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Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Titel: Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Boscher
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heißt, darüber schmunzelt, dass Kaiser wie Papst glauben, sie hielten die Macht in Händen.
    Doch bis es so weit ist, halte ich mich lieber an Dinge, die ich im Griff habe. Alt bewährt, alles vor Langem geklärt. Lesen. Hier und da schreibend noch ein wenig ergänzen. Quasi zurück in die Zukunft. Schön, dass ich meine Aufzeichnungen dabei habe.

Achtes Kapitel
    Der Ritt über den Bodensee
     
    1.
     
    Gemütliche Spaziergänge am Ufer entlang, auf einer Bank am See sitzen und Schwäne und Enten und Blesshühner beobachten und in der Sonne ihren Lauten und der Melodie meiner Aufzeichnungen lauschen, das wäre es gewesen. Dann ein Bummel durch die Altstadt. Ein Guten-Abend-Bier in einem der vielen Biergärten in milder Abenddämmerung. Oder geruhsame Abstecher mit dem gereinigten und wohlriechenden Auto ins Hinterland. In Gaienhofen vor Hesses Haus sitzen und eine Zigarette rauchen. Wie die Mönche vor langer Zeit im Kräutergarten auf der Reichenau die Gedanken gerade so gehen lassen, wie sie kommen. Oder mit dem Schiff stromabwärts und bei Schaffhausen den Rheinfall bestaunen. Gischt wie ein Lächeln im Gesicht und die Gewissheit im Herzen, dass es immer so sein wird. Das Leben ein ruhiger langer Fluss, und wenn etwas rasend den Bach runtergeht, dann ist es keine Tragödie, sondern ein Naturschauspiel, ein Postkartenmotiv.
    Das wäre es gewesen, das wäre genauso gewesen, wie Imperia es mir versprochen hatte: Bleib’ auf deinem Platz, und du wirst die Welt in Händen halten! Ein wenig Konstanz wird dir gut tun! Aber eigentlich hätte ich wissen können, was von den Versprechungen einer Frau zu halten ist.
    Trotzdem hätte es ruhig weniger anders kommen können. Es hätte doch wirklich gereicht, dass das Wetter nicht hält, was mein erster Morgen in Konstanz versprach. Oder hab’ ich bei Nemesis an der Theke gestanden: Heute im Angebot: Heimsuchungen aller Art! Geschnitten oder am Stück? Darf es noch ein wenig mehr sein? und Ja! Ja! geschrien? Wohl kaum.
    Dabei war ich mir so sicher gewesen, dass es wirklich der rechte Entschluss war, die Straße nach nirgendwo zu verlassen und an einem Ort zu bleiben. Und hatte es zunächst nicht auch wirklich danach ausgesehen, als würde Imperia ihr Versprechen halten? Da ich mich um mich selbst drehte, las und schrieb, schien sich all das, was mir widerständig vorkam, meiner Bewegung, der Bewegung meiner Worte unterzuordnen. Ich war es, der den Dingen Richtung und Bedeutung gab, nicht umgekehrt. Ich schrieb: Nicht weiter schlimm, dass der Sommer dermaßen den Bach hinuntergegangen ist, dass ich die Unscheinbare nicht erreiche, dass ich den Bierdeckel verloren habe und Nacht für Nacht aus diesem Albtraum erwache und somit kaum mehr schlafe.
    Aber was war geschehen? Wie konnte es geschehen?
    Plötzlich hatte ich auf meinen Spaziergängen das Gefühl, beobachtet zu werden. Das erste Mal spürte ich es auf der Marktstätte, auf meinem Weg zu der Telefonzelle, von der ich üblicherweise versuchte, die Unscheinbare anzurufen. Ein Gefühl wie auf der Autobahn, als ich meinte, jemand säße auf dem Rücksitz. Schauer liefen mir den Rücken hinunter, die mich dazu brachten, schneller zu atmen und hinter mich zu blicken. Ein anderes Mal, ich ging über die Seestraße Richtung Jachthafen, glaubte ich einen Umriss im Regen zu erkennen, eine schattenhafte Kontur, die das Strömungsmuster der fallenden Tropfen veränderte. Doch als ich genauer hinsah, war dort nichts weiter zu sehen als lotrecht fallender Regen. Dann einmal auf einer meiner Runden durch die Altstadt spürte ich wieder diese Augen in meinen Rücken. Rasch drehte ich mich um und für einen kurzen Moment war mir, als hätte ich in einem der Hauseingänge einen dunklen Schatten verschwinden sehen.
    Ich tat dieses unheimliche Gefühl, beobachtet zu werden, als Folge meiner Übermüdung ab. Schließlich weiß man aus zahlreichen Experimenten um die Folgen des Schlafmangels, Folgen, die Schlafentzug für böse Menschen zu einer attraktiven Foltermethode machen.
    Doch dann wurde dieser beunruhigende Eindruck unter Beobachtung zu stehen, schrecklich greifbar.
    Leg’ dich doch einfach hin, morgen ist auch noch ein Tag! hatten da plötzlich mitten in der Nacht sanfte Stimmen gesprochen. Schau doch nur in den Spiegel , sprachen sie, hast ja schon ganz rote Augen! Kannst doch kaum mehr die Buchstaben auf dem Papier erkennen! Kannst doch vor Erschöpfung schon nicht mehr gerade gucken! Hast dir den Schlaf mehr als verdient! Also

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