Absolute Beginners
irgendwo, bevor diese Geier sich versammelten, um die Katze zu frikassieren. Ich sag’s dir, Tarzan, dieses Fischglas da drüben ist genauso echt wie nichts.«
Ich merkte, was vor sich ging: wegen meines Streits mit dem Wizard und zuvor meiner Schlappe bei Suze war ich zu diesem jungen Burschen jetzt
besonders ätzend. Also tat ich, was ich in solchen Situationen für das Beste halte, nämlich die Nabelschnur zu durchtrennen, und so stürzte ich in einen
Clubeingang, winkte dabei und rief: »Moment!«, nahm dann den Telefonhörer ab, wählte die Vermittlung, sagte: »Huhu« und bat darum, eine Verbindung mit dem
Premierminister herzustellen, da ich ein Tourist aus Neuseeland sei und den gleichen Namen trug wie
Mr. M.
27 und den armen alten Knacker fragen wollte, ob wir womöglich verwandt seien. Und nachdem sie mir den Kopf gewaschen hatte – das aber auf ziemlich nette Weise, muss ich sagen –, legte ich auf und stürzte wieder hinaus und stellte fest, dass das Outer-Space-Kid immer noch dastand, mit offenem Mund, und ich fragte ihn nach seinen sportlichen Betätigungen, denn er ist ein Boxer, wenn auch rein hobbymäßig.
Er sagte, dass ein paar gute Kämpfe südlich des Flusses angekündigt seien, mit ein paar Jungs aus seinem Club, und ob wir nicht zusammen hingehen wollten? Ich sagte, oh ja. Dann fragte er, wie’s damit stünde, sich heute Abend zusammen einen Film reinzuziehen? Aber das passte mir nicht, denn in Soho ist man nicht, um sich einen Film anzusehen, weil Soho ein Film ist , und überhaupt gehe ich, wenn ich im Kino bin, meistens nach der Hälfte des Films wieder raus, weil ich nichts sehe außer einem Laken, das da hängt, und einer Menge Idioten, die es anstarren, und hinter all dem steckt bloß ein Junge, der die Maschine bedient, mit eine Zigarette, die ihm im Mundwinkel hängt, sogar wenn er die Platte für das »God Save« auflegt, und die Herde da unten stellt sich auf ihre Hühneraugen, aber er nicht, nein! Das Leben ist der beste Film, wenn man es als Film sehen kann. Und als ich das erklärt hatte, sagte er, wie wär’s mit einem Happen? – genau genommen schlug er ein Steak vor. Und ich sagte, es täte mir leid, ich sei Vegetarier, was ich auch bin, nicht wegen der armen Tiere oder so, sondern bloß, weil man viel weniger rülpst und ich mich vor rotem Fleisch grause.
Damit war klar, dass es kein großer Abend mit dem O.-S.-Kid werden würde, und nun, wie es immer geschieht, nachdem wir uns so gefreut hatten, einander wiederzusehen, waren wir genauso froh, einander Lebewohl zu sagen … ist das nicht in vielen menschlichen Beziehungen so? »Grüß deine alte Ma von mir«, sagte ich, »und lass sie sich ja keine Hoffnungen auf einen zweiten Fernseher machen.«
Und plötzlich dachte ich, ich muss aus diesem Vergnügungspark raus und ein wenig Ruhe und Meditation haben, also winkte ich mir ein Taxi und sagte dem Fahrer, er solle mich unten am Embankment entlangfahren, von einem Ende zum anderen, erst die eine Richtung, dann die andere. Das gefiel ihm nicht besonders gut, denn Taxifahrer, wie alle, die im käuflichen Gewerbe tätig sind, tun gern so, als seien sie nicht nur käuflich, sondern auch wichtig und nützlich, aber natürlich willigte er ein, denn die Erwachsenen lieben es, dir Geld abzunehmen und dabei das Gefühl zu geben, als täten sie dir einen Gefallen, beides auf einmal.
Wer auch immer sich das Themse-Embankment ausgedacht hat, war ein Genie. Fest und zärtlich umschlingt es den Fluss, wie es ein Junge mit einem Mädchen tut, nachdem es vorbei ist, und in einem großen Bogen zieht es sich vom Parlamentsding, da unten in Westminster, bis ganz nach Norden und Osten in die City. Dorthin unterwegs, flussabwärts nach Osten, ist es nicht so prunkvoll, aber zurück in die andere Richtung – oh! Wenn Flut ist, ist der Fluss wie ein Ozean, und man schaut über die große, breite Biegung und sieht die Reklame-Märchenpaläste auf der Südseite im Wasser funkeln und die große weiße Brücke, die anmutig über dem Fluss schwebt wie eine Blättergirlande. Wenn man Glück hat, erwischt das Taxi eine grüne Welle und hält die gleiche, ruhige Geschwindigkeit, dann schaut man aus den Polstern nach draußen, und es ist, als sei man in seinem eigenen Cinerama, außer dass in diesem hier die Show nie, nie zweimal die gleiche ist. Und das Wetter ist egal, die Jahreszeit auch, es ist immer wundervoll – der Zauber wirkt immer. Und neben dem Diesel-Geheule des Taxis kann man
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