Absender unbekannt
Zeitungen lagen. „Ich dachte, ihr hättet den Fall zu den Akten gelegt.“
„Es hat ein paar neue Entwicklungen gegeben“, entgegnete ich und lächelte zuversichtlich, obwohl ich mich ganz und gar nicht so fühlte. Ich warf einen Blick auf die Zeitungen in Erics Kofferraum. „Hebst du die auf?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich werf sie da rein und bringe sie zum Altpapiercontainer, wenn die Klappe nicht mehr zugeht.“ „Ich suche eine, die ungefähr zehn Tage alt ist. Darf ich?“ Er trat zur Seite. „Bedien dich!“
Ich hob die oberste News hoch und fand die gesuchte mit Karas Foto vier Exemplare weiter unten. „Danke“, sagte ich.
„Gern geschehen.“ Er schloss den Kofferraum. „Wenn ihr Jason sucht, geht mal ins Coolidge Corner oder guckt mal in den Kneipen auf der Brighton Avenue. The Keils, Harper’s Ferry – da sind immer viele von Bryce.“
„Danke!“
Angie zeigte auf die Bücher, die er unterm Arm trug. „Überfällig in der Bibliothek?“
Er schüttelte den Kopf und blickte auf die stattlichen rotweißen Backsteinhäuser, in denen sich die Studentenzimmer befanden. „Überstunden. In diesen schlechten Zeiten müssen sich sogar alteingesessene Profs wie ich dazu herablassen, hin und wieder eine Sprechstunde abzuhalten.“
Wir stiegen ins Auto und verabschiedeten uns.
Eric winkte, kehrte uns dann den Rücken zu und ging in der sich langsam abkühlenden Luft leise pfeifend zu den Studentenwohnheimen hinüber.
Wir guckten in jeder Kneipe auf der Brighton Avenue, in North Harvard und versuchten es in denen am Union Square. Kein Jason. Auf der Fahrt zu Diandra fragte Angie: „Warum hast du die Zeitung mitgenommen?“
Ich erzählte es ihr.
„Du meine Güte! Das hier ist ein Alptraum.“
„Ja, das stimmt“, bestätigte ich.
Wir fuhren mit dem Aufzug zu Diandra hoch; wir sahen, wie sich draußen die Häuserreihe am Hafen erhob, dann wurde sie kleiner und kam schließlich inmitten des tintenblauen Wassers zum Liegen. Die Anspannung, die ich schon seit ein paar Stunden im Magen verspürte, wuchs und wuchs, bis mir schlecht wurde.
Als Diandra uns die Tür öffnete, fragte ich sie als erstes: „Diese Moira Kenzie, hat die sich immer so nervös das Haar hinters rechte Ohr gesteckt, obwohl sie gar keine langen Haare hatte?“ Diandra starrte mich an.
„Hat sie oder hat sie nicht?“
„Ja, aber woher…?“
„Denken Sie nach! Hat sie am Ende von jedem Satz immer so ein komisches Geräusch gemacht, halb Lachen, halb Schluckauf?“ Einen Moment schloss sie die Augen. „Ja. Ja, hat sie.“
Ich hielt The News hoch. „Ist sie das?“
„Ja.“
„Verfluchte Scheiße“, sagte ich laut.
>Moira Kenzie< war Kara Rider.
Von Diandra aus nahm ich Kontakt mit Devin auf.
„Dunkles Haar“, gab ich an. „Zwanzig Jahre. Groß. Gut gebaut. Narbe am Kinn. Trägt meistens Jeans und Flanellhemden.“ Ich blickte Diandra an. „Haben Sie hier ein Fax?“ „Ja.“
„Devin, ich faxe dir ein Foto. Was ist deine Nummer?“ Er gab sie mir. „Patrick, wir schicken hundert Leute auf die Suche nach dem Jungen.“
„Wenn du zweihundert losschickst, wäre mir wohler.“ Die Faxmaschine stand neben dem Schreibtisch am Ostfenster des Loft. Ich legte das Bild von Jason ein, das Diandra zugeschickt worden war, und wartete auf den Sendebericht. Dann kehrte ich zu Diandra und Angie in den Wohnbereich zurück.
Ich erzählte Diandra, dass ich etwas besorgt sei, weil uns Beweise vorlägen, dass weder Jack Rouse noch Kevin Hurlihy etwas mit der Sache zu tun haben könnten. Ich sagte ihr, dass ich den Fall wiederaufnehmen wolle, weil Kara Rider kurz nach ihrem Auftritt als Moira Kenzie gestorben war. Ich teilte ihr aber nicht mit, dass jeder, der wie sie ein Foto erhalten hatte, kurz danach einen nahestehenden Menschen verloren hatte.
„Aber geht es ihm gut?“ Sie saß auf der Couch, die Beine unter den Po geschoben und versuchte, unsere Mienen zu deuten. „Soweit wir wissen, ja“, antwortete Angie.
Sie schüttelte den Kopf. „Sie machen sich Sorgen. Das sieht man. Und Sie verheimlichen mir etwas. Bitte sagen Sie mir alles! Bitte!“ „Es ist nichts“, erwiderte ich. „Mir gefällt nur nicht, dass die Frau, die sich als Moira Kenzie ausgegeben hat und die ganze Sache ins Rollen gebracht hat, jetzt tot ist.“
Sie glaubte mir nicht und beugte sich vor, die Ellenbogen auf die Knie gestützt. „Jeden Abend zwischen neun und halb zehn ruft Jason hier an, egal wo er ist.“
Ich sah auf meine Uhr. Fünf nach neun.
„Wird er
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