Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall
Meine Kollegin
sagte mir, dass der Herr in der Dusche ausgerutscht war, und ich dachte, da
wartest du schön, bis der Arzt und die Leute weg sind, und dann fragst du: Can
I make clean? Now? «
Mercedes
erzählte weiter, dass sie ein Zimmer nach dem anderen geputzt habe, und als sie
sich gerade aufgerafft hatte, um bei Hakan zu klopfen, da erschien der Kellner
Mert mit einem großen Tablett und bat sie, das Zimmer mit ihrer Chipkarte zu
öffnen. Sie schlüpfte hinter Mert hinein, doch Hakan wedelte sie energisch
wieder hinaus, er wollte beim Essen nicht gestört werden. Als Mert aus dem
Zimmer trat und die Tür hinter sich zuzog, hörten sie wilde Flüche und Geschrei
aus dem Zimmer.
»Erst
dachte ich, dass er mit jemandem schimpft, aber als ich später bei ihm
saubermachen durfte, hat er mir erklärt, dass ich nicht die Tür zumachen soll, don’t,
the devil, shut the door , und da wusste ich, dass er den armen, alten Mert
beschimpft hat.«
»Wann
war das? Wann durften Sie rein?«
»Das
war so gegen halb elf, leider erst. Hat mir alles durcheinandergebracht.«
»Ich
habe jetzt eine wichtige Frage, Mercedes, und ich möchte, dass Sie ganz genau
überlegen, bevor Sie antworten.«
Mercedes
beugte sich vor und runzelte die Stirn, als würde sie bereits im Vorfeld
angestrengt nachdenken, um die nette Rezeptionistin, die so wunderschön in
ihrer Muttersprache gurrte, nicht zu enttäuschen.
»Als
sie die Dusche saubergemacht haben, ist Ihnen da etwas aufgefallen? Ich meine,
lag da noch ein Stück Seife oder waren da Seifenspuren? Irgendein Hinweis,
meine ich, warum Hakan Hunsfos so böse ausgerutscht ist?«
Mercedes
entspannte sich und lächelte erfreut. Das hier war einfach!
»Aber
ja! Ich hab’s zuerst nicht gesehen, weil die Kacheln doch so eine gelbe Farbe
haben, mit solch einem braunen Muster drin, wie Schokosprengsel, Sie kennen
sie, oder? Aber dann hab ich mich hingekniet und wollte mich mit einer Hand
abstützen und mit der anderen ordentlich schrubben und da bin ich ausgerutscht.
Und ich hab meine Finger angesehen und die waren ganz ölig!«
»Ölig?
Von Duschöl?«
»Nein,
von Olivenöl, da war gelbes Olivenöl. Der ganze Boden war damit voll, aber
nicht zuviel, soviel, wie ich für ein Backblech nehmen würde, wenn ich es nur
einfetten möchte. Soviel.«
»Hat
Sie das nicht gewundert? Ich meine, Olivenöl in der Dusche?«
»Was ist so merkwürdig daran?«,
fragte Mercedes erstaunt. »Wenn Sie wüssten, was ich alles so sehe und
wegputze! Da würden Sie sich auch keine Gedanken mehr machen. Madre mia, dachte
ich so bei mir, da hat er wohl Olivenöl in der Dusche gebraucht. Wofür ,
danach frage ich nicht, das will ich gar nicht wissen. Man bekommt die Bilder
sonst nicht aus dem Kopf und meine Arbeit ist anstrengend und mitunter ekelhaft
genug.«
»Auf
die Gefahr hin, dass ich heute Nacht noch einen Herzklabaster bekomme: Könnten
Sie uns bitte noch einmal solch einen Ostfriesentrunk aufsetzen?«, bat Seda,
nachdem sie ihre Erzählung beendet hatte. Schmalfuß verneigte sich leicht und
machte sich ans Werk, froh, dass seine ‚Waterkant‘-Mischung sie alle wach und
aufrecht an der Reling hielt, egal wie stürmisch die Brandung wurde.
»Olivenöl,
soso«, meinte Kadir und trommelte mit den Fingern nachdenklich auf seine
Unterlippe. »Wenn er nicht wirklich irgendwelche merkwürdigen Dinge damit
veranstaltet hat…«
»Als
ich noch lange Haare hatte, habe ich sie oft in Olivenöl gebadet«, verteidigte
Seda das Öl, das in Verruf zu geraten drohte. »Eine bessere Haarkur gibt es
nicht!«
Kadir
rutschte von seinem Sessel und fiel vor Seda auf die Knie.
»Bitte,
liebe Seda«, rief er in verzweifeltem Ton, die Hände ihr flehentlich
entgegengestreckt. »Bitte, lassen Sie mir eine letzte Illusion, einen letzten
Hort ungetrübten Glaubens an unerschütterliche Männlichkeit alten, längst
überholten Schlages! Lassen Sie mich weiter der, ich sage es gerne,
machotriefenden Phantasie anhängen, dass ein herrlicher, muskelbepackter
Stürmerstar sich keine Gedanken um Haarkuren macht, und schon gar nicht um
Ölhaarkuren!«
»Ich
würde mich dem gerne anschließen, Herr Bülbül«, verkündete Schmalfuß, der
gerade erfolglos versuchte, den Deckel der Teedose zu schließen. »Ja, isses
denn, vermaledeit, aber auch, das ging doch vorhin noch zu…«
»Es könnte aber sein«, beharrte Seda unerbittlich. »Ich habe Hakan Hunsfos
öfter von hinten gesehen, nämlich immer dann, wenn er sich zackig am
Weitere Kostenlose Bücher