Abschied von Chautauqua
Foto festhalten.
«Nichts zu danken», sagte er.
* 11
Im Wal-Mart traf Meg auf ihre eigene Zukunft.
Sie und Lise hatten die Liste aufgeteilt. Lise hatte sich auf die Suche nach neuen Kool-Aid Koolers gemacht. Meg schlenderte gerade durch die Kfz- und Eisenwarenabteilung und suchte Außenborderöl, als hinter der Ecke eine Frau in einer leuchtenden zweifarbigen Uniform auftauchte und fragte, ob sie ihr helfen könne.
Als Erstes fiel Meg die Haut der Frau auf, um den Mund runzlig und spröde, fast wie plissiert. Sie war noch nicht alt. Ihr langes dunkles Haar war kräftig und echt, das Grau vielleicht ein bisschen gefärbt. Sie war in Megs Alter, aber hager und abgehärmt, das Gesicht vertrocknet und faltig, Runzeln tief wie Narben, die ausgehöhlte Hülse einer genesenden Alkoholikerin, wie Meg sie in der Reha immer wieder gesehen hatte, Leute, die schon zwei-, dreimal gescheitert waren und nochmal versuchten, vom Alkohol wegzukommen, zermürbt von der Anstrengung. Die zusätzlichen Pfunde vom Alkohol gingen weg und ließen nur die wettergegerbte Haut zurück, sehnig wie getrocknetes Rindfleisch. Ihre Augen waren wässrig und zu groß.
«Ich suche Motoröl», sagte Meg. «Ich meine Außenborderöl. Für ein Boot.»
Die Frau schien es nicht zu registrieren, doch dann begriff sie plötzlich, und ihr Gesicht hellte sich auf, als brauchten ihre Synapsen ein bisschen Zeit, um nachzukommen.
«Das steht... direkt...» Sie hob den Finger und führte Meg, die ihr widerwillig folgte, zum nächsten Gang - wie Scrooge, dachte Meg, aber dieser Geist zeigte ihr schon, was ihr bevorstand. Sie würde ihre Ersparnisse aufbrauchen, um das Haus abzubezahlen, und ohne Examen würde sie am Ende nur so einen Job kriegen.
«Hier!», sagte die Frau gut gelaunt. «Kann ich Ihnen sonst irgendwie behilflich sein?»
«Nein danke», erwiderte Meg, stand dann da und befingerte die Plastikflaschen, als würde sie zwischen den verschiedenen Sorten wählen. Sie brauchten bloß genug für diese Woche.
Sie war vor Lise an der Kasse, bezahlte und wartete dann neben den Kaugummiautomaten, überzeugt, dass sie die Frau nochmal sehen würde.
Aber sie war verschwunden. Lise kehrte mit einer Packung Koolers zurück, und sie flüchteten aus dem Laden.
«Es muss an dem Wasser hier liegen», sagte Lise im Auto. «Jedes Mal, wenn ich in diesen Laden gehe, gibt es mehr sonderbare Leute.»
«Ich weiß», stimmte Meg zu.
Doch als sie zurückkamen, ging sie als Erstes nach oben und schloss die Badezimmertür hinter sich, schaltete das Licht an, beugte sich übers Waschbecken und betrachtete sich im Spiegel.
* 12
Sam konnte das untere Bad nicht ausstehen, weil einen zu viele Leute hören konnten. Er ging nach oben, doch da war Tante Margaret im Bad, und während er wartete, sah er Sarahs Taschenuhr auf der Frisierkommode liegen. Er entfernte sich ein paar Schritte, für den Fall, dass Tante Margaret dachte, er wollte die Uhr haben. Ihr Auto stand direkt unter den Fenstern. Um zu flüchten, konnte er draufspringen und würde sich nicht die Beine brechen.
Als Tante Margaret rauskam, sagte er nichts und machte sich neben den Vorhängen unsichtbar. Sie sah ihn und wich zurück, die Hand aufs Herz gelegt.
«Mein Gott», sagte sie, «erschreck mich doch nicht so. Nächstes Mal sagst du was, okay?»
Im Bad stank es, der Toilettensitz war noch warm, und Sam dachte, dass er genau da saß, wo sie gesessen hatte. Das war ein seltsames Gefühl, als hätte er sie nackt gesehen.
Als er fertig war, spülte er und klappte den Deckel runter, wie seine Mutter es verlangte. Er ging raus und sah sich im Zimmer um, um sicherzugehen, dass sich niemand vor ihm versteckte. Er ging zur Frisierkommode und nahm die Taschenuhr, folgte der stotterigen Kreisbahn des Sekundenzeigers. Er hielt sie ans Ohr und lauschte dem Ticken. Ihm gefiel, wie klein sie war, wie lebendig. Sarah trug sie nicht mal. Er hängte sie an seine Gürtelschlaufe, um zu sehen, wie das aussehen würde. Unten ging jemand an der Tür vorbei, und Sam legte die Uhr wieder dahin, wo er sie gefunden hatte, und wandte sich ab.
Niemand kam rauf. Sam stellte sich mit den Armen hinterm Rücken vor die Kommode und betrachtete die Taschenuhr, deren Sekundenzeiger zwischen den Zahlen klickte. Er sah sie genau eine Minute an und ging dann nach unten.
* 13
Um fünf wurde der Dip aus dem Kühlschrank geholt, die
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