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Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Titel: Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Boscher
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so ekelhaft beiläufigem Geräusch, das in einem Comic wohl mit Plop! angedeutet werden würde, dass ich wieder würgen musste. Mit Körpersäften sparte ich an jenem Tag wahrlich nicht. Aber schließlich rechnete ich damit, dass Imperia jeden Augenblick kurzen Prozess machen und das Höllenfeuer nach mir werfen würde. Außerdem hatte ich, als dieses eine Feuerwesen zu Imperia zurückkehrte, das erste Mal einen etwas genaueren Blick auf einen von denen werfen können. Anzeichen eines Geschlechts waren nicht zu sehen. Die Körperform schien durchaus der eines Menschen zu gleichen. Das Feuer schien seinen Ursprung in der Kopfregion der Gestalt zu haben, die Proportionen dieses Wesen bekamen dadurch etwas Unausgeglichenes, Kopflastiges, ganz ähnlich wie man es auf gängigen Darstellungen von Außerirdischen sehen kann. Schmächtiger Körper, riesiger Kopf mit großen Augen, obwohl ich natürlich nicht glaubte, einen Besucher von einem anderen Stern vor mir zu haben. Augen konnte ich nicht erkennen, nur züngelnde Flammen. Es sah aus als würden die Flammen wie Würmer aus dem Kopf herauskriechen, um sich nach allen Seiten, wie es aber schien, bevorzugt in meine Richtung zu winden, geradeso als wollten mir diese Feuerwürmer andeuten: Wart‘s nur ab, du bist der Nächste, der unseren Kuss zu spüren bekommt . Ja, und ich, ich wartete wirklich, fast wie versteinert, jetzt hatten die mich da, wo sie mich schon den ganzen Tag haben wollten. Ich hatte mich in mein Schicksal ergeben. Wartete auf den Kuss der Flammenwürmer.
    Doch zunächst einmal geschah nichts dergleichen, vielmehr begannen, während Imperia Schritt um Schritt den Abstand zu mir verringerte, unter ihren Füßen die Pflastersteine aufzuquellen, sie warfen in der Hitze, die von ihr ausging, Blasen und verflüssigten sich. Aber auch Imperia verlor an Kompaktheit, während die sich kichernd und obszön lachend an ihren Busen schmiegten oder sich in ihren Schoß drängten, den Stein durchdringend als sei er aus Butter. Glühende Tropfen fielen von ihrem Körper auf die Erde hinunter. Imperias gewaltige Büste schmolz unter deren Andrang dahin, und ihr eigenes Gewicht schien Imperia im Pflaster der Marktstätte versinken zu lassen, dass mittlerweile eine zähflüssige, dreckig-schlammige Lava-Konsistenz angenommen hatte. Das Höllenfeuer forderte seinen Tribut, hatten die Imperia auch zum Leben erweckt, so ging sie nun zugrunde. Die meisten Gestalten verließen sie wie Ratten ein sinkendes Schiff, ließen sich einfach hinabfallen in den brodelnden Straßenbelag, wo sie dann untergingen.  
     
    6.
     
    Ich hätte so etwas wie Erleichterung spüren können, aber nach all dem, was schon geschehen war, brauchte es nicht viel, um zu wissen, dass die noch nicht am Ende ihres Lateins waren. Wie zur Bestätigung hielt sich eine Gestalt noch am Busen der in sich zusammensinkenden Imperia fest und, Kapitän Ahab in den Tod gerissen von Moby Dick, fiel mir da ein, winkte mir zu. Aber Ahab war tot gewesen, das Wesen hier aber kicherte und kicherte, offensichtlich noch sehr lebendig, und auch Imperia versank nicht wie Moby Dick stumm in der Versenkung, bizarrerweise begann sie wieder, nur noch den Kopf über dem dampfenden Boden erhoben, mit halb spöttischer, halb lockender Stimme zu singen, dieses Mal zur Melodie von Break on through. Abwechslung schrieben sie offensichtlich groß, und was sie sang waren die Worte: Mein Hut, der hat drei Ecken, und hätt’ er nicht drei Ecken, so wär’ es nicht mein Hut, so wär’ es nicht mein Hut! Und mein Hut, und mein Hut, ja, mein Hut, der steht mir gut! Mein Hut, steht mir wirklich gut! Gut! Das Gefühl, das die mit mir ein grausames Spiel spielten, dessen Regeln ich nicht durchschaute, wurde so stark, wie es den ganzen Tag noch nicht gewesen war. Denn natürlich ließen mich diese Worte an das Kompliment der Unscheinbaren denken, daran, dass ihr Satz, mir würde der Hut wirklich gutstehen, mich unangenehmerweise an Carmen erinnerte.
    Zu guter Letzt verstummt vermischte sich Imperias flüssig gewordener Gesteinsleib mit dem zähflüssigen Pflasterbrei, der sich unweit von mir ausbreitete, dampfend vor Hitze und stinkend, auf eine Weise stinkend, für die ich keine Worte habe. Dann erhob sich eine Hand aus dieser heißen Masse, ein Arm folgte, dann die ganze Gestalt der, womit die mich wieder einmal überraschten (ein neuer Spielzug: warum ausgerechnet sie?), Gestalt jener Frau, die vor Minuten, als sie ein Geschäft verlassen

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