Abschied von Chautauqua
Klinginsmith vorbeifahren und einen Schlüssel dalassen. Diese Annehmlichkeit hatte etwas Schändliches, als hätte sie noch nicht genug gelitten.
Bei Henrys Tod hatte sie sich genauso gefühlt - als sie in jener Nacht vom Krankenhaus zurückgefahren war, all ihre Sorgen und Ängste wahr geworden und zugleich ausgelöscht, und nichts, das ihren Platz einnehmen konnte. Kenneth und Arlene hatten sie ins Bett gebracht, doch kurz darauf war sie auf der Toilette gewesen, über die Schüssel gebeugt, und am nächsten Morgen war sie völlig außer sich, verspürte eine sinnlose Sorge, die sie auch während der Beerdigung und in der folgenden Woche nicht verließ, sie innerlich leer machte und ans Bett fesselte. Sie konnte sich nicht vorstellen, so etwas noch einmal durchzumachen.
Dazu würde es auch nicht kommen. Sie würde nach Hause fahren und da weitermachen, wo sie aufgehört hatte, würde den ganzen Morgen hinten im Garten arbeiten, nach dem Mittagessen im Club schwimmen und die Rechnungen bezahlen. Für nächstes Jahr würden sie ein schönes Haus finden. Sie konnten sogar mal vorbeikommen und nachsehen, was die neuen Besitzer aus dem hier gemacht hatten.
Rufus rülpste, stieß seinen Kopf gegen ihre Hand.
«Na, hör mal.»
Die Chautauqua Belle lag mitten auf dem See, erleuchtet wie am Vierten Juli, und Emily dachte, dass sie Rufus besser ins Haus brachte, bevor alles losging. Sie stand auf, ging über die bebenden Planken zum Ufer zurück. Diesen Steg hatte Henry gebaut. Sie wusste noch, wie er und Herb Wiseman die Pfähle eingeschlagen hatten - sie hatte noch Amateurfilme, in denen die beiden in ihren karierten Badehosen zu sehen waren. Am Ende des Sommers bauten sie den Steg immer ab und stapelten alles hinter der Garage. Die neuen Besitzer würden das ganze Ding wahrscheinlich herausreißen und einen neuen Steg errichten. Das war ihr gutes Recht.
Als sie den Rasen überquerte, kamen die Jungs an ihr vorbei, beide mit etwas Weißem in der Hand - Popcorn. Sie stibitzte eine Hand voll für Rufus, der im Gras nach heruntergefallenen Krümeln suchte. Sie musste ihn am Halsband packen. Wenn sie ihn nicht vor dem ersten lauten Knall ins Haus bekam, würde er ausreißen, und sie müssten die ganze Nacht nach ihm suchen.
Kenneth und Lisa hatten die Getränke der Jungs, und dann kamen alle anderen mit Decken, Sweatshirts und Mückenspray. Sie ging mit Rufus, der nicht wusste, was er falsch gemacht hatte, auf die Tür zu.
«Wo willst du denn hin?», fragte Sarah. «Du verpasst noch das Feuerwerk.»
«Ich komme gleich», sagte sie über die Schulter. «Die sollen auf mich warten.»
* 20
Sie saßen wie immer zusammen, aber es hatte keinen Zweck. Sam und Justin und ihre Eltern waren direkt neben ihnen, alle auf dem Steg zusammengedrängt. Und selbst wenn sie allein wären, würde Ella es nicht wagen. Sie hatte im Lauf der Woche ihre Gelegenheiten gehabt und nichts unternommen, und trotzdem fühlte sie sich betrogen.
Das Krachen einer weiteren aufsteigenden Rakete drang über den See, während sie ihren orangen Pfad in den Himmel zeichnete, zwischen den Sternen verschwand, in einem grünen Kreis zerplatzte und der weiße Blitz in der Mitte ihnen einen Augenblick Zeit gab, sich auf den Knall und das über die Hügel donnernde Echo gefasst zu machen. Neben ihr lehnte sich Sarah auf die Ellbogen zurück, hob das Kinn, als würde sie sich sonnen und auf einen Kuss warten.
Noch ein Krachen und noch eins. Ella konnte die Farben auf Sarahs Wangen erkennen - eine rote und eine orange, die sich im letzten Moment blau färbte. Sie musste aufhören, Sarah zu betrachten, aber das Feuerwerk interessierte sie im Moment überhaupt nicht, sie kämpfte dagegen an und ignorierte es, während es ihr ins Auge zu springen versuchte. Zwischendurch hörte sie von den anderen Stegen Beifall. Die Glut stürzte in Streifen herab, trieb mit dem Wind davon.
«Boah», sagte Sarah bei einer doppelten Explosion, Lila, das durch Grün hindurchwuchs.
Ein riesiger oranger Kreis wie eine Sonne, der zusammenblieb, bis er verglühte.
«Uuuhh.»
Ein kleiner weißer Kreis, der sich in wegspritzende Feuerräder teilte.
«Die gefallen mir am besten», sagte ihre Mutter.
Eine rote Leuchtspur, dann ein Blitz, und Justin steckte sich die Finger in die Ohren. Es klang wie ein gewaltiger Trommelschlag in ihrem Herzen, ließ sich nicht ignorieren. Sie wollte sich nicht nochmal
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