Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abschied in Dunkelblau

Abschied in Dunkelblau

Titel: Abschied in Dunkelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
Vom Netzwerk:
Hitze belegt: »Die ist wie die erste perfekte Muschel, die ich damals gesehen habe, oder vielleicht wie die erste Muschel überhaupt. Es ist ein kleiner, weißer Panzer, das Tier ist tot und verschwunden. Was hat das zu sagen, wenn Dinge so klar und so bedeutungsvoll aussehen? Dumme kleine Dinge.«
    Ich saß auf einem Schemel, voller Haß auf das Telefon.
    »Was ist los?« fragte sie und lehnte ihre Hüfte gegen meine Schulter, ein Gewicht von erstaunlicher Wärme und Schwere und Fülle bei solch einer schlanken Erscheinung. Es war eine völlig unüberlegte Geste, derer sie sich einen Augenblick später bewußt wurde und schnell wegging, von sich selbst überrascht.
    »Wo hat Junior Allen denn gerne festgemacht?«
    Sie entfernte sich schweren Herzens und setzte sich in die Kurve der Couch. »Meistens in kleineren Anlagen. Nicht in den teuren, großen Yachthäfen. Ich glaube, er hat die Plätze am liebsten gehabt, wo sein Boot das größte war. Eine Schlauchverbindung, eine Steckdose und Treibstoff. Das ist alles, was es haben mußte. Und Abgeschiedenheit. Er hatte gerne einen Fingerpier, wo er mit dem Bug voran am Hauptsteg festmachen konnte.«
    »Ich habe es auch schon bei den kleinen probiert.«
    »Aber würde er nicht woanders hingehen, nach allem, was er Mrs. Kerr angetan hat?«
    »Das glaube ich eigentlich auch. Aber wo ist er vorher gewesen? Er hat nicht wissen könne, daß das passiert. Wahrscheinlich ist er längst über alle Berge, weil er befürchten mußte, daß sie es der Polizei erzählt.«
    »Auf die Bahamas?«
    »Mag sein. Ich dachte, ich könnte herausfinden, wo er war, und mir dann ausmalen, wohin er wollte. Hat er jemals etwas über Dinge gesagt, die er noch vorhat, oder Orte, die er einmal sehen wollte?«
    »Einmal hat er davon gesprochen, die Golfküste entlang nach Texas zu fahren.«
    »Na prima.«
    »Trav, weißt du, er könnte doch an einem kleinen, privaten Bootssteg angelegt haben, so wie er bei mir festgemacht hatte.«
    »Na großartig, das hilft mir echt weiter.«
    »Du hast gefragt. Ich versuche nur zu helfen.«
    Sie schaute mich leicht beleidigt an. Sie war das, was in sechzig Millionen Jahren aus uns geworden ist. Es hatte eine Menge willkürlicher Neuanfänge und Fehlentwicklungen gegeben. Diese riesigen, gepanzerten Echsen mit dem erbsengroßen Hirn haben es nicht geschafft. Haie, Skorpione und Küchenschaben, sozusagen lebende Fossile, haben ziemlich gut überdauert. Rohe Gewalt, Gift und Gerissenheit sind gute Grundvoraussetzungen zum Überleben. Dieses zweibeinige, weibliche Säugetier schien nicht genügend Werkzeug zu haben. Es würde keine Nacht in den Sümpfen überleben. Doch hinter dieser ganzen Zerbrechlichkeit verbarg sich eine erstaunliche Zähigkeit. Ein gewisser Junior Allen war noch nicht so weit entwickelt. Er war ein Knochenbrecher, nur zwei Schritte von seiner Höhle entfernt. Sie befanden sich am jeweiligen Ende unserer Entwicklungskurve, und wir anderen hockten in der Mitte aufeinander. Falls der Trend immer noch nach oben zeigen sollte, sollten wir ihre Art weiter züchten und in Sensibilität weniger eine Schwäche als eine Stärke sehen. Aber es gab zuviel Saatgut von Junior Allen.
    »Find mir dieses Boot«, befahl ich ihr.
    »Was meinst du damit?«
    »Was muß ich im einzelnen oder im allgemeinen wissen, damit ich es aufspüren kann?«
    Sie erhob sich langsam und nachdenklich und ging dann duschen. Ich wußte, daß sie das gefühlsmäßig belastete. Sie versuchte gerade, jegliche Erinnerung an diese Zeitspanne auszulöschen. Und jetzt zwang ich sie dazu, daran zurückzudenken. Das waren bestimmt verworrene Erinnerungen, vom Alkohol getrübt.
    Plötzlich kam sie in die Lounge gestürzt. Sie hatte eines meiner großen, blauen Badetücher wie einen Sarong um sich geschlungen und ein weißes Handtuch um den Kopf gewickelt. Ihr Gesicht sah spitz und konzentriert aus. Ihre Gesichtszüge traten sehr scharf hervor.
    »Ich weiß nicht, ob es dir weiterhilft«, meinte sie, »aber auf dieser letzten Fahrt haben wir bei einer Bootswerft in Miami haltgemacht. An den Namen kann ich mich nicht erinnern. Irgend etwas mit einem neuen Generator. Er hat sich dauernd beschwert, was für Geräusche der Generator macht. Sie haben die Luken geöffnet und sind in den Schiffsbauch gekrochen, dort haben sie lange herumgemessen. Der Mann hat gesagt, es würde lange dauern, genau den zu bekommen, den Junior Allen wollte. Das hat ihn geärgert, aber er hat ihn trotzdem bestellt. Er hat

Weitere Kostenlose Bücher