Abschied von Chautauqua
Niederlage betrachten - allein hier zu sitzen, während jemand anders ihrer Tochter Ratschläge gab -, doch sie verstand es. So sehr sie es sich auch wünschen mochte, es war zu spät, innerhalb der Familie die Plätze zu tauschen. Sie konnte bloß auf eine Abmilderung ihrer Rollen hoffen, nicht auf Vertrauen, aber einen widerwilligen Respekt vor dem, was sie wegen einander durchgemacht hatten, wenn das nicht zu viel verlangt war.
Statt die beiden zu beobachten, las sie lieber in ihrem Buch. Sie hatte sich gerade darin vertieft, als das Boot mit Kenneth und den Kindern zurückkam.
Arlene kam in heller Aufregung vom Steg durch den Garten gelaufen. «Ich brauche meine Kamera!»
«Du bist ja noch schlimmer als er.»
Die Kamera lag neben Emily auf dem Tisch, und sie Reichte sie ihr. Im Hinausgehen drehte Arlene sich um, als würde Emily mitkommen, und hielt die Tür auf, eine Aufforderung, sich ihr anzuschließen. Immer diplomatisch, dachte sie. Arlene kannte sie beide nur zu gut.
«Geh nur», sagte Emily. «Ich komme gleich nach.»
* 17
Während er Lise und die Kinder aussteigen ließ, gelang es ihm nicht, Megs Gesichtsausdruck zu deuten. Seine Mutter und Arlene waren da, deshalb musste sie sich verstellen, doch ihr ausdrucksloser Blick - verschlossen und nüchtern - sah nicht gerade vielversprechend aus, eine Bestätigung dafür, dass alles so gelaufen war, wie er erwartet hatte. Er fand, dass sie keinen Grund hatte, geknickt zu sein. Sie hatte doch nicht wirklich geglaubt, dass ihre Mutter es sich in letzter Minute noch anders überlegen würde.
Meg half den Kindern, alles zum Haus zurückzuschleppen, während er und Lise das Boot hochhievten, und als sie fertig waren, war Meg mit Arlene zum Lighthouse gefahren. Er hatte keine Lust zu duschen, nicht bei diesem Andrang. Beim Herumstöbern auf der Werkbank seines Vaters würde er sich sowieso wieder schmutzig machen. Bevor er die Fleischspieße grillen musste, hatte er bestimmt noch Zeit, sich zu waschen. Dann würde es auch kühler sein.
Er schmuggelte die Nikon nach draußen. Die Sonne hatte ihn schläfrig gemacht, seine Stirn war verbrannt, und ein kaltes Iron City machte ihn wieder munter. Er stellte die mit Kondenswasser überzogene Flasche auf den kleinen Kühlschrank - alles jetzt seins. In der Garage war es heiß und stickig, ein starker, vertrauter Geruch aus seiner Kindheit, den er mit Einsamkeit und Spionieren verband. Wie oft hatte er beobachtet, wie Meg und ihre Urlaubsfreunde auf dem Steg rumgeknutscht hatten? Durch das Seitenfenster fiel ein warmes Licht herein, das ein paar Holzlatten durchschnitt, die aus einer Tonne hervorragten und wie ein seltsamer Blumenstrauß aussahen. Er machte drei Fotos mit unterschiedlicher Blende, in der Hoffnung, dass eins davon einfangen würde, was er gesehen hatte. Er überlegte, ob er einfach drauflos knipsen sollte, aber ihm sprang nichts ins Auge, weder die geschmacklosen Meerjungfrauen noch die Geometrie der Leiter, die auf der anderen Seite an der Wand hing. Er konnte hören, wie Morgan ihn warnte, und schüttelte den Kopf, um die Stimme zu verscheuchen.
Er fing mit etwas an, das er haben wollte, den Angelkästen seines Vaters. Es gab zwei: Den abgerundeten grünen mit Metall-plättchen, an den er sich noch erinnern konnte, und das neue viereckige Plastikmodell in den beiden Brauntönen, das sein Vater tatsächlich benutzt hatte. Sie gehörten ihm noch nicht richtig, erst wenn er sie zu Hause in den Keller brachte und an einen angemessenen Platz stellte. Hier gehörten sie noch seinem Vater und standen auf der Werkbank, ihrem angestammten Platz. Er klappte den grünen auf, trat einen Schritt zurück und fotografierte ihn mit drei verschiedenen Blenden, zufrieden mit der symmetrischen Anordnung der Fächer, die verschiedenen Haken und Köder in ihren einheitlichen Ablagekästchen.
Mit dem braunen war er nicht so zufrieden. Er war billig und gewöhnlich, passte gar nicht zu seinem Vater, war bloß ein zweckdienlicher Ersatz. Bei dem grünen war der Verschluss kaputtgegangen. Nachdem einmal fast der ganze Inhalt auf dem Rasen verstreut worden war, hatte sich sein Vater bei Wal-Mart den braunen besorgt. In den Augen seines Vaters war die Sache ganz einfach: Der hier funktionierte und der andere nicht. Ken fragte sich, ob er den grünen reparieren lassen könnte. Vielleicht würden die Unterschiede zwischen den beiden etwas Interessantes bewirken.
Er wollte
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