Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Absolute Beginners

Absolute Beginners

Titel: Absolute Beginners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin MacInnes
Vom Netzwerk:
und den Mann vor Ort.«
    »Dann sei der Besucher.«
    »Die Jungs mit dem leichten Geld kann keiner leiden, da stimm ich zu. Aber die Gründe dafür, Kiddo, sind ziemlich heuchlerisch. Der Kunde schiebt seine Scham auf den Zuhälter ab, verstehst du, und der Zuhälter ist bereit, sie für ihn zu tragen – er gibt ihm ein eindeutiges, soziales, anständiges Alibi. Außerdem mag kein Mann dafür zahlen, wofür der Zuhälter bezahlt wird. Und vor allem ist die ganze Welt auf den Zuhälter eifersüchtig! Tja, Kid, und das zu Recht!« Und er lächelte ein dickes, fettes Bin-ich-nicht-clever-Lächeln.
    »Sehr gut, sehr gut«, rief ich. »Das musst du mal vor diesen
Wolfenden
-Leuten aussagen.« 25
    »Ach, die «, sagte der Wizard. »Der Letzte, den die jemals über die Zuhälterei befragen würden, ist jemand, der was davon versteht … eine Hure, einen Zuhälter, sogar einen Kunden. Weißt du, wofür das Wolfenden-Komitee gut ist?«, fuhr er fort, lehnte sich zu mir rüber und grinste mich an. »Dafür, die Schwulen-Sache in unserem Land runterzuspielen und hinter dem koscheren Gewerbe zu verstecken. Dafür, die beiden zu vermischen und die ganzen Trottel zu verwirren, sodass sie nicht mehr wissen, weswegen sie Gift und Galle schreien.«
    »Nicht so laut, Wiz«, rief ich, denn die Band hatte sich zerstreut, und noch hatte niemand den Tonabnehmer betätigt.
    Da hatten wir es schon. Schon jetzt redete ich heimlich mit dem Wiz, wie ich das noch nie getan hatte, und wurde Teil seines armseligen kleinen Plans und glaub mir, ich war angewidert.
    »Mein Gott!«, rief ich aus. »Was passiert mit mir? Mein Mädchen hab ich an die Neger und Schwulen verloren, und jetzt verlier ich meinen Freund an die Mädchen.«
    »Vergleich mich nicht mit Negern«, sagte Wiz.
    »Jetzt pass mal besser auf, das hab ich nicht. Ich habe Suze mit dir verglichen.«
    »Sehr schön! Vielleicht machst du dir am meisten Sorgen über die ganze Sache, kleines Schlüsselkind.«
    »Vielleicht!«
    »Tja«, sagte der Wizard und tat so, als stünde er auf, »wenn mich die Cowboys einbuchten, werd ich dafür sorgen, dass sie dich wegen der Kaution anrufen.«
    »Sprich nicht so mit mir, Wiz, bitte !«
    »Ach, ich weiß ja, du kommst sofort angerannt … du betest mich ja an!«
    Genauso war es, und ich holte aus und haute dem Wizard richtig eine runter. Richtig heftig. Er sah gar nicht so überrascht aus und zahlte es mir auch gar nicht heim. Er rieb sich bloß die Backe und ging rüber zur Bar, und da wurde mir klar, dass er das so gewollt hatte. Ach, Scheiße, dachte ich.
    So verließ ich das Dubious , um noch etwas von der sommerlichen Abendbrise zu erwischen. Es war eine glorreiche Nacht da draußen. Die Luft war so angenehm wie ein kühles Bad, die Sterne linsten neugierig zwischen den Neonlichtern hindurch, und die Bürger dieses Königinnenreiches trieben in ihren Jeans und zweiteiligen Kleidern die Shaftesbury-Avenue-Kanäle runter wie Gondeln. Jeder hatte genügend Kohle, jeder ein Bad mit Verbenen-Salzen genommen, und niemand hatte ein gebrochenes Herz, denn alle waren bereit für einen unbeschwerten Sommerabend. Die Gummibäume in den Espressobars waren abgestaubt worden und das geschmeidige weiße Licht der neuartigen chinesischen Restaurants – nicht von der alten Mah-Jongg-Kategorie, sondern der letzte Schrei mit weiten Glasfronten und leichten Vorhängen und einem beigen Teppich ausgelegt – leuchtete und blendete wie gewaltige Fernsehbildschirme. Selbst diese fürchterlichen alten angelsächsischen Pubs – mit nichts als Pommes Frites und flauem, abgestandenem Ale und Pfützen auf dem Tresen und Spucke – sahen einigermaßen einladend aus, solange man sich beim Eintreten nur nicht von der zwei Tonnen schweren Tür den Arsch einklemmen ließ. Genau genommen war die Hauptstadt ein wahr gewordener Traum. Und ich dachte: Mein Gott, eines steht fest, nämlich dass sie eines Tages Musicals über die mit Glamour überzogenen 1950er schreiben werden. Und ich dachte, Himmel, eines steht aber auch fest – ich bin todunglücklich.
    Und wen sehe ich da die Hauptstraße von Soho entlang wandern – keinen anderen als das Kid-from-Outer-Space, das allerdings noch nicht weiß, dass
     dies sein Name ist, weil ich es ihm schlicht noch nicht gesagt habe. Dieses Kid, das außerordentlich nett ist und so und das ich seit der Schulzeit kenne,
     sogar vom
Baden-Powell-Verein
26 , gehört komplett zur Anderen Welt, d. h. wie ich schon erklärt habe, zur Außenwelt,

Weitere Kostenlose Bücher