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Abschiedskuss

Abschiedskuss

Titel: Abschiedskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Hellberg
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die Augen, aber lässt die Typen nicht aus den Augen, nicht einmal, als er dem freundlichen Königspudel ausweichen muss, der auf dem Weg zur Tür ist. In Nikitas Richtung gebeugt zischt er:
    »Ist er das? Der göttliche Junge in der Mitte …?«
    Sie windet sich wie eine große, elegante Katze, bevor sie antwortet:
    »Oh yes. Rupert Davenport-Smythe. Ein edler Leckerbissen, nicht wahr? Das, was Nikita diese Woche schmeckt. Aber er will scheinbar mehr.«
    Ich sage nichts, aber als Rupert Davenport-Smythes Augen auf Nikita fallen, sehe ich ein wildes Feuer darin lodern. Ja. Kein Zweifel, dass er mehr will.
    Ashley stemmt sich mit beiden Händen auf den Bartresen und sieht uns an, bereit, die erste Runde zu bestellen.
    »Scrumpy?«, will er gut gelaunt wissen, und Nikita nickt nachdrücklich.
    »Scrumpy! Maja, Scrumpy?«
    Ich habe nur die vage Vorstellung davon, dass Scrumpy eine Art Cider ist, ein passendes Herbstgetränk also. Ich nicke.
    Das Gebräu ist trüb, säuerlich und ziemlich widerwärtig. Wir lassen uns aber nichts anmerken und trinken schweigend ein Viertel unserer Pints. Aber dann gibt Nikita auf, lacht und schiebt ihr Glas weg.
    »Bin ich die Einzige … die damit Mühe hat …?«
    Ash schüttelt so energisch den Kopf, dass seine runden Wangen beben.
    »Nein, pfui Teufel. Ich auch. Was haben wir uns eigentlich dabei gedacht?«
    »Das liegt daran, dass man Scrumpy Jack nur einmal im Jahr trinkt«, meint Nikita. »Es klingt so nett, aber man vergisst darüber …«
    »Hm«, unterbricht sie Ash leise. »Apropos Jack …«
    Ich drehe meinen Kopf gerade noch rechtzeitig herum, um ein Stück Mantel und einen dunklen Haarschopf durch die Tür mit den Plakaten verschwinden zu sehen.
    »War er allein?«, frage ich und versuche, gleichgültig zu klingen.
    »Glaube schon«, sagt Ash. »Er wohnt, soweit ich weiß, mit ein paar anderen Studenten in einem Haus in Jericho, aber ich sehe ihn nie mit jemandem zusammen.«
    »Wundert mich nicht, dass er immer allein ist«, sagt Nikita mit übertrieben scharfer Stimme. »Ich finde irgendwas an ihm falsch «, erklärt sie. »Diese Bilder … die Kleider … und dann sein Auftreten. Eremit mit ständigen Depressionen. Also, mir laufen bei seinem Anblick kalte Schauer über den Rücken.«
    Ashley wirft mir von der Seite einen mitfühlenden Blick zu.
    »Na ja«, meint er langsam, als müsse er seine Worte sorgfältig wählen. »Er ist ein bisschen affektiert. Aber auch wahnsinnig begabt und auf eine abstoßende Art gutaussehend. Vielleicht ist er ja total nett, wenn man ihn erst einmal näher kennenlernt, wer weiß?«
    Ich sage nichts, aber das Messer, das ich im Zeichensaal gefunden habe, liegt wie ein glühender Metallklumpen ganz unten in meiner Tasche. Ich muss mich zwingen, an etwas anderes zu denken. Über etwas anderes zu sprechen. Ich schiebe mir ein paar Haarsträhnen hinter die Ohren. Nikita vergisst sich, trinkt automatisch einen Schluck von ihrem übelschmeckenden Cider und schüttelt sich.
    »Idiot«, murmelt sie halblaut, nimmt unsere Gläser und steht auf, um zur Bar zu gehen.
    »Eine Flasche Wein für alle?«, fragt sie, und wir nicken.
    »Okay, bin gleich zurück.«
    »Um von etwas anderem zu sprechen, Ash. Kann ich dich kurz was fragen?«, beginne ich und fingere an einem Bierdeckel.
    »Das Massaker von Mill Creek Manor. Was wissen wir eigentlich darüber? Ich will jetzt keine Gerüchte und keinen Klatsch hören. Was weiß man sicher?«
    Ashley lehnt sich zurück, knöpft seinen Blazer auf und kratzt sich am Kopf.
    »Ich weiß nicht viel mehr als das, was ich schon am ersten Abend erzählt habe«, sagt er. »Aber es gibt natürlich jede Menge Gerüchte. Irgendwie scheint das nie aufzuhören, die ganze Geschichte ist einfach zu unheimlich. Aber so etwas wolltest du ja nicht hören, oder?«
    »Doch, schon, erzähl mal«, sage ich und ziehe die Ärmel meiner Jacke über die Hände. Ash fährt sich mit einem Finger über den Unterkiefer und kratzt geistesabwesend seine Bartstoppeln.
    »Mama war in der Tat ein wenig beunruhigt, als ich ein Zimmer im Mill Creek Manor bekam«, lächelt er. »Sie erinnert sich noch recht gut an die Zeitungsartikel. Das Ganze ist offenbar in Zimmer 46 im Nordflügel geschehen. Es war eine Party auf dem Zimmer von Emma Isherwood.«
    »So ein Quatsch. Im Mill Creek Manor gibt es kein Zimmer 46. Hör dir seine Gespenstergeschichten nicht an«, sagt Nikita und stellt drei Weingläser und eine entkorkte Weinflasche auf den Tisch, dann setzt

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