Abschied von Eden
wie’s heute war?«
Decker schüttelte den Kopf.
»Darf ich denn wenigstens fragen, ob ihr die Eltern von dem kleinen Mädchen gefunden habt?«
Decker zuckte zusammen. »Yeah, die haben wir gefunden.«
Seine Stimme klang plötzlich angespannt. »Vergiß es«, sagte Rina. »Vergiß, daß ich gefragt habe.«
Decker trank einen Schluck Bier und fragte dann: »Warst du bei deinen Eltern?«
»Das kannst du auch vergessen«, sagte Rina.
»Soviel zum Thema Konversation«, sagte Decker lachend.
»Ich hab’ dir schon was Interessantes zu erzählen«, sagte Rina.
»Was denn?«
»Ich hab’ heute einen alten Freund von dir kennengelernt.«
»Einen Freund von mir ?«
»Abel Atwater«, sagte Rina.
Decker erstarrte mitten in der Bewegung, versuchte jedoch, seine Stimme normal klingen zu lassen. »Tatsächlich?«
»Yep, wie du sagen würdest.«
»Wie hast du ihn kennengelernt?« Decker senkte seine Gabel.
»Er arbeitete in deiner Scheune, befestigte Bohlen oder so. Er hat erzählt, daß er mit dir bei der Armee war. Ich wußte gar nicht, daß du bei der Armee warst.«
Decker antwortete nicht sofort, sondern stieß die Zunge gegen seine Wangen. Dann fragte er: »Wie lange hast du mit ihm geredet?«
Rina starrte ihn fragend an. Sein Blick war hart geworden. Zuerst glaubte Rina, Eifersucht zu spüren, doch dann kam sie zu dem Schluß, daß es etwas anderes war. »Mann, ich weiß nicht … fünf, zehn Minuten. Ist was nicht in Ordnung?«
»Wie man’s nimmt.« Decker lachte. »Ich weiß nicht. Ich finde es nur irgendwie merkwürdig, daß du dich mit einem Mann unterhältst, den du noch nie gesehen hast – angesichts deiner Erfahrungen mit Männern.«
Rina schwieg erschrocken.
»Ich meine, ganz im Ernst, Honey«, fuhr Decker fort, »dieser Typ hätte Gott weiß wer sein können.«
»Er hat deinen Namen erwähnt, bevor ich …«
»Er kannte also meinen Namen. Na und. Ich bin Polizist. Tausende von Idioten kennen meinen Namen, und einer von denen könnte aus einem ganz persönlichen Grund hierhergekommen sein, und ich verstehe überhaupt nicht, wie, zum Teufel, du dich mit diesem Kerl unterhalten …«
»Peter, ich …«
»Weißt du, was du hättest tun sollen, als du gesehen hast, daß ein fremder Mann in der Scheune war? Du hättest sofort ins Haus laufen, die Tür schließen und mich anrufen sollen. Was, zum Teufel, hast du dir dabei gedacht, als du dich mit diesem Kerl unterhalten hast? Rina, ich hab’ viele üble Männer hinter Gitter gebracht. Es ist zwar unwahrscheinlich, daß einer von denen hier auftaucht, um mit mir abzurechnen, aber nicht undenkbar. Also, solange du nicht weißt, wen du vor dir hast, machst du hier nicht einen auf höfliche Konversation.«
»Peter …«
»Machen wir uns doch nichts vor, Honey. Dein ehemaliger Freund, der versucht hat, dich zu vergewaltigen, dein Arschloch von Schwager – offenbar hast du ein Talent, Verrückte anzuziehen.«
Rina nahm ihre Serviette vom Schoß und schmiß sie auf ihren Teller. »Das spricht ja nicht gerade für dich.«
Sie stürmte ins Haus.
Decker blieb noch einen Augenblick sitzen, um sich zu beruhigen. Nach etwa einer Minute wurde ihm klar, daß er absolut versagt hatte. Er hörte Marges Stimme: Wie läuft’s denn so …
Er rieb sich durchs Gesicht, aß noch ein Stück Forelle. Dann stand er auf und ging ins Haus. Er fand sie im Schlafzimmer, wo sie mit verschränkten Armen auf der roten Steppdecke saß. Sie hatte das Bett gemacht und die Schlafzimmermöbel poliert – als ob sich das lohnen würde. Bloß ein paar knorrige Kiefernbretter, die er zu einer Kommode und zwei Nachttischchen zusammengehauen hatte. Doch sie war ganz beeindruckt gewesen und hatte ihm erklärt, wie talentiert er sei. Die Nachmittagssonne schien durch das Fenster und warf einen hellen Lichtkreis auf die Kommode. Rina hatte das Holz äußerst sorgfältig poliert und so lange gerieben, bis es glänzte. Als er sich neben sie setzte, spürte er ein flaues Gefühl im Magen.
»Es tut mir leid«, sagte er.
Sie stand auf und begann hin- und herzugehen. Sie dachte an das, was ihr damals passiert war, an den Mann, den sie für einen Freund gehalten hatte und der versucht hatte, sie zu vergewaltigen. An die fürchterlichen Nächte, die darauf gefolgt waren, und wie Peter für sie dagewesen war. Seine tröstenden Worte, seine beruhigende Stimme. Jetzt hatte er in einem unbeherrschten Moment ihr Selbstvertrauen zerstört, wie man eine Laufmasche in einen Strumpf reißt.
»Ich
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