Abschied fuer immer
zu machen. Ihr blieb nicht mehr viel Zeit, die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Vor Anspannung zitternd, wühlte sie im Verbandskasten und fand die zu einem winzigen Quadrat gefaltete Decke. Sie riss die Verpackung auf und breitete das silbrig glänzende Material auf der Wolldecke aus. Danach schaffte sie es gerade noch, die Latexhandschuhe überzustreifen, bevor Caitlin sich erneut krümmte.
Sam schlug unvermittelt vor, in den Ort zu fahren, aber Delaney schüttelte heftig den Kopf. „Das Baby kommt.“ Ihre Stimme war schrill – fast so panisch, wie Caitlins es gewesen war. Sekunden später stieß das Mädchen eine ganze Reihe von Flüchen aus, und das Neugeborene glitt in Delaneys wartende Hände.
Einen Moment lang starrte sie in das faltige Gesicht. Ohne sich bewusst an das zu erinnern, was sie vor langer Zeit gelernt hatte, hielt sie das Baby so, dass der Kopf ein wenig tiefer als die Füße lag. Es war so winzig. So verletzlich. So perfekt, während die Haut rosig wurde und der kleine Mund sich öffnete.
Dann schrie es aus vollem Hals.
„Was ist mit der Nabelschnur?“ Sams Stimme riss Delaney aus ihrer Trance. Mit beiden Händen wühlte er im Verbandskasten.
Delaney pustete sich das Haar aus den Augen. Die Nabelschnur pulsierte noch.
„Finde etwas, um sie abzubinden – an zwei Stellen.“
„Ist es ein Junge, wie Dr. Hugo gesagt hat?“ Mühsam stützte sich die frisch gebackene Mutter auf die Ellbogen.
Caitlin ließ sich wieder zurückfallen. „Ist es normal, dass er so schreit?“ fragte sie besorgt.
„Es geht ihm gut, Caitlin.“ Jedenfalls hoffte Delaney es. „Und er ist wunderschön.“
„Hier ist nichts, womit man die Schnur abbinden kann.“ Sam schob den Verbandskasten zur Seite, sein Gesicht war blass.
Delaney streichelte das Baby. „Dein Schnürsenkel“, sagte sie.
Hastig bückte er sich und zog das lange Lederband aus dem Stiefel. „Er könnte sauberer sein“, murmelte er. „Wann tun wir es? Und wie?“
Die Nabelschnur hatte aufgehört zu pulsieren. „Jetzt. Zehn Zentimeter vom Bauch des Babys entfernt“, sagte sie so leise, dass nur er es hören konnte. „Und ein paar Zentimeter darüber. Dann schneid sie dazwischen durch.“
Seine Finger arbeiteten schnell. Und geschickt. Der Verbandskasten war nicht für eine Geburt ausgestattet, enthielt jedoch eine geeignete Schere. Sam benutzte sie, ließ sie danach auf das silbrige Material fallen und entfernte die Nabelschnur mit einer noch sauberen Ecke der Decke.
Eine Vielzahl von Emotionen stieg in Delaney auf, als sie zusammen das Neugeborene in den wärmenden Stoff hüllten.
Ihre Blicke trafen sich, und Delaneys Herz schlug noch schneller. Rasch legte sie ihm das zappelnde Baby in die Arme und wandte sich wieder Caitlin zu. Aber immer wieder kehrte ihr Blick zu ihm und dem Neugeborenen zurück.
Er hatte sie geheiratet, weil sie schwanger war, doch sie hatte nie daran gezweifelt, dass er das Baby nicht wollte.
Er hatte nur sie gewollt.
„Lassen Sie mich ihn halten.“ Caitlins Stimme klang erschöpft. Jung. Ängstlich.
Sam legte ihr den Jungen auf die Brust, weil sie nicht genug Kraft hatte, ihn in den Armen zu halten. Er blieb in ihrer Nähe, ohne sich ihr aufzudrängen. Das war eine Fähigkeit, die nur wenige Menschen besaßen.
Delaney konzentrierte sich wieder auf ihre Aufgabe. Dies war der gefährliche Sam Vega.
Der freundliche Sam. Der sanfte Sam.
„Wir sollten die beiden untersuchen lassen“, sagte sie, als sie sicher war, dass sie wieder sprechen konnte.
„Ich werde Sara fragen. Vielleicht weiß sie, wann ihr Dad zurückkommt. Sonst fordere ich einen Hubschrauber an, der sie in ein Krankenhaus auf dem Festland bringen kann.“
„Bestimmt wäre es Ihnen lieber gewesen, Annie und Logan hätten das längst getan.“ Caitlin betrachtete ihr Baby.
„Damit ich das hier verpasse?“ Delaney schüttelte den Kopf und kletterte neben den Teenager, damit Sam sie in den Ort fahren konnte. „Niemals.“
Caitlins Lippen zuckten. Doch dann verblasste ihr tapferes Lächeln, und sie sah zur Seite.
Der Geländewagen schwankte, als Sam langsam zur Straße fuhr. Delaney streckte die Hand aus und half Caitlin, das Baby ruhig zu halten. Dabei sah sie die Tränen, die dem Mädchen aus den geschlossenen Augen liefen. „Du brauchst dich erst zu entscheiden, wenn du dazu bereit bist, Caitlin“, versicherte sie ihr leise. „Und du bist nicht allein.“
„Meine Mom ist tot.“
Delaney strich ihr das verklebte
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