Abschied von Chautauqua
Rufus ächzte, der Regen ließ nach, dann war es im Haus wieder still, bis auf ihr Denken, das wie ein loser Fensterladen im Wind schlug.
Samstag
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
* 1
Lise stand mit den Jungs auf und war als Erste __unter der Dusche, noch vor Ken. Es war Mittwoch, mehr als die Hälfte vorbei. Heute würde es leicht sein, die Fahrt verbrauchte viel Zeit, und sie war froh, der erzwungenen Intimität des Sommerhauses entfliehen und ihre Gedanken auf etwas weniger Anstrengendes richten zu können als diese Familie. Sie dachte über Niagara Falls hinaus, sah schon vor sich, wie sie am Samstag den Wagen voll packten und nach Massachusetts zurückfuhren, wo der voll gestopfte Briefkasten und der blinkende Anrufbeantworter auf sie warteten. Während sie ihr seifiges Haar ausspülte, dachte Lise, sie müsste ein schlechtes Gewissen haben, weil sie sich so darauf freute, doch sie schüttelte den Gedanken ab. Der Gestank des Wassers, die kristallisierten Mineralablagerungen an den Kabinenwänden, der dunkle Ring aus Haaren rings um den Abfluss - nichts konnte sie an diesem Morgen entmutigen.
«Kommt schon, los geht's, auf auf auf», spöttelte sie beim Anziehen. Ken stöhnte über ihre Begeisterung, und Meg wandte das Gesicht ab. Die Mädchen starrten sie aus ihren Schlafsäcken geringschätzig an. «Wenn ihr Pfannkuchen haben wollt, solltet ihr eure Hintern lieber aus dem Bett schwingen.»
«Was für welche denn?», fragte Ella und streckte sich.
«Die Sorte, die wir dahaben. Wir sind hier nicht bei Perkins.» Sie stieg über sie hinweg, stampfte effekthascherisch die Treppe runter.
Sam war noch im Schlafanzug, spielte mit seinem Game Boy.
«Zieh dich an», sagte sie. «Und wasch dir den Dreck aus dem Gesicht, ich kann ihn immer noch sehen.» Er wollte sich beschweren, doch sie schnitt ihm das Wort ab. «Geh jetzt. Du willst dich doch nicht etwa heute mit mir anlegen.»
Es versetzte ihr einen Stich, als sie Emilys Kaffeetasse neben dem Spülbecken stehen sah. Sie hatte wirklich gedacht, sie wäre ihr zuvorgekommen. Doch es stand kein Frühstücksgeschirr da, das ihr vorwarf, verschlafen zu haben, und sie stöberte im Schrank nach einer gelben Schachtel Bisquick.
«Da ist sie ja», sagte sie aufmunternd, schwenkte um die Tür herum zum Kühlschrank.
Milch, Eier, Margarine. Sie schwang das Drehtablett herum und fand eine Schüssel in der richtigen Größe.
Während sie alles auf der Arbeitsplatte verteilte, sah sie, dass die Blumen, die sie an dem Farmstand gekauft hatte, aus dem Müll hervorschauten, die Stängel noch nass. «Nett», sagte sie, widerstand aber der Versuchung, sie herauszuholen, um zu sehen, ob sie wirklich verwelkt waren. Es war erst vier Tage her, egal.
Während Lise den klumpigen Teig schlug, kam plötzlich Emily herein und blieb entgeistert mitten in der Küche stehen. «Warum bist du denn schon hier?»
«Kein besonderer Grund», sagte Lise, «ich mache bloß Pfannkuchen. Möchtest du auch welche?»
«Ich habe schon einen Muffin gegessen, danke.»
«Du hast wohl nicht zufällig Schokosplitter?»
«Ich glaube nicht.»
«Naja.»
Emily rührte sich immer noch nicht vom Fleck, stand mitten in der Küche und starrte sie an, als stünde sie in Flammen. Lise widerstand der Versuchung, sich umzudrehen und ihr einen vernichtenden Blick zuzuwerfen, sie stellte sich vor, sie säße im Auto, die verfallenen Scheunen und steinigen Hänge würden Kilometer um Kilometer vorüberziehen, die Stunden und der Tag allmählich verstreichen. Sie quirlte den Teig, ihr Arm schon ganz hart. Die bröckeligen Mehlklumpen zerfielen und gingen im Teig auf. Sie drehte das Tablett wieder, suchte eine gusseiserne Pfanne.
«Da brauchst du kein Fett zu nehmen», belehrte Emily sie.
«Hatte ich auch nicht vor», sagte Lise vergnügt. Zu Hause hatte sie ihr eigenes Pfannenset, im Lauf der Jahre Stück für Stück auf dem Flohmarkt zusammengekauft. Lise wusste, dass Emily zu Meg dasselbe gesagt hätte - zu jedem, der unbefugt ihre Küche betrat. Lise schaltete eine Herdplatte an und wartete, als könnte ihr Blick die Spule zum Glühen bringen. So leicht würde sie sich von Emily nicht aus der Fassung bringen lassen.
Hinter ihr seufzte Emily. «Ausgerechnet heute wird der Recyclingmüll abgeholt.»
«Darum kann ich mich kümmern», sagte Lise. «Der muss bloß an die Straße
Weitere Kostenlose Bücher