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Abschied in Dunkelblau

Abschied in Dunkelblau

Titel: Abschied in Dunkelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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sagte sie, ungefähr drei Meter hinter mir. Sie stand in hüfthohem Wässer. Ich ging zu ihr und spürte die klumpigen Kanten einer Austernbank unter meinen Füßen.
    »Er ... er ... er wollte ...«
    »Aber er hat nicht.«
    »Er ... er ... er wollte ...«
    »Er ist weg. Reiß dich zusammen.«
    Ich legte einen Arm um sie. Sie lehnte ihr Gesicht an meine Brust und sagte: »Oh Gott. Oh Gott!«
    »Komm schon, Baby.«
    »Ich bin ... ich bin in Ordnung. Er hat mir die Brille weggenommen und sie über Bord geworfen. Er hat gesagt, die würde ich nie wieder brauchen. Ich k-kann fast gar nichts sehen ohne Brille.«
    »Er ist weg, Patty. Und er hat seine kleine Gespielin dabei, und die haben einander verdient. Sammle deine Kräfte, und dann schwimmen wir an Land.« Zweihundert Meter hinter ihr befand sich das mit greller Neonreklame hell erleuchtete Ufer. Sie hatte rosarote, grüne und blaue Lichtflecken im Haar. Ich ließ sie los. Ihre Bluse klebte an ihren pfirsichgroßen Brüsten. Von ihren Brüsten abgesehen, sah sie aus wie zwölf. Und mit ihnen wie vierzehn.
    »Wieso bist du denn doch wieder bei der Geschichte dabei?« fragte ich sie. »Ich habe doch deine Mutter angerufen und ihr von dieser Riesendummheit erzählt, die du vorhattest.«
    »Das warst du? ... Ich ... ich bin aus dem Schlafzimmerfenster geklettert. Ich wollte den ... Spaß nicht versäumen.«
    »Er ist ein echter Spaßvogel, der alte Dads.«
    »Nicht, bitte. Er sagte, er sei in Wirklichkeit hinter mir her. Ich kam zum Boot, und alles schien so ... merkwürdig. Du hast da ganz reglos und blutverschmiert gelegen, daß ich gedacht habe, du wärst tot. Er sagte mir, ich sollte nach unten gehen und Dee aufwecken. Ich hab’s versucht, aber da war nichts zu machen. Dann wollte ich wieder nach Hause. Er sagte, wir würden unsere schöne Kreuzfahrt schon machen, keine Sorge. Er hat behauptet, du hättest ihn ausrauben wollen. Und daß er dich der Polizei übergeben wollte. Du wärst nur ohnmächtig, hat er gesagt. Er sagte, daß er aber erst noch deinen Komplizen erwischen wollte, bevor er dich der Polizei übergab. Er hat mir befohlen, an Bord zu bleiben und auf dich aufzupassen und zu schreien, wenn du aufwachst. Er sagte, er würde sich in der Nähe verstecken. Mir gefiel das nicht, aber ich machte, was er mir gesagt hatte. Ich mußte an Pete und dieses Mädchen denken, und es war mir ganz egal, was ich machte. Dann kam eine Frau. Eine große, hübsche Frau. Sie stand auf dem Bootssteg und hat laut gefragt: ›Was habt ihr mit ihm gemacht? Was habt ihr mit Travis McGee gemacht?‹ Sie hat dich von da nicht sehen können.«
    »Großer Gott! Sie hat in meinem Wagen auf mich gewartet. Sie hätte abhauen sollen, als sie merkte, daß etwas schiefgelaufen war.«
    »Er kam aus dem Nichts und schnappte sie und sprang mit ihr an Bord. Sie fing an zu schreien, und dann hat sie dich gesehen und aufgehört. Er ließ sie los, und sie stand einfach nur da und starrte auf dich. Während sie so dastand, hat... hat er sie geschlagen. Mit der Faust. Es war so ein fürchterlicher Schlag, daß mir schlecht geworden ist. Sie fiel wie eine Stoffpuppe hin, er hob sie auf und legte sie in eine Koje. Ich bin runter vom Boot. Aber er hat mich eingeholt und zurückgebracht. Dann hat er die Leinen losgemacht und hat abgelegt. Als er aus dem kleinen Kanal draußen war, fuhr er ganz schnell zu der Hauptfahrrinne und eine ganze Weile wirklich schnell nach Süden das Fahrwasser hinunter, dann hat er langsamer gemacht und es so eingerichtet, daß das Boot sich selbst steuert, dann ist er zu mir gekommen, hat meine Brille weggeworfen und angefangen ... Sachen mit mir zu machen. Ich nehme an ... ich hätte über Bord springen können. Aber ich konnte überhaupt nicht klar denken ... und dann hast du ...«
    »Komm schon! Schaffst du es jetzt? Komm schon, Mädchen.«
    Wir schwammen Seite an Seite. Es schien alles so verdammt langsam zu gehen. Ich schwamm auf die hellste Ansammlung von Lichtern zu. Wir kamen schließlich bei den Muscheln im seichten Wasser am Fuß einer anderthalb Meter hohen Strandmauer an. Ich schaffte es hinauf, wälzte mich auf die andere Seite, streckte meine Arme nach ihr aus und faßte ihre Handgelenke und zerrte sie hoch. Sie stolperte und fiel in das feuchte Gras unter einer Kokospalme. Ich hob sie auf und trieb sie neben mir her. Unsere Turnschuhe glucksten, unser Atem keuchte, unser Gang war unsicher. Ich mußte ein Telefon erreichen. Mein Gesicht fühlte sich mehrfach

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