Abschied von Chautauqua
zurück.
Sie wischte die Arbeitsplatten und das Hackbrett ab, nachdenklich, in langsamen Zügen, ihr Blick ziellos umherschweifend. Noch im Dunkeln ging ihr Vater mit seiner Aktentasche die Grafton Street entlang bis zur Ecke Farragut Street und wartete an dem Schild auf den Bus. Im Winter trug er Galoschen über seinen guten Schuhen und eine schwarze Strickmütze. Es gab noch drei oder vier andere Väter, die mit ihm warteten und über Geld oder Sport sprachen, je nachdem, worüber Väter sich unterhielten. Wenn der Bus kam, stiegen sie ein, und er rollte davon und blies Dieselabgase in die Luft, die Silhouetten ihrer Köpfe in den erleuchteten Fensterscheiben.
Sie spülte den Schwamm aus, füllte Rufus' Wassernapf aus dem Teekessel und füllte den Teekessel wieder am Spülbecken auf. Schließlich schaltete sie die Lichter der Reihe nach aus: die Außenlampe, dann die in der Küche, sodass ihr nur noch die Herdanzeige den Weg wies, die gelbe Deckenleuchte auf der Veranda, die Lampe über dem Puzzle und zuletzt die Messinglampe neben dem Klapptisch. An der Tür zur Treppe blieb sie stehen und genoss die Dunkelheit, dann ging sie nach oben, und ihr Vater folgte ihr, auf der Fahrt durch die kalte Stadt, in seine Zeitung vertieft.
* 25
Emily erwachte mitten in der unermesslichen, tiefen Nacht, als wäre die Alarmanlage der Lerners losgegangen. Das traf nicht zu, doch Emily setzte sich auf, den Kopf zur Seite gelegt, und horchte, was es wohl gewesen sein konnte. Der Regen hatte nachgelassen, und während das Zimmer allmählich sichtbar wurde - die leuchtende Uhr, der Spiegel auf der Frisierkommode, die Vorhänge, die Schranktür -, war sie sicher, dass sie gehört hatte, wie jemand im Erdgeschoss herumschlich. Am Fuß des Bettes stieß der unsichtbare Rufus empört seinen Atem aus, und der Einbrecher löste sich in Luft auf.
Sie neigte den Kopf, den Mund offen, hielt jedoch den Atem an, bis sie ein ganz leises Pfeifen hörte, durchdringende hohle Schwingungen, wie ein Spieß, der sich durch ihren Kopf bohrte - eine Geräuschlosigkeit, die tief in ihrem Schädel erzeugt wurde und die sie von den Nachmittagen kannte, an denen sie das Mittagessen ausfallen ließ, Vorbote von lähmenden Kopfschmerzen.
Das Fenster blitzte auf, ein vorspringender Schatten zeichnete sich auf den Vorhängen ab, sie umklammerte die Decke und griff unbewusst neben sich, als wollte sie Henry wecken. Und dann erdröhnte unangenehm nah eine Donnerwand und brach auf, hallte über die Hügel und löste sich langsam krachend auf wie ein fernes Feuerwerk.
«Um Gottes willen», sagte sie, und Rufus ächzte protestierend, doch sie war immer noch nicht davon überzeugt, dass sie allein war.
Sie saß da und wartete auf weitere Schritte, als es wieder zu regnen begann und eine Hand voll Eicheln aufs Dach prasselte. Der Donner hatte sie erschreckt, und jetzt schien das Blut überall in ihrem Kopf zu pulsieren, wie ein Wetterleuchten am Himmel. Sie stellte sich vor, dass jemand draußen war, ein gesichtsloser Mann in einer Regenjacke, dessen schlammige Stiefelabdrücke sich mit Wasser füllten.
Lächerlich. Rufus war zwar alt, doch hörte er immer noch besser als sie. Es lag bloß am Donner und ihrer Aufregung wegen der Fahrt morgen.
Sie hatte sich von der warmen Stelle weggerollt, und als sie sich wieder einkuschelte, waren die Bettlaken kalt. Sie hatte die Hand nach Henry ausgestreckt - wenn das nicht komisch war. Auch jetzt noch erwartete sie, dass er sie beschützte.
Sie hörte ihren eigenen Atem und hielt inne. In dem Ohr, das sie ins Kopfkissen gedrückt hatte, klang das Kratzen ihres Herzschlags am Stoff, als würde sich jemand über eine Schneekruste nähern. Sie drehte sich auf den Rücken, um das Geräusch abzuschütteln, lag da, die Nase zur Decke gerichtet, und wusste, dass sie in dieser Lage nicht einschlafen konnte. Wenn sie mit Henry im Bett gelegen hatte, hatte er sich am Ende immer von hinten an sie geschmiegt, sein Stoppelkinn an ihrer Schulter, sein Atem warm in ihrem Nacken, der Arm um ihren Brustkorb geschlungen.
Sie wusste, es war noch nicht lange her, und doch schien es ihr, als wäre sie schon seit einer Ewigkeit allein und versuchte vergeblich, ihr großes Bett nur mit ihrem schrumpfenden Körper zu wärmen. Es war letzten Herbst gewesen, jetzt war August. Nicht einmal ein Jahr. Sie rollte sich langsam auf ihre Seite, um die kühle Luft unter der Decke nicht aufzuwirbeln.
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