Absolut WILD - Die Mini-Tiger sind los
ich wäre nicht immer so ein Idiot.
Weil sonst nichts zu tun war, brachten wir die Tiger zurück zum Transporter, um ihnen Wasser zu geben und sie zu knuddeln. Ich hatte Angst, dass Sylvie zu uns kommen und Pommes und Mayo auf der Stelle zurückverlangen würde, aber das tat sie nicht. Was ich sonderbar fand, nachdem sie gerade eben vor der Kamera noch so verliebt in die Tiger gewesen war.
Es war fast fünf vor zwölf, als Sylvie endlich wieder aus ihrem Wohnwagen stolzierte – mit makellosem Make-up und perfekter Frisur. Paula machte ein Gesicht, als wollte sie in die Stromkabel beißen, die überall herumlagen.
»Wir haben keine Zeit mehr«, sagte sie mit erstickter Stimme. » Schluss für heute. Morgen früh um die gleiche Zeit, Leute! Wir haben noch viel zu tun!«
Die Kamera- und Lichtleute begannen, Stecker zu ziehen und Kabel aufzuwickeln. Sie bauten die Schienen für die Kamera ab und luden ihre Ausrüstung in drei große Lastwagen, um am nächsten Morgen alles wieder auszupacken und aufzubauen.
»Es tut mir so leid«, entschuldigte sich Paula, als sie zu uns herüberkam. »Ich hatte gehofft , dass wir die Einstellungen mit den Tigern heute noch schaffen, aber …« Sie sah aus, als würde sie unbedingt eine Massage und einen leckeren Karamellpudding mit Vanillesoße brauchen. »Wer hätte gedacht , dass sie die Frau ist, von der Sie mir erzählt haben, Anita! Ich hoffe wirklich , Sie bereitet Ihnen keine Unannehmlichkeiten . Sagen Sie, können Sie über Nacht bleiben? Dann können wir morgen in aller Frühe anfangen. Gehen Sie in irgendein Hotel – es muss nur in der Nähe sein, damit Sie pünktlich hier sind. Die Rechnung schicken Sie mir .« Als Sylvie Dickens mit ihrem Handy am Ohr lachend in ein kleines spritziges Cabrio einstieg, warf Paula ihr einen Blick zu, der Bände sprach.
Für mich waren alle unerfreulichen Ereignisse des Tages in dem Moment vergessen gewesen, als ich das Wort »Hotel« hörte. Okay, nicht ganz, aber fast.
»Eine Nacht in London!«, jubelte ich. »Das ist so cool! Bitte lass uns bleiben, Papa«!«
Papa kratzte sich am Bart, was bedeutete, dass er in Versuchung war. Mama auch, wie man an ihren glänzenden Augen sehen konnte.
»Und was machen wir mit den Tigern?«, sagte Papa nachdenklich.
Wir schauten alle zu der mächtigen Abgaswolke, die der kleine Flitzer von Sylvie Dickens hinterließ, als sie aus dem Park raste.
»Sie macht sich offensichtlich keine Sorgen darüber, wo ihre kleinen Schätzchen heute Nacht schlafen können«, bemerkte Mama sauer.
»Jedes anständige Hotel müsste doch zwei kleine Tigerjunge aufnehmen«, sagte Tori. »Sie bereiten schließlich keine großen Umstände, solange sie eine Badewanne zur Verfügung haben und es im Hotel genug Ersatzdecken gibt, falls unsere angekaut werden.«
Es war ein durch und durch vernünftiger Vorschlag, fand ich, doch Mama ging nicht darauf ein. Sie rief stattdessen ihren Freund Tamij im Londoner Zoo an, um die Tiger dort unterzubringen. Dann rief sie Joes Vater an und bat ihn, Hasi noch über Nacht zu behalten und am Morgen nach den Schlangen zu sehen.
»So«, sagte Papa, als Mama alles geregelt hatte. »Jetzt müssen wir nur noch eine Unterkunft für uns finden. Das nächstgelegene Hotel dürfte das Bilborough sein.«
Tori runzelte die Stirn. »Ist das nicht ziemlich teuer?«
»Die Produktionsfirma bezahlt«, entgegnete Papa. »Und es ist nun mal hier in der Nähe. Also nehmen wir es auch.«
Ich fühlte mich wie im Traum. Im Bilborough Hotel übernachteten große Stars und Ölmilliardäre und reiche Damen mit kleinen Hunden in Designerhandtaschen – und nun offenbar auch wir.
Es hätte wirklich ein perfekter Tag sein können. Jammerschade, dass Sylvie Dickens ihn uns verdorben hatte.
Zuerst brachten wir die Tiger zu Mamas Freund Tamij in den Zoo. Tamij hatte früher bei Wild World gearbeitet, und Mama hatte Tiere für ihn aufgezogen, zum Beispiel ein winziges Totenkopfäffchen, das so frech gewesen war, dass Tori und ich es Frechi getauft hatten. Das klingt jetzt albern, aber da waren wir ja auch erst sechs Jahre alt.
Vom Zoo fuhren wir dann zum Bilborough Hotel, wo wir den Transporter in der Tiefgarage abstellten. Dann fuhren wir mit dem Aufzug nach oben in die Empfangshalle.
Dort sah alles sehr vornehm und elegant aus, und es gab jede Menge zu gucken. Die Frauen in der Halle hatten mehr Gold am Leib als Tutanchamun, und ein großer Mann mit einem fantastischen rot-weißen Kopfschmuck und einem langen
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