes in seiner Überlegenheits- oder Aggressionstheorie des Humors weiterentwickelt. In der auf Kant basierenden Inkongruenztheorie wird die Funktion des Lachens als Affekt erklärt, durch den eine gespannte Erwartung plötzlich ins Nichts verwandelt wird. Humor und Lachen werden also zu Verhaltensformen, um mit Ungereimtheiten umzugehen: »Gute Laune hat derjenige, der die Widersprüchlichkeiten der Welt mit einer gewissen Gelassenheit nimmt.« 187 Die befreiende und reinigende Funktion des Lachens ist schließlich in den kathartischen Theorien zu finden – vor allem in den Arbeiten Freuds zur Wirkung verschiedener Formen des Humors. In

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