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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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Kinder stürzten sich drauf und ließen für Rufus Kartoffelchips fallen, doch er war zu steif, um sie unter den Stühlen hervorholen zu können. Die Jungs duckten sich und fegten die Chips raus, und Rufus leckte über den Fußboden, bis es ihm Emily verbot. Arlene hielt sich abseits, saß mit ihrem Gin Tonic in einer Ecke der Hollywoodschaukel, wo der Wind durch ihren Pullover drang. Regentropfen rannen über die Fliegengitter, verwandelten die einzelnen Quadrate in winzige leuchtende Fenster. Die Flaggen auf den Stegen waren durchnässt. Es sah nicht danach aus, als würde das Unwetter aufhören und ihre Gespräche nicht länger beherrschen.
      Die Regenfront sollte erst am Mittwoch weiterziehen, was Arlene nichts ausmachte. Sie hatte mit ihrem Buch einen herrlichen Nachmittag verbracht, war irgendwann unter der Wolldecke eingedöst und empfand jetzt den Lärm der Kinder als Zumutung. Sie konnte sich in ihr Zimmer zurückziehen, doch das wäre ungesellig, und sie hatte das Gefühl, sie habe sich schon genug abgesondert. Hoffentlich hatte es niemand bemerkt.
      Sie verbrachte die Zeit wirklich gern mit ihren Großnichten und -neffen. In gewisser Hinsicht waren sie ein Ersatz für ihre Schüler ein Widerhall ihres Lebenswerks oder eine Verbindung dazu Doch es gab an dieser Welt manches, das sie nicht vermisste, zum Beispiel lärmende Jungs. Mädchen waren ihrer Erfahrung nach kein Problem. Sie sah die Kinder unwillkürlich mit den Augen einer Lehrerin und hatte Angst, dass es sie von ihnen trennte. Als Margaret und Kenneth noch klein waren, hatten sie alle in Pittsburgh gewohnt und sich jede Woche gesehen, sodass sie einander vertraut waren. Doch das hier war etwas anderes. Sie sahen sich höchstens eine Woche im Sommer und an einem bedeutenden Feiertag. Arlene schickte ihnen Geburtstagskarten und kaufte ihnen Wertpapiere, aber manchmal wurde ihr klar, dass sie von ihnen nur wenig wusste. Und sie schienen ihr gegenüber vorsichtig, wenn nicht sogar misstrauisch zu sein. Sie bemühten sich um Emilys Aufmerksamkeit, baten Emily, mit ihnen Monopoly zu spielen. Vermutlich war es das Los einer Tante, einer Großtante, und dennoch war sie gekränkt, waren ihre schlichtesten Gefühle verletzt.
      «Hab ich euch schon von meiner Kröte erzählt?», fragte Emily alle Anwesenden. «Also», sagte sie und legte los mit ihrer Geschichte.
      Es klang, als habe sie am Straßenrand Gold gefunden. Die Jungs wollten die Kröte fangen. Sie gingen in den Regen hinaus und sahen am Rand des Grases nach, kamen dann zurück und warfen noch mehr Chips auf den Boden.
      «Das reicht», entschied Lisa, und Sam nahm eine letzte Hand voll.
      Ohne die Chips verlor die Veranda plötzlich ihre Anziehungskraft. Die Kinder verschwanden im Haus, wo Kenneth sie vorbeiließ, bevor er mit einem Bier heraustrat. Arlene wollte noch einen Gin Tonic trinken, dachte aber, dass sie in Margarets Beisein darauf verzichten sollte.
      «Jetzt, wo wir alle da sind», sagte Emily, als wollte sie sie zur Ordnung rufen, «würde ich gern wissen, wie weit wir mit unseren Listen sind.»
      Niemand meldete sich. Arlene hatte keine Zeit gehabt - konnte aber notfalls improvisieren. Sie hatte ihr Maxwell'sches Anrecht auf das Sommerhaus nie geltend gemacht, da sie wusste, dass die anderen es nicht anerkennen würden, und jetzt fühlte sie sich noch mehr als Außenseiterin, nur aus Anstand einbezogen. Wie Emily wartete sie darauf, dass Kenneth oder Margaret anfing.
      Kenneth wandte sich Margaret zu, als wartete er auf ihre Erlaubnis. Margaret gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass er das Wort ergreifen sollte.
      Schließlich sagte er: «Wenn wir alles in eine Reihenfolge bringen sollen, dann käme die Zederntruhe an erster Stelle.»
      Das wär's, dachte Arlene.
      «Das ist in Ordnung», sagte Emily, «aber ihr müsst eure Wünsche wirklich aufschreiben. Ich habe keine Lust auf eine Gruppendiskussion. Meinst du, du kannst mir die Liste irgendwann heute Abend geben?»
      «Ich bin auch noch nicht dazu gekommen», gestand Margaret.
      «Brauchen alle noch ein bisschen Zeit?» Als niemand antwortete, sagte Emily: «Bitte, vorm Schlafengehen. Ich möchte die Sache in Angriff nehmen.»
      Nachdem sie alle entlassen waren, ging Arlene in die Küche und goss sich noch einen Drink ein. Sie zog die letzte Lucky aus der Schachtel auf dem Fensterbrett. Die Kastanie war triefnass, deshalb drückte sie sich in eine Ecke des Garagentors, unter der

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