Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abschlussfahrt

Abschlussfahrt

Titel: Abschlussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
Vom Netzwerk:
wagemutig beschützen könnte. Na ja, egal, bin ja nicht verliebt.
    Die Knutscherei geht weiter, verständlich. Wenn man so lange auf etwas gewartet und gehofft hat und es dann in Erfüllung geht, muss man es erst mal festhalten und genießen.
    Nele und ich versuchen demonstrativ nicht hinzugucken und so zu tun, als wären wir ganz woanders.
    »Glaubst du, dass Wuttke uns morgen trotzdem mit an den Strand lässt?«, fragt Nele.
    »Klar, warum nicht?«, antworte ich.
    »Na ja, er war schon sehr angepisst.«
    »Was bleibt ihm denn anderes übrig? Euch allein ohne Aufsicht hierlassen? Wohl kaum.«
    Nele nickt. »Stimmt auch wieder.«
    Wir schielen beide kurz zu Seba und Yvonne. Ob die überhaupt noch mal Luft holen zwischendrin? Oh, Mann. So langsam werde ich echt neidisch. Es ist ewig her, dass ich das letzte Mal geküsst habe. Ich will auch mal wieder küssen. Küssen ist klasse. Zu blöd, dass man dazu ein Mädchen braucht, das einen auch küssen möchte.
    »Und wer küsst mich?«, höre ich mich leise sagen.
    Oh, Scheiße! Hab ich das wirklich ausgesprochen? Das wollte ich gar nicht!
    »Och, du armer, ungeküsster Junge«, sagt Nele mit gespieltem Bedauern. »Das lässt sich doch ganz einfach ändern. Komm her.«
    Sie lächelt, nimmt meinen Kopf zwischen beide Hände und drückt mir einen Kuss auf den Mund, ohne Zunge, die Lippen fest geschlossen.
    Ich verkrampfe total, das kam jetzt viel zu überraschend. Und das ist immer noch Nele, meine beste, platonische Freundin Nele. Das geht doch nicht. Wobei, zugegeben, ganz unangenehm fühlt sich das nicht unbedingt an.
    Ich ertappe meine Zunge dabei, wie sie langsam, aber gierig meine Vorderzähne ansteuert. Nein, auf gar keinen Fall, halt dich zurück! Das gehört sich nicht! Verdammt, jetzt lockern sich auch noch ihre Lippen! Sie wird doch nicht … Nein, sie löst sich nur langsam von mir. Scheiße, war das knapp.
    Sie lächelt mich an. »Und, besser?«
    »Äh … ja.« Ich lächle verlegen zurück. »Danke.«
    »Ach, nichts zu danken. Wozu hat man schließlich Freunde?«
    Freunde. Genau. Gut, dass das noch mal gesagt wurde. Sehe ich haargenau so. Freunde. Alles in Ordnung. Ich muss hier weg. Henny. Nele. Küssen. Das war zu viel für meine Leistengegend. Ich brauche Abkühlung, und zwar dringend. Duschen. Kalt. Sofort.
    »Also dann, bis morgen«, sage ich und will gerade vom Stuhl steigen, als Nele sich wieder meinen Kopf schnappt und mich noch mal genauso wie eben auf den Mund küsst.
    »Nur zur Sicherheit«, sagt sie lächelnd, als sie mich wieder loslässt. »Quasi als Vorrat für schlechte Zeiten. Bis morgen dann. Ich freu mich schon auf den Strand.«
    »Ja, ich mich auch«, sage ich noch, während ich vom Stuhl steige. »Bis dann.«
    Zwanzig Minuten später trockne ich mich ab. Die Dusche war sehr erfrischend. Und erleichternd. Henny. Nele. Küssen. Alles weg. Das war wie Naseputzen fürs Gehirn, sehr befreiend. Heute werde ich mit Sicherheit gut und schnell einschlafen.
    Als ich in unserem Zimmer ankomme, sind die Jungs auch wieder zurück und in bester Sauflaune. Wir fangen an zu würfeln, die nächste Flasche Wodka überlebt gerade mal eine halbe Stunde.
    Kurz vor elf schwebt Seba ins Zimmer und wird mit tosendem Applaus begrüßt. Da mich diesbezüglich niemand zum Schweigen aufgefordert hatte, habe ich die Neuigkeit natürlich schnellstmöglich verbreitet, ohne schlechtes Gewissen, denn das ist ja schließlich eine gute Nachricht und nicht einfach nur Klatsch und Tratsch. Seba ist mir auch nicht böse, er strahlt von einem Ohr bis zum anderen, verständlich. Wahrscheinlich könnte Marlon ihn jetzt sofort von oben bis unten mit Edding vollkritzeln und er würde immer noch glückselig grinsen.
    Dressel schiebt seinen Kopf ins Zimmer und warnt uns, dass Wuttke im Anmarsch ist. Wir verstauen hektisch die leeren Flaschen unter den Betten, gerade noch rechtzeitig, keine Minute später steht Wuttke vor uns.
    »So, Zapfenstreich, Leute. Alles in Ordnung bei euch? Geht’s euch gut?«
    Wie bitte? Was sind denn das plötzlich für Töne? Das klingt so fürsorglich. Und das ausgerechnet bei uns? Ob er krank ist?
    »Alles bestens, Chef«, sagt Marlon. »Und selbst? Die Handtaschenaffäre verdaut?«
    »Ach, wisst ihr«, seufzt Wuttke, »ich hatte ja fest mit Ärger gerechnet. Aber eher aus eurem Lager hier. Von den Mädchen hätte ich so was ehrlich gesagt nicht erwartet. Das hat mich schon ziemlich enttäuscht.«
    »Ach, so ist das!« Marlon grinst. »Ihnen wäre es

Weitere Kostenlose Bücher