Abschied von der Küchenpsychologie
einen Intelligenz
test
trainiert. So mag man sich zwar auf typische Arten von Testaufgaben vorbereiten und den gemessenen IQ ein wenig steigern, aber intelligenter geworden ist man dadurch nicht! Denn die Übungen verbessern die Denkfähigkeit nur bei den geübten Aufgabenarten und nicht generell (s. auch Kapitel 11.2 und 11.3 zur angeblichen Denkförderung durch bestimmte Fächer bzw. durch sog. Gehirnjogging).
«Die» Intelligenz oder verschiedene Fähigkeiten?
Eine alte Kontroverse bezieht sich auf die Frage, ob verschiedenartige geistige Leistungen nur verschiedene
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einer umfassenden Fähigkeit, eben «der» Intelligenz sind, oder ob es sich um voneinander unabhängige
Teilfähigkeiten
handelt. Anders gefragt: Sind Menschen einfach mehr oder weniger intelligent, oder kann derselbe Mensch in manchen Bereichen ausgeprägte Begabungen haben (z.B. im Sprachverständnis) und in anderen relative Schwächen (z.B. im Rechnen)? Im ersten Fall wäre mit dem IQ -Wert eine gute Aussage über die betreffende Person möglich. Im zweiten Fall wäre das Bild erst realistisch, wenn man hinzufügt, wo die relativen Stärken und Schwächen liegen.
Für beide Intelligenzkonzepte gibt es empirische Belege. Die Tendenz lautet: Es gibt einen «Generalfaktor», durch den sich Menschen im Gesamtniveau unterscheiden. Aber es gibt auch speziellere Fähigkeiten, die beim Einzelnen unterschiedlich ausgeprägt sein können. Der Generalfaktor zeigt sich darin, dass ein Mensch mit sehr gutem Sprachverständnis wahrscheinlich auch im räumlichen Vorstellungsvermögen besser als der Durchschnitt ist, aber – und das spricht für spezifische Begabungen – er ist nicht überall auf demselben Niveau.
Welche Bestandteile
sind dabei zu unterscheiden? Bewährt hat sich seit langem die Unterscheidung in fluide und kristallisierte Intelligenz.
Fluide
(flüssige) Intelligenz umfasst dabei Denkprozesse wie Abstrahieren, Folgern, schnelles Erkennen usw.
Kristallisierte
Intelligenz ist Wissen im umfassenden Sinne: Spuren bisheriger Erfahrungen. Das mag manche Laien überraschen, die Denken und Wissen eher als Gegensätze sehen und nur Leistungen, die nicht auf Wissen beruhen, als Zeichen von Intelligenz werten. Tatsächlich fließen aber in Denkleistungen fast immer irgendwelche Gedächtnisspuren mit ein. Die machen sich nicht nur als mitteilbares Wissen bemerkbar, sondern beispielsweise schon dadurch, dass man aufgrund seiner Erfahrungen bei bestimmten Aufgaben ein Gefühl der Vertrautheit erlebt. Fluide und kristallisierte Anteile wirken also zusammen. In den Tests überwiegt jedoch bei manchen Aufgaben der fluide Anteil (Beispiel: Vorgesprochene Zahlen in umgekehrter Reihenfolge wiedergeben) und bei anderen der kristalline Anteil, etwa das Erkennen einer gleichartigen Relation (Baum verhält sich zu Zweig wie Hand zu …?). Während die kristallisierte Intelligenz im Laufe des Lebens beständig wächst, nehmen fluide Leistungen nur bis ins frühe Erwachsenenalter zu und gehen dann ganz langsam, im hohen Lebensalter stärker wieder zurück.
Andere Einteilungen von Intelligenzfaktoren unterscheiden nach Art ihrer inhaltlichen Ausrichtung. Dazu gehören dann, wie erwähnt, vor allem sprachliche Fähigkeiten wie Wortverständnis und Wortflüssigkeit, rechnerische Fähigkeiten sowie figural-räumliches Vorstellungsvermögen. Anders als beim Intelligenzdurchschnitt lassen sich bezüglich solcher Fähigkeiten gewisse Unterschiede zwischen den Geschlechtern finden. Tendenziell schneiden weibliche Personen bei sprachlichen Aufgaben besser ab, männliche eher beim räumlichen Vorstellungsvermögen. Allerdings sind dies nur statistische Trends! Das heißt, die
Mittelwerte
weiblicher und männlicher Personen differieren ein wenig. Viel größer sind jedoch die Unterschiede
innerhalb
der weiblichen und
innerhalb
der männlichen Bevölkerung.
Grenzen: Was im IQ nicht enthalten ist
Obwohl das traditionelle Intelligenzverständnis durchaus nicht schmalspurig ist, da es ja verschiedene Fähigkeiten umfasst, betonen doch viele Experten, dass es bei weitem nicht das gesamte Spektrum menschlicher Denkfähigkeiten abbildet, sondern im Wesentlichen nur jenen Ausschnitt, der mit typischen Anforderungen in Schule und Studium zu tun hat.
Aber was für Denkleistungen könnte es denn noch geben? Ein interessanter Aspekt ist
Kreativität
. Bei ihr geht es weniger um logisches Folgern, Abstrahieren etc., sondern um das Produzieren von neuen Ideen, besonders
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