Abschied von Eden
eine von deinen Schwägerinnen. Wahrscheinlich Shayna. Das ist doch die, die keinen Brooklyn-Akzent hat.«
»Ja.« Rina fing an, die Lebensmittel auf dem Wohnzimmertisch auszupacken. »War sie unfreundlich zu dir?«
»Regelrecht unverschämt. Eigentlich ungewöhnlich für sie. Sie war doch immer die Nette.«
»Vielleicht hat sie sich über irgendwas aufgeregt.«
Decker warf ihr einen säuerlichen Blick zu.
»Es tut mir wirklich leid«, sagte Rina.
»Na ja.« Decker stand auf und küßte sie. »Vergiß, daß ich überhaupt was gesagt habe. Du kannst ja nichts dafür. Ich hatte einen frustrierenden Tag.«
Rina umarmte ihn. »Marge sieht schon besser aus.«
»Hast du sie besucht?«
»Ich hab’ ihr einen Kuchen vorbeigebracht. Von uns beiden.«
Decker lachte. Als ob Marge glauben würde, daß er auf die Idee käme, ihr einen Kuchen zu schenken. »Habt ihr euch gut unterhalten?«
Sie lächelte. »Es ist erstaunlich, wie gleich wir dich sehen.«
»Was heißt das?«
»Geht dich nichts an«, sagte Rina. Dann ging sie mit einem Arm voller Lebensmittel in die Küche und fing an, das Gemüse zu waschen.
»Das ist nicht fair«, sagte Decker und folgte ihr.
Rina drückte ihm einen Kopfsalat in die Hand. »Du wäschst ihn, dann nimmst du ein Messer und schneidest ihn in kleine Stücke. Meinst du, das schaffst du?«
»Richtige Männer machen keinen Salat.«
»Versuch’s mal. Stell dir vor, du würdest Beweismaterial durchgehen. Ich muß in New York anrufen.« Sie küßte ihn auf den Mund, dann rümpfte sie die Nase. »Und falls wir heute abend irgendwo hingehen, fahre ich. Wie viele Biere hast du denn schon geschluckt?«
»Beichten ist in meiner Religion nicht vorgesehen«, sagte Decker und drehte den Wasserhahn voll auf, worauf nicht nur der Salat, sondern auch sein Hemd völlig gebadet waren. »Scheiße.«
»Üben, Peter«, sagte Rina lachend. »Üben.« Dann fing sie an zu wählen, und ihr Gesicht wurde plötzlich ernst.
»Shaynie, hier ist Rina … Was? Beruhige dich, ich versteh’ dich nicht …«
»Was ist los?« fragte Decker.
»Sie ist völlig hysterisch.« Rinas Stimme zitterte. Sie fing an, auf und ab zu gehen. »Beruhige dich doch. Ist mit meinen Jungen alles in Ordnung?«
»Was?« drängte Decker.
Rina legte eine Hand auf ihre Brust und beachtete ihn nicht weiter. »Bist du sicher? Kann ich mit ihnen sprechen? … Aber es geht ihnen gut … Und allen anderen auch? … Du hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt …« Sie ließ sich gegen die Wand sinken. »Hör auf zu weinen und erzähl mir, was passiert ist.« Sie schwieg einen Augenblick, dann sagte sie: »O nein … o Gott … wie geht’s Esther?«
»Was ist denn?« fragte Decker.
Rina legte eine Hand über den Hörer und flüsterte. »Pessy.«
Decker blies seine Backen auf und sagte: »Der Pessy?«
Rina nahm die Hand von der Muschel und fragte Shayna: »Wann ist das passiert? … Habt ihr einen Anwalt?«
Decker fing an zu grinsen. »Was ist denn dem lieben Pessy passiert?«
»Verhaftet«, flüsterte Rina ihm zu. »Nehmt nicht den Pflichtverteidiger. Ihr braucht einen privaten Anwalt, Shayna, jemand, der sich mit so was auskennt … ja, ich weiß, daß das peinlich ist, aber …«
Decker fing an zu lachen.
Rina bat ihre Schwägerin, einen Augenblick zu warten. »Hör auf, Peter!«
»Laß mich raten«, sagte Decker. »Er hat einer Undercover-Polizistin einen unsittlichen Antrag gemacht.«
»Noch schlimmer«, sagte sie. »Er wurde bei einer Razzia aufgegriffen.« Dann sagte sie zu Shayna: »Ja, ich bin noch da … Shayna, er steht direkt hinter mir. Was soll ich denn tun, ihn anlügen? … Er gehört zur Familie. Er ist meine Familie, okay? … Ja … Ja … hör auf zu weinen. Es tut mir leid … ja, ich weiß, daß du furchtbar unter Streß stehst … Wo ist Esther?«
Rina schüttelte den Kopf und setzte sich hin. Decker mußte sich zusammenreißen, um nicht noch mehr zu lachen.
»Wer kümmert sich denn um ihre Kinder, wenn sie unter Beruhigungsmitteln steht?« fragte sie. »Ima hat meine und die von Esther? Sie kann sich doch nicht um sieben Kinder kümmern! … Okay. Okay … Ich nehm’ den nächsten Flug, den ich kriegen kann … Woher soll ich denn wissen, wann die Maschine geht?«
Rina verdrehte die Augen.
»Hör bitte auf zu weinen, Shayna. Ich komm’ ja, aber ich muß erst alles organisieren … Ich versuch’s noch vor dem Schabbes zu schaffen. Vor morgen abend … Noch früher geht’s wohl nicht, aber das
Weitere Kostenlose Bücher