Abschied von Eden
sich. Ein etwa dreißigjähriger Mann mit nacktem Oberkörper kam unter dem Auto hervor. Sein glattrasiertes Gesicht war völlig verschmiert. Das Grün seiner Augen wirkte ein wenig schmutzig, doch mit scharfem Blick hatte er Decker sofort als Polizisten eingestuft. Hoersch stand auf, wischte sich seine ölverschmierten Hände an seinen Shorts ab, sagte aber nichts.
»Hoersch?« fragte Decker.
»Das bin ich.«
»Kann ich Sie einen Augenblick sprechen?«
»Wer sind Sie?« fragte Hoersch.
Decker ließ seine Brieftasche aufklappen. »Ich bin wegen keiner offiziellen Sache hier.«
»Weshalb sind Sie dann hier?«
»Vor ungefähr einer Woche haben Sie und Alfredo Torres einen dringenden Einsatz drüben in Hollywood übernommen. Das Opfer, eine Nutte, war mit einem Messer verletzt worden und mußte ins Krankenhaus. Die Frau hatte den Täter, einen Krüppel, abgewehrt, indem sie ihm eine Lampe über den Kopf schlug.«
»Yeah«, Hoersch nickte, »ich erinnere mich. Was hat Foothill damit zu tun?«
»Der Krüppel ist ein Freund von mir«, sagte Decker.
Hoerschs Augen verengten sich, und er wippte auf seinen nackten Fußballen.
Decker zog lächelnd seine Jacke aus und legte sie sich über den Arm. »Kein Trick dabei, Hoersch. Ich bin weder hier, um Sie zu bestechen, noch um Sie in die Enge zu treiben oder Ihnen eine Falle zu stellen. Und ich bin nicht vom IAD.«
Hoersch musterte Deckers legeres Hemd und seine ungebügelte Hose. »Sie sehen auch nicht aus wie jemand vom IAD«, fügte er hinzu.
»Danke für das Kompliment«, sagte Decker. »Ich würd’ Ihnen nur gern ein paar Fragen zu diesem Einsatz stellen.«
Eine junge Frau in einem Bikinioberteil und abgeschnittenen Jeans kam aus der Haustür. Sie betrat die Garage, blieb aber stehen, als sie Decker sah.
»Gönnen Sie ihm doch das bißchen Freizeit«, sagte sie. »In ein paar Stunden muß er wieder zum Dienst.«
»Ins Haus, Terry«, sagte Hoersch.
»Andy ist am Telefon«, sagte Terry.
»Sag ihm, ich ruf’ ihn zurück«, blaffte Hoersch sie an.
»Mein Gott, okay!« Terry machte einen Schmollmund. »Brauchst ja nicht gleich zu schreien.«
Als sie gegangen war, sagte Decker: »Nur ein paar Fragen, dann bin ich gleich wieder weg.«
»Machen Sie sich ihretwegen keine Gedanken«, sagte Hoersch.
»Als Sie an den Tatort kamen, war da jemand bei der Frau?«
»Ich glaube eine Nachbarin.«
»Sind Sie sicher, daß es eine Nachbarin war?«
»Hat sie jedenfalls behauptet«, sagte Hoersch. »Ich glaub’, sie hat gesagt, sie wär’ diejenige gewesen, die angerufen hat. Sie hielt die Hand des Opfers und gab so einen weinerlichen Gospelsingsang von sich, wie das Schwarze in diesen alten Filmen immer tun. ›Lordy, Lordy.‹ Diese Art Scheiße. Das Opfer blutete ganz fürchterlich. Al – Officer Torres – hat sich sofort darum gekümmert. Er hat ein Handtuch genommen und versucht, die Blutung zu stillen. Ich hab’ dem Täter Handschellen angelegt.«
»Woher wußten Sie denn, wer der Täter war?«
»Er war der einzige Mann im Zimmer. Außerdem hat die Nachbarin zwischen ihren Lordies immer wieder auf ihn gezeigt und gesagt: ›Er war’s! Er war’s!‹«
»Die Nachbarin hat ihn also beschuldigt.«
»Yeah.«
»Wie konnte sie das? Hat sie ihn auf frischer Tat ertappt?«
»Ich glaube, ja.«
»War die Nachbarin mittleren Alters?«
»Yeah?«
»Können Sie sich an ihren Namen erinnern?«
»Nicht aus dem Stand.«
»Hieß sie vielleicht Leandra Walsh?«
»Ich glaub’, der Vorname war Leandra«, sagte Hoersch. »Aber der Nachname war nicht Walsh.«
»Meinen Sie, Sie können sie identifizieren«, fragte Decker.
»Yeah.« Hoersch verlagerte das Gewicht und schob eine Hüfte vor. »Warum?«
»Was hat der Täter gemacht, als Leandra immer wieder ›Er war’s! Er war’s!‹ rief.«
»Er war ganz benommen«, sagte Hoersch. »Leandra hatte ihm eine Lampe über den Schädel gezogen.«
»Leandra hat dem Täter eine Lampe über den Schädel gezogen?«
»Yeah«, sagte Hoersch nickend.
»Nicht das Opfer?«
»Auf gar keinen Fall!« Hoersch lachte. »Das Opfer kämpfte um sein Leben.«
»Detective Andrick hat in seinem Bericht geschrieben, das Opfer hätte dem Täter eins über den Kopf gegeben.«
»So hab’ ich’s nicht gesehen oder gehört. Natürlich könnten sie Detectiv Andrick was anderes erzählt haben. Sie wissen ja, wie das ist. Die Leute bringen ständig alles durcheinander.«
»Natürlich«, sagte Decker. »Als Sie mit Leandra gesprochen haben,
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