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Abschied von der Küchenpsychologie

Abschied von der Küchenpsychologie

Titel: Abschied von der Küchenpsychologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Nolting
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wird, worin sich seriöse von unseriösen Tests unterscheiden und welche Varianten von Psychotherapie besonders verbreitet sind.
    8.1 Intelligenz – oder Intelligenzen?
    Woran orientieren Sie sich, wenn Sie einen Menschen als «intelligent» bezeichnen: Am Schulzeugnis? An der sprachlichen Gewandtheit? Am beruflichen Status? An originellen Einfällen? An überzeugenden Argumentationen? Am Meistern schwieriger Lebenssituationen? Oder an …?
    Jeder kennt den Begriff, jeder bezeichnet gelegentlich einen Menschen als «sehr» intelligent oder «nicht so» intelligent. Klar ist also, dass man davon mehr oder weniger haben kann – aber wer könnte Intelligenz definieren?
    In der Tat ist «Intelligenz» ein schillernder Begriff – nicht nur in der Öffentlichkeit, auch in der Psychologie. In der Geschichte der Intelligenzforschung entstand aus den langen Kontroversen über eine angemessene Definition das spöttisch-resignierende Bonmot «Intelligenz ist das, was der Intelligenztest misst». Und das könnte je nach Test in gewissem Maße variieren, und zwar auch dann, wenn man sich ganz auf die «Denk»-Intelligenz beschränkt und nichtkognitive Fähigkeiten wie «emotionale Intelligenz» oder «musikalische Intelligenz» beiseite lässt (s.u.).
    Intelligenz ist also kein eindeutiger Sachverhalt, aber die Lage ist auch nicht chaotisch. Es gibt durchaus erhebliche
Übereinstimmungen
. Kaum strittig ist, dass Aspekte wie Lernfähigkeit, Problemlösefähigkeit und Abstraktionsvermögen dazugehören und zwar bei verschiedenen Arten von Anforderungen, besonders sprachlichen, rechnerischen und bildlich-räumlichen.

    In Intelligenztests werden daher meistens unterschiedliche Aufgaben gestellt, und die Ergebnisse werden zum sog. Intelligenzquotienten zusammengerechnet. Der IQ gibt dann an, wie gut jemand
im Vergleich zu anderen Personen seiner
Altersgruppe
in derselben Bevölkerung abschneidet. Nach einer alten Konvention bekommt dabei die durchschnittliche Leistung die Zahl 100 . Um die 100 herum verteilen sich die Leistungen nach dem Muster der Gauß’schen Normalverteilung (Glockenkurve): Mittlere Leistungen kommen häufig vor, sehr hohe über 130 und sehr niedrige unter 70 hingegen nur mit etwa 2 , 5 Prozent (s. Tafel). Der Ausdruck «Quotient» ist ein Überbleibsel aus der Frühzeit der Intelligenzmessung, als eine andere Berechnungsweise üblich war; heute ist der IQ mathematisch kein Quotient, sondern markiert eine Abweichung vom Durchschnitt.
    Die männliche und weibliche Bevölkerung unterscheiden sich übrigens nicht im Durchschnitt, doch sowohl extrem hohe Intelligenzwerte (Hochbegabung) als auch extrem niedrige Werte (geistige Behinderung) kommen bei männlichen Personen etwas häufiger vor als bei weiblichen.
    Mögliche Missverständnisse
    Klar ist: Der Intelligenzquotient zeigt eine
Leistung
an, die jemand in einem Test erbringt. Er zeigt hingegen
nicht
an, welches Potenzial jemand durch seine Erbanlagen mitbekommen hat. Zwar kann das Testergebnis beispielsweise nahelegen, dass ein Schüler mit seinen Schulleistungen «unter seinen Fähigkeiten» bleibt (dass er ein sog. «underachiever» ist), aber es kann nicht aussagen, welche Entwicklung maximal möglich ist. (Zum Problem von Erbe und Umwelt s. Kapitel  7.2 ).
    Weiterhin wäre es ein Missverständnis, würde man einen Testwert wie eine Messung der Körpergröße betrachten. Ein IQ von 123 in einem Test heißt
nicht
, dass dieser Mensch eine Intelligenz von 123 «hat», so wie er 1 , 79 Meter groß ist. Bei einem anderen Test oder zu einem anderen Zeitpunkt könnten etwas andere Werte herauskommen (völlig andere sind kaum zu erwarten), und jeder Wert muss interpretiert werden. Ausgebildete Diagnostiker wissen das und würden einen IQ -Wert nie wie ein persönliches Kennzeichen auf die Stirn malen, sondern bei wichtigen Begutachtungen weitere diagnostische Verfahren heranziehen.
    Intelligenzquotienten bleiben im Lebensverlauf insgesamt ziemlich stabil; Menschen behalten also gewöhnlich ihre
Position
innerhalb ihrer Altersgruppe ungefähr bei. Aber das
absolute Niveau
kognitiver Fähigkeiten verändert sich mit der Entwicklung durchaus, insbesondere steigt es natürlich in den ersten Lebensjahren kräftig an. Darüber hinaus kann ein Mensch durch intensive Lernprozesse manche Fähigkeiten so verbessern, dass sich das auch in einem Intelligenztest bemerkbar macht.
    Man kann jedoch nicht seine Intelligenz verbessern, indem man mit einem Übungsbuch für

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