Abschied fuer immer
sich mit dem Rücken gegen das Geländer des Anlegers. Das Meer roch nach Salz und Fisch und Wind. Er ließ ihr Haar um die Schultern wehen und presste den dünnen geblümten Rock gegen ihre Beine. „Aber ich werde warten.“
Sie hob eine Schulter, als wäre es ihr egal, ob er ging oder blieb. Es machte ihn wütend, und er atmete tief durch. Er sah zur Fähre hinüber. Der alte Mann hantierte am Motor herum. In seiner Hosentasche steckte ein ölverschmierter Lappen.
Der Anblick war so vertraut, dass Sam sich keine Sorgen machte. Er drehte sich wieder zu Delaney um. „Wie hat Alonso es aufgenommen, dass du abreist?“ Auf der Fahrt zum Hafen hatten sie einen Umweg über Castillo House gemacht, damit sie sich von dem Jungen verabschieden konnte.
„Er wusste, dass ich Turnabout früher oder später verlassen würde.“
Was keine Antwort auf seine Frage war. „Was für Beziehungen musstest du spielen lassen, um ihn aus New York herauszubekommen?“
Dass sie darauf überhaupt etwas erwiderte, überraschte ihn. „Ich habe den Namen meiner Mutter und den Ruf meines Vaters benutzt. Wie hätte ich es wohl sonst schaffen sollen?“
Er wartete.
Seufzend zuckte sie die Achseln. „Ich habe Richter Wybrand davon überzeugt, dass Alonso es hier besser hat und er ihn nie wieder in seinem Gerichtssaal sehen wird. Ein verwaister Teenager weniger, der seinen Terminkalender füllt.“
Fröstelnd rieb sie sich die Arme. Sie hörte Diegos gemurmelte Flüche und das Klirren von Werkzeug. „Wie lange braucht er denn noch?“
„Wie jeder auf Turnabout, hat er seine eigene Zeitrechnung. Mach dir keine Sorgen. Du wirst deinen Flug bekommen. Es ist noch früh genug.“
„Ich mache mir keine Sorgen.“
„Richtig.“
„Du solltest dich mit deinem Vater versöhnen“, sagte sie plötzlich. „Ich weiß, dass er nicht perfekt ist. Aber er ist am Leben, er ist gesund, und er ist hier.“
„Und ich sorge verdammt noch mal dafür, dass er nicht gegen seine Bewährungsauflagen verstößt“, entgegnete er. „Damit er auch hier bleiben kann.“
Diegos Hämmern wurde lauter. Dann sprang der Motor an. Es gab eine Fehlzündung. Aus dem Auspuff kam eine übel riechende Abgaswolke. Delaney musste husten. „Ich dachte, du bist wegen der Vergangenheit so streng zu ihm.“
„Der Vergangenheit. Der Zukunft.“ Einen Moment schaute er über ihre Schulter in die Ferne. „Damit er Etta nicht das Herz bricht.“
Sie presste die Lippen kurz zusammen. „Und jeder hält dich für einen hartherzigen Mann.“
„Für einen Sheriff ist das eine gute Sache.“
Der alte Dieselmotor der Fähre tuckerte gleichmäßig. Unter ihnen vibrierten die Planken, als Diego auf die Pier sprang und die Rampe herunterließ. „Alles bereit, Dr. Vega“, rief er.
Delaney nahm ihre Aktentasche und sah Sam einige Sekunden lang an. Dann ging sie an Bord.
Diego folgte ihr, holte die Rampe ein und eilte in den Motorraum. Die Fähre begann zu schaukeln, und Wasser spritzte auf die Pier, als sie langsam ablegte.
Delaney beugte sich über die Reling. „Du hast mich gefragt, was ich tun würde, wenn ich mein Leben nach meinen eigenen Vorstellungen gestalten könnte.“ Sie musste die Stimme heben, um das Tuckern zu übertönen.
„Ja.“ Es musste an den Abgasen liegen, dass seine Stimme so erstickt klang. Die Fähre wurde schneller, und er musste größere Schritte machen.
„Ich würde es so einrichten, dass jeder, den ich liebe, glücklich ist.“
Seine Hände ballten sich wie von selbst zu Fäusten. „Schließt das mich ein?“ Die Frage kam aus irgendeinem dunklen Winkel seines Innersten.
Sie senkte den Blick. Aber nur kurz. Dann sah sie ihn an. Selbst über die Meter hinweg, die sie inzwischen voneinander trennten, konnte er in das endlose Blau ihrer Augen schauen.
„Du hast mich geheiratet, weil du dich dazu verpflichtet fühltest. Das wusste ich die ganze Zeit. Aber jetzt bin ich nicht schwanger, das steht fest. Wir brauchen keinen Test mehr.“ Sie trat von der Reling zurück, und Diego gab Gas.
Sams Stiefel erreichten das Ende des Anlegers.
Es ging nicht weiter.
Er sah dem Boot nach, bis es immer kleiner wurde und Delaneys Silhouette nicht mehr zu erkennen war. Bis gar nichts mehr zu sehen war. Nur das Meer.
Irgendwann drehte er sich um. Er sah die Pier entlang. Auf der Insel bogen sich die Palmen im Wind. Der Strand war glatt und weiß.
Mit einem Gefühl der Leere setzte er sich in Bewegung. Kein Baby. Kein Grund, der sie dazu bringen
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