Abschied von Chautauqua
einstellen musste, vermutlich drei Uhr früh, drehte sie dann zur Wand und stieß gegen die Tür, als sie diese öffnete.
«Also wirklich.»
Rufus trottete neben ihr her. Der Fernseher war an, es lief Der dritte Mann, jemand stieg eine dunkle Treppe hinauf. Sie schaltete den Fernseher und den Videorecorder aus, genauso wie die Lampen neben dem Sofa und in der Küche. Das Licht draußen war in Ordnung. Die Geschirrspülmaschine ließ sie laufen.
«Gut», sagte sie, schloss ihre Tür, hängte den Bademantel auf und kroch wieder unter die warme Decke. In der Ecke umkreiste Rufus seinen Schlafplatz, bevor er sich hinlegte. Er ächzte verstimmt, dann war es wieder still.
Samstag
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
* 1
Der Regen hatte nicht nachgelassen. Im Radio hieß es, die Regenfront verharre über den Großen Seen; für die nächsten achtundvierzig Stunden sei keine Wetteränderung zu erwarten.
«Ich bleibe nicht den ganzen Tag hier», sagte Emily, während sie ihre Eier aß.
Das ist eine kühne Behauptung, dachte Arlene, da Emily kein Auto hatte. Für Arlene war der Gedanke reizvoll, es sich gemütlich zu machen, bis sich das Unwetter verzogen hatte, einen Sessel nah ans Feuer gezogen und heiße Schokolade, doch es war noch zu früh, um mit Emily darüber zu reden. Seit Emily entdeckt hatte, dass die Mülltonne umgestürzt war, die Maiskolben und Pappteller auf der Straße verstreut, war sie völlig aufgewühlt.
«Was sollen die Kinder machen?»
«Das», sagte Emily, «bleibt ihren Eltern überlassen. Ich bin mir sicher, dass sie sich ganz gut selbst beschäftigen können.» Sie deutete mit dem Kopf zum Wohnzimmer, wo die Jungs im Schlafanzug mit ihren Game Boys spielten. Sonst war noch niemand auf, und es war schon nach neun.
Emily schlug vor, mittags essen zu gehen, nur sie beide. «Irgendwo, wo's nett ist. Im Haus ist es so langweilig. Ich muss hier noch ein paar Sachen erledigen, aber gegen Mittag dürfte ich fertig sein.»
«Woran hast du gedacht?»
«Ich weiß nicht. Nicht zu Webb's, das heben wir uns für Freitagabend auf.»
«Natürlich.»
«Ich hab gedacht, und sag ruhig, falls das ein bisschen seltsam klingt, aber ich hab gedacht, das Lenhart könnte nett sein. Ich habe keine Ahnung, wie das Essen dort ist - wahrscheinlich furchtbar -, aber ich würde gern mal den Speisesaal sehen. Er soll vollständig restauriert worden sein. Der Blick, den man von dort hat, mit der Fähre direkt vor der Tür, hat Henry so gut gefallen. Bestimmt zerstört die Brücke die Aussicht, aber ich würde gern mal wieder hinfahren.»
«Das klingt gut», sagte Arlene.
Sie gehörten derselben Generation an, und Arlene schwärmte unwillkürlich für dieselben Dinge. Für sie ging es noch tiefer als Henry und die Kriegsjahre, als die Big Bands auf den Tanzveranstaltungen spielten. Ihre Großmutter hatte als kleines Mädchen im Lenhart übernachtet. Es gab ein altes Foto von ihr auf der langen Veranda, auf dem sie oben an der Treppe stand und die Hand ihres Vaters hielt, das ganze Bild wie von der Sonne gebleicht.
«Ich rufe an und frage, ob sie uns einen Fenstertisch reservieren können», sagte Emily. «Wir können mit der Fähre rüberfahren und anschließend in den Käseladen gehen. Ich glaube, der Würzige geht uns langsam aus, und ich würde gern welchen mit nach Hause nehmen.»
«Ich könnte auch welchen gebrauchen», gestand Arlene.
«Dann ist es also beschlossene Sache.»
Emily räumte ihr Geschirr ab, spülte ihre Schüssel im Spülbecken aus, stellte sie in die leere Geschirrspülmaschine und wischte das Hackbrett ab - alles in flottem Tempo, ohne Pause, als hätte sie es eilig. Sie schrubbte das Spülbecken, wrang das grüne Scheuertuch aus, das sie benutzt hatte, spülte dann Rufus' Napf sauber und ließ ihn voll Wasser laufen.
«Brauchst du bei irgendwas Hilfe?», fragte Arlene.
«Nein, aber vielen Dank für das Angebot. Ich brauche bloß deine Liste.»
«Die hab ich noch nicht fertig.»
«Nimm dir ein paar Minuten Zeit und schreib sie fertig. Ich halte mich an das, was ich heute Mittag habe.»
Das ist es also, dachte Arlene. Sie hätte wissen müssen, dass es mit Emily nicht so einfach war. Als Lehrerin war sie ganz oft an störrische Kinder herangekommen, indem sie herausfand, was ihnen gefiel, und dann hatte sie sie mit hübschen Augenwische-reien von der
Weitere Kostenlose Bücher