Abschlussfahrt
Das wäre doch … Ach du Scheiße! Jetzt fällt’s mir wieder ein! Das hab ich ja total verdrängt! Wegen der ganzen Handtaschenaffäre und dem Trubel! Aber das war doch nur … das hab ich doch nicht … Seba, du bist ein toter Mann!
»Oh, Mann!« Ich klatsche mit beiden Händen flach aufs Wasser. »Dieser Vollidiot! Ich bring ihn um!«
»Also hast du es wirklich gesagt?«
»Ja! Aber doch nur, weil Seba mir die ganze Zeit damit auf den Sack gegangen ist! Er hat mich ständig gelöchert, ob zwischen uns was laufen würde und so weiter! Und um ihn ruhig zu stellen, hab ich dann eben gesagt, wir wären zusammen! Aber es kommt ja nicht nur darauf an, was man sagt, sondern auch wie man es sagt! Und ich habe das mit einem klar sarkastischen Unterton zu ihm gesagt! Aber das hat er anscheinend nicht kapiert, dieser Trottel! Und dann hat er auch noch nichts Besseres zu tun, als es gleich Yvonne zu erzählen!«
»Sie hat sich aber sehr für uns gefreut, das war richtig süß«, bemerkt Nele grinsend.
Ich verdrehe genervt die Augen. »Ja, toll! Seba war auch ganz begeistert! Idioten!«
»Was wäre denn so schlimm daran, mit mir zusammen zu sein?«, fragt Nele.
Wie bitte? Was soll denn diese Frage jetzt? Ich dachte, es geht gerade um Seba und Yvonne, diese Tratschmäuler.
»Findest du mich etwa so abstoßend?«
Nele schwimmt einen Zug näher.
»Was? Äh … nein! Überhaupt nicht! So war das doch gar nicht gemeint! Ich wollte doch bloß klarstellen, dass ich das Seba nur erzählt habe, um meine Ruhe zu haben. Nicht, dass du denkst, ich …«
»Weißt du, was ich denke?«, unterbricht sie mich und schlingt wieder ihre Beine um mich.
Ich schüttle den Kopf.
»Ich denke, wir sollten Seba und Yvonne den Gefallen tun.«
»Wie jetzt?«
Ich stehe gerade ohne Bodenhaftung mit den Beinen strampelnd auf dem Schlauch. »Was für einen Gefallen denn?«
»Na, wenn die beiden sich so sehr darüber freuen, dass wir endlich zusammen sind, dann lassen wir sie doch in dem Glauben.«
Moment. Moment mal. Verstehe ich das gerade richtig?
»Du meinst …«
Weiter komme ich nicht. Ihre Lippen verschließen erneut meinen Mund und wir tauchen wieder ab. Okay, jetzt habe ich es verstanden. Oder? Sind wir jetzt zusammen, oder tun wir nur so, um Seba und Yvonne eine Freude zu machen? Aber wie sollen sie sich darüber freuen, wenn wir hier quasi unsichtbar für alle im Vorgarten von Atlantis rumknutschen? Das macht irgendwie keinen Sinn. Aber Spaß macht es. Mir zumindest. Und ich will jetzt mal davon ausgehen, dass Nele das ähnlich sieht, sonst hätte sie ja wohl kaum damit angefangen. Und aus rein karitativen Gründen küsst man auch nicht so. Trotzdem, da muss ich dann doch vorsichtshalber noch mal nachfragen. Aber erst, wenn wir wieder oben sind, was von mir aus gerne noch eine Weile dauern kann. Zur Hölle mit diesem Platon und seiner komischen Freundschaft, das hier ist viel besser.
Wir tauchen noch ein paarmal auf und ab, bevor wir zurück Richtung Strand schwimmen. Als wir wieder Boden unter den Füßen spüren, bleiben wir stehen und küssen uns, über Wasser, für alle klar und deutlich sichtbar.
»Also, sind wir jetzt zusammen?«, frage ich, als wir uns voneinander lösen.
»Nö«, erwidert Nele. »Wir tun nur so. Oder ist das ein Problem für dich?«
Das ist kein Problem, das ist perfekt. Freundschaft plus unverbindliches Küssen. Ein völlig neues Modell der Partnerschaft. Da hätte man ruhig schon früher draufkommen können.
»Absolut nicht.«
Wir küssen uns wieder.
Den Rest des Nachmittags verbringen wir damit, möglichst jede von Wuttkes aufgestellten Regeln zu brechen. Wir entfernen uns von der Gruppe und vergraben Betzel bis zum Kopf im Sand. Marlon will ihm auf den Kopf pinkeln, aber wir können ihn davon abhalten. Dafür pinkelt er dann ins Meer. Wir entern das Tretboot, in dem Susi und Strolch sitzen, und kippen es samt Passagieren um. Lars schafft es, mit bloßen Händen einen kleinen Fisch im Wasser zu schnappen, und steckt ihn der Panzer hinten in den Badeanzug. Marlon stellt einem fliegenden Händler ein Bein, der daraufhin auf die Sandburg eines kleinen Engländers fällt, was fast zu einer Massenschlägerei führt. Seba und Yvonne beschlagnahmen den Strandkorb eines französischen Ehepaars, das kurz ins Wasser geht, um darin rumzumachen. Als das Ehepaar zurückkommt, gibt es fast eine Schlägerei zwischen Yvonne und der Frau.
Wir starten die größte strandübergreifende Sonnencremeschlacht
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