Abschied in Dunkelblau
willst, daß ich es bekomme, nehme ich es. Und freundlichsten Dank, Travis.«
Ich kickte den Tisch aus dem Weg und sank neben ihr auf die Couch. Neben diese verdammt bescheidene, gefügige, nachsichtige Frau. Ich wollte sie schlagen. Ich wollte ihr etwas Böses antun, um diese unausgesprochene Ernsthaftigkeit auszulöschen, diesen Wunsch, mir zu Gefallen zu sein. Ich packte sie beim Hals und zog sie zu mir, streichelte ihr über die Brust und küßte sie rauh. Ich ließ sie wieder los, und sie sank zurück, feuchtete ihre Lippen an und starrte mich stirnrunzelnd an.
»Und jetzt?« fragte ich.
»Falls du mich haben willst, und falls du darauf wartest, daß ich ja oder nein sage, nehme ich an, ich würde ja sagen, falls dich das ein wenig trösten würde. Falls es das ist, was du von mir willst. Ich hab’ dir ziemlichen Ärger beschert ... und da kann ich so oder so nichts dagegen tun.«
Ich stand auf, packte sie am Handgelenk und zerrte sie hinter mir her. Sie kam bereitwillig mit. Ich stieß sie vor mir in die Kapitänskajüte. Sie schaute sich um. Ich stolperte und setzte mich auf das Bett. Sie öffnete einen Reißverschluß auf der Seite ihres blauen Kleides und schaute mich dabei ernst an, biß sich auf die Unterlippe, der blonde Haarschopf fiel ihr in die Stirn, die immer noch in kleinen Sorgenfalten lag. Sie zog das Kleid über den Kopf und hängte es über eine Stuhllehne. Sie stand abwechselnd auf einem Bein, hielt das Gleichgewicht und streifte ihre Schuhe ab. Sie hatte ganz einfache, weiße Nylonunterwäsche an, einen gut sitzenden Slip und einen funktionstüchtigen Büstenhalter.
»Mein Gott, Cathy!« rief ich. »Du stehst nicht unter Zwang.« Sie sah mich verständnislos an. »Du bist keineswegs dazu verpflichtet!«
»Es tut immer noch weh, nicht wahr?« fragte sie, griff hinter sich und hakte ihren Büstenhalter aus.
»Zieh dich an!«
»Was?«
»Das war eine blöde Idee. Zieh dich an und geh.«
Ich sah dann die Tränen kommen, sah sie herunterfließen, aber an ihrem Gesichtsausdruck änderte sich nichts. »Du mußt wissen, was du willst«, sagte sie. »Ich bin nichts Besonderes. Ich nehme an, das weißt du. Aber paß auf mit der Sauferei, du mußt es selbst wissen oder es dir von jemandem sagen lassen.«
Ich legte mich hin und kehrte ihr den Rücken zu. »Tut mir leid«, meinte ich. »Geh einfach wieder, ja?«
Ich lauschte. Ich nahm an, sie stand da und starrte mich an. Dann kam sie ums Bett herum und kroch in meine Arme, nur in ihrem kleinen, weißen Slip, rutschte nach oben, damit sie mein Gesicht in ihre weiche Halsgrube ziehen konnte. Sie roch nach Seife und ganz leicht nach einem blumigen Parfüm.
»Cathy, ich habe nicht gemeint, daß ...«
»Sei still«, sagte sie. »Das muß nicht sein, ich weiß. In Wirklichkeit willst du etwas zerdeppern, um dich treten und dich prügeln. Ich weiß das, Schatz. Ich weiß aber noch etwas. Du mußt dich lösen. Es ist schwer, sich innerlich von jemandem zu lösen. Mein Gott, und ob ich das weiß. Eine Frau kann sich einen Teil davon von der Seele weinen. Aber jetzt hör mal zu. Ich bin jetzt nur jemand ganz nah bei dir, an dem du dich festhalten kannst, und das hilft auch. Es spielt keine Rolle, was du willst oder nicht willst, was du tust oder nicht tust. Du hältst dich nur an mir fest und versuchst dann, sie loszulassen. Sie ist nicht mehr da. Du mußt sie auch den Rest des Weges gehen lassen, ohne dir Vorwürfe zu machen. Ich bin bei dir. Nur jemand, damit du nicht alleine bist. Du kannst dich einfach an mich klammern, mit mir schlafen oder mich schlagen oder weinen, falls du das kannst. Oder über sie reden oder über etwas anderes. Ich bin jetzt bei dir. Ich hab’ heut’ nacht frei. Jetzt denk mal eine Minute drüber nach und sag mir, ob ich gehen oder bleiben soll.«
»Bleiben, denke ich.«
»Klar, Schatz.«
Mit den kräftigen Fingern ihrer freien Hand bearbeitete sie die Verspannung in meinem Nacken und in meinen Schultermuskeln. Es war mir gar nicht bewußt gewesen, wie verspannt ich war, bis ich von Zeit zu Zeit seufzte und mich nach jedem langen Ausatmen mehr und mehr an sie zu schmiegen schien.
Im letzten Tageslicht nahm ich ihre Hand und betrachtete sie, den wettergegerbten Handrücken, die kleinen blauen Venen, die abgearbeiteten Knöchel. Ich hielt sie für wirklich sehr wertvoll. Ich küßte sie und spürte die kleine Unebenheit, wo mein Mund genäht worden war. Ihre braunen Augen glitzerten im letzten Licht, und eine kleine
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