Absolut WILD - Die Mini-Tiger sind los
Haltestange stand Cazza. Ihre Freundinnen Heather Cashman und Carrie Taylor waren bei ihr. Wenn ich zwischen Ärger mit Cash & Carrie und einem Biss von Mayo wählen müsste, würde ich mich für Mayo entscheiden, und der hat inzwischen riesige Zähne.
»Nenn ihn nicht immer Schwachkopf«, sagte Tori.
Ich sah meine Schwester von der Seite an. Ihre Stimme hatte einen drohenden Ton.
Cazza grinste. »Er mag es«, sagte sie. »Nicht wahr, Schwachkopf?«
Joe sagte nichts.
»Ach, Cazza?«, sagte Tori. »Wusstest du eigentlich, dass Taya und ich zu Hause zwei Tiger haben?«
Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Was hatte Tori vor? Ich hatte ihr ausdrücklich gesagt, dass es besser war, niemandem in der Schule von unseren Tieren zu erzählen, und was tat sie? Sie warf es diesen Hyänen vor die Füße wie einen saftigen Fleischbrocken!
Cazza glotzte sie mit offenem Mund an, dann fasste sie sich wieder. »Habt ihr nicht«, sagte sie.
»Joe hat sie gesehen«, erwiderte Tori. »Nicht wahr, Joe?«
Joe nickte mit großen angsterfüllten Augen.
»Und die Sache ist die«, fuhr Tori fort und stand auf. »Ich habe vor, sie nächste Woche in die Schule mitzubringen. Wie findest du das?«
»Ihr seid nicht nur seltsam«, sagte Cazza nach einer kurzen Pause. »Ihr seid total plemplem.«
»Wenn man richtig mit ihnen umgeht, sind sie nicht gefährlich«, erklärte Tori, als hätte Cazza überhaupt nichts gesagt. Dann machte sie noch einen kleinen Schritt auf sie zu, sodass sich ihre Nasen beinahe berührten. »Aber sie hassen den Geruch von Mobbern !«
Cash & Carrie schauten von Cazza zu Tori und wieder zurück, während Cazza versuchte, sich eine gepfefferte Antwort auszudenken. Schließlich gab sie auf und trat gegen die Haltestange. »Total plemplem!«, formte sie lautlos mit den Lippen und marschierte gefolgt von ihren Freundinnen ans Ende des Busses.
»Klasse, Tori«, sagte Joe.
»Ja, wirklich«, stimmte ich beeindruckt zu.
Meine Schwester knurrte irgendetwas Wütendes, setzte sich und kaute weiter an ihren Haaren. Ganz offensichtlich hatte sie sich vom Geist des Doktors leiten lassen.
Ich schaute verstohlen nach hinten zu Cazza. Sie sah mich mit zusammengekniffenen Augen an, wie Mayo es tut, kurz bevor er sich auf mich stürzt. Meine leise Hoffnung, dass Tori vielleicht doch das Richtige getan hatte, war sofort dahin. Mir wurde klar, dass wir es in Zukunft noch viel, viel schwerer an der Forrests haben würden.
Ich wusste, dass ich anfangen würde zu weinen, wenn ich länger darüber nachdachte. Also dachte ich stattdessen über das andere Problem nach, das wir hatten. Wie sollten wir genug Geld verdienen, damit wir das Haus und unser gewohntes Leben behalten konnten?
Es musste eine Lösung geben.
9
Ein schwerer Schlag
Es war keine besonders gute Woche.
Daniel Dingle war genauso schrecklich wie immer und erwischte mein Schienbein zweimal. Cazza ging auf Nummer sicher, weil sie nicht wusste, ob Tori sie mit den Tigern veräppelt hatte, und ignorierte uns – außer dass sie uns ab und zu »die seltsamen Schwestern« nannte. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Mein Traum, mich mit dem coolsten Mädchen in der Siebten anzufreunden, war erst einmal in weite Ferne gerückt. Aber nicht beachtet zu werden war allemal besser, als ständig eins draufzubekommen. An der Freundschaft konnte ich später weiterarbeiten. Dazu war noch jede Menge Zeit.
Das einzige halbwegs Gute, das diese Woche mit sich brachte, war Joes neue Einstellung zu den Mobbern. Er hatte nämlich seine Taktik aufgegeben und reagierte nicht mehr auf die Schwachkopf-Rufe. Er überhörte sie einfach – zur großen Enttäuschung der Zehntklässler.
Als wir am Freitag nach Hause kamen, rief Papa uns ins Wohnzimmer. Er stand mit einem Bündel Papiere in der Hand am Fenster und sah aus wie Ms Hutson, wenn sie zu Unterrichtsbeginn die Anwesenheit kontrollieren will. Sein Bart war in einem schlimmeren Zustand als je zuvor. Mama stand neben ihm. Tori und ich setzten uns aufs Sofa – aber nicht auf die ausgehöhlte Stelle, wo die Tiger die Schaumstoff-Füllung angeknabbert hatten. Als Pommes mit seinem dicken Kopf mein Kinn anstupste, knuddelte ich ihn dankbar. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich an irgendetwas festhalten musste.
Papa räusperte sich vernehmlich, wie er es immer tat, wenn er etwas Wichtiges zu vermelden hatte. Es klang wie das Husten eines Gorillas im nebligen Dschungel. »Es tut mir leid, meine Lieben«, begann er.
Das war kein
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