Abschied von Chautauqua
machte sich nichts daraus. Sie war die Aufmerksamkeit gewohnt. Lise dachte, dass es bestimmt ermüdend war, sich die ganze Zeit mit solch planloser Begierde herumplagen zu müssen, machte sich aber eher Sorgen um Ella, die unsichtbar direkt neben Sarah saß. Das waren dieselben Lektionen, die sie in diesem Alter gelernt hatte, die grundsätzliche Ungerechtigkeit der Welt und ihr Platz darin.
Hoffentlich hatte Emily gemerkt, dass Ella einen Nachtisch bestellt hatte, doch Lise machte sie nicht darauf aufmerksam.
Irgendwie waren sie auf den Klärtank zu sprechen gekommen, auf alles, was schief gehen konnte. Im Laufe von ein paar Stunden hatten sich Ken und Emily zu Fachleuten entwickelt. Schon eine Windel reichte aus, um alles zu verstopfen und das Abwasser ins Haus zurückzuschwemmen.
«Wäre das nicht beschissen?», witzelte Emily. Sie schien zu denken, das sei schlüpfrig. Lise lächelte nur und spielte mit.
Sie war müde. Die Fahrt am nächsten Tag würde lang werden, doch in gewisser Hinsicht freute sie sich darauf. Es war ihre letzte lange Fahrt in diesem Sommer, ihre letzte gemeinsame Zeit, bevor das Schuljahr sie alle zerstreute.
Der Kaffee kam und ihre Creme brulée, mit einer Himbeere obendrauf, dasselbe wie Ella. Lise klopfte auf die Kruste, aß dann nur mit der Löffelspitze, genoss jeden Bissen und kostete ihn aus. Die Eisbecher, die die Jungs bestellt hatten, waren riesig; sie hätten sich einen teilen können.
Die Kellnerin war nicht dumm. Sie hatte festgestellt, wer das Sagen hatte, und legte die Ledermappe mit der Rechnung neben Emily.
«Lass mich das machen», sagte Ken, doch Emily hatte schon die Geldbörse hervorgezogen.
«Du kannst nächstes Jahr bezahlen», sagte sie. «Was meinst du dazu?»
«Sind wir denn nächstes Jahr hier?», fragte Ken.
Für Lise klang es fast einstudiert, wie ein abgekartetes Spiel.
«Wir werden hier irgendwo sein. Ich bleibe nicht den ganzen Sommer lang in der Stadt.»
Lise hatte nicht erwartet, so billig davonzukommen. Es kam ihr vor wie eine Niederlage, alles geregelt, ohne dass sie etwas dazu gesagt hätte.
Die nächste Station war der Souvenirladen. Die Jungs wollten vorlaufen und sie dort treffen, aber sie ließ sie warten, während Emily ihren Kaffee bis auf den letzten Tropfen austrank. Sie erhoben sich alle und schoben ihre Stühle an den Tisch. Arlene hätte fast ihre Handtasche vergessen.
An der Garderobe stand eine Schüssel Pfefferminzbonbons. «Jeder nur eins», musste sie die Jungs ermahnen.
Der Weg zum Souvenirladen führte durch die Eingangshalle, über den blaugrünen, drinnen wie draußen verwendbaren Teppich. Die Fenster der Eingangstür bestanden aus schmutzigem Milchglas in der Farbe von Bier (Kolonialstil, vermutete sie, als wäre es mal eine Taverne gewesen), und auf einem Ständer neben einem künstlichen Gummibaum lagen Prospekte für Orte wie Panama Rocks oder das Lucille Ball Museum aus. Im Laden waren die Gänge hell erleuchtet, voller Leute, die gerade mit ihnen das Abendessen eingenommen hatten und sich Topflappen, Porzellanglöckchen und Gläser in allen Größen, Ahornsirup, Muskellungen-Kühlschrankmagneten und regionale Kochbücher anschauten. Die Musik, die sie aus den Lautsprechern berieselte, war dieselbe wie im Speisesaal, klang aber auf so engem Raum lauter, und der Schokoladenduft war berauschend. Die Rückseite bestand aus einer Glasvitrine, hinter der drei Frauen mit Haarnetzen auf der Marmorplatte eines Tisches Karamellblocks klein schnitten; dort hatten sich jede Menge Leute versammelt, die Nummern in der Hand hielten. Sam steuerte geradewegs auf die Ecke mit den Wasserpistolen und den Flummis zu, Justin direkt hinter ihm. Sie war ziemlich froh über die Aufgabe, auf die beiden aufzupassen. Ken und Emily standen drüben beim Karamell, Meg und Arlene waren wahrscheinlich draußen und rauchten. Die Mädchen zog es zu den Schmucksachen, wo sie sich gegenseitig Armbänder vorführten.
Sam kam verzweifelt zurückgelaufen. «Wie viel dürfen wir ausgeben?»
«Fünf Dollar.»
«Das ist ja genauso viel wie immer.»
«Fünf Dollar sind eine Menge Geld», sagte sie - und das stimmte. Sie hatte nie fünf Dollar in einem Souvenirladen ausgeben dürfen. Ihre Eltern hatten zu sehr darauf geachtet, sie nicht zu verziehen.
«Für fünf Dollar kriegt man aber nichts.»
«Du kannst bestimmt was finden», sagte sie und begleitete ihn in die Ecke,
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