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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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leuchtend orange, dieselbe bescheuerte Farbe wie bei Schülerlotsen oder Footballfans. Sie rechnete eigentlich nicht damit, ihn zu sehen, sie hoffte es bloß. Und dann dachte sie plötzlich an Mark. Sie wusste, dass er nicht schreiben würde, sie hatten sogar noch Witze darüber gerissen. Sie fand, es sollte ihr nicht so zu schaffen machen.
      «Sehen wir uns die Fische an», schlug Ella vor. «Dann kannst du sein Haus beobachten, bevor wir vorbeigehen.»
      «Stimmt», sagte Sarah, als hätte sie daran gedacht.
      In der Auffahrt der Fischbrutanstalt stand ein Dienstfahrzeug mit einem Aufkleber an der Tür, und die mit einem Gitter geschützte Lampe über dem Eingang brannte. Von hinten drang das Brummen einer laufenden Pumpe an ihr Ohr. Die Teiche lagen erhöht, und als sie an der eigentlichen Fischbrutanstalt vorbei waren, überquerten sie die Straße und stiegen einen schlammigen Pfad zu dem schachbrettartigen Entwässerungssystem hinauf. Frösche hüpften ins Wasser, um ihnen zu entfliehen. Rufus bellte viel zu spät; auf der anderen Seite der Teiche stieg ein Reiher auf, schlug mit seinen breiten Flügeln, während er sich in die Kurve legte, und zeigte ihnen das Profil seines gebogenen Halses, bevor er über den Baumwipfeln davonschwebte. Sarah stellte sich vor, dass der Junge mit dem Rasenmäher auf der anderen Straßenseite wohnte, dass er das jeden Tag sah und hier spielte. Dann wäre es, genau wie der See, ein Teil von ihm.
      Der Regen bildete Ringe auf dem Wasser, Bläschen, die einen Augenblick umhertrieben und dann zerplatzten. Rufus lief schnuppernd am Ufer entlang, sein Schwanz aufgestellt, als hätte er etwas entdeckt. Im flachen Wasser sahen sie gespenstische Fische, die an die Oberfläche kamen, weil sie damit rechneten, dass es Futter gab.
      Als kleines Mädchen war sie mit ihrem Vater hergekommen, um zu beobachten, wie die Männer aus Leinensäcken Hände voll Futter ins Wasser warfen und die glitschigen Fische sich zappelnd darum balgten. Die Teiche konnten entwässert werden, dabei flutschten die Fische mit dem Wasser durch die Rohre, wurden in Tanks aufgefangen und im See ausgesetzt, nur um wieder gefangen zu werden. Diesen Kreislauf fand sie bis heute ungerecht.
      Sie fragte sich, ob der Junge angelte. Ihr Vater angelte nicht. Er betrachtete das als Zeitverschwendung.
      «Sieht aus, als wäre jemand zu Hause», sagte Ella, die vorgegangen war und so tat, als würde sie sich den nächsten Teich ansehen.
      Unten, auf der anderen Straßenseite, brannte die Kutschenlampe, und in der Einfahrt stand ein großes dunkles Auto - wahrscheinlich der Wagen seines Vaters. Das Haus war klein, aber schön, vanillegelb mit weißen Fensterläden, nicht zu vergleichen mit denen in Silver Hills. An der Haustür hing ein Korb mit Blumen. Sie zog Rufus weiter und holte Ella ein.
      «Hübscher Wagen», spottete Ella.
      «Der muss seinem Vater gehören.»
      «Und der Gartenzwerg beim Vogelbad gefällt mir besonders gut.»
      «Wo denn?», fragte Sarah, gerade als sie ihn sah, hinter Efeuranken verborgen.
      «Hast du das Kätzchen gesehen? Auf dem Garagendach?»
      Sarah bemühte sich, nicht aufzufallen, versteckte sich hinter dem Regenschirm und guckte verstohlen dahinter hervor. Das Kätzchen war aus Keramik, ein Nippesstück, wie es sich alte Frauen zum Scherz im Gartengeschäft kauften.
      «Na und?», sagte Sarah, aber auch sie musste lachen.
      Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er sie auf der Veranda erwarten würde. Sie wünschte sich bloß ein Zeichen von ihm, das Versprechen, dass sie ihn wiedersehen würde.
      «Das ist albern», sagte sie schließlich und ging am letzten Teich vorbei, Ella direkt hinter ihr. Sie folgten einem schmalen Pfad am Entwässerungskanal, durch einen grasbedeckten Straßengraben, und stiegen wieder zur Straße hinauf.
      Die Vorhänge waren offen, aber nur in einem Fenster brannte Licht, ein Stück Wand, die Hälfte eines Tisches. Sie ließ Rufus am Briefkasten herumschnuppern (kein Name, bloß eine Nummer) und hoffte, dass sie jemanden sehen würde, aber da war nichts. Die Blumen in dem Korb an der Tür waren künstlich. Auf der kurzen Betontreppe lag eine Kunstrasenmatte mit einem Plastikgänseblümchen in der Ecke. Hinten säumte ein grauer Holzzaun den Garten, also hatten sie vielleicht einen Hund. Sie hielt weiter Ausschau nach einem Beweis, dass er hier wohnte, dass sie sich nicht geirrt hatte - genauso, wie sie das Haus

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