Absolute Beginners
Tisch im Keller aufbewahrte, befand sich auch ein Haufen
G.&S.
-Dinger 39 , die wir alle vergötterten und Wort für Wort mitsingen konnten, soweit wir sie uns von dem, was auf den Platten zu hören war, zusammenreimen konnten. Und deshalb pflegten Vern und ich, bevor wir einander hassen lernten und von den anderen Kids erfuhren, dass dieses G.&S.-Zeug spießig und kitschig ist, im Duett zu singen, und manchmal schloss sich uns Dad sogar zu einem Trio an, oder er sang die Refrain-Teile, die uns langweilten oder für uns zu schwierig zu verstehen waren.
Das alles, mit Verlaub, fand statt, wenn Ma unterwegs oder sehr beschäftigt war.
Dieses Pinafore war immer der besondere Favorit von mir und Dad, hauptsächlich, glaube ich, weil es einen wirklich wunderbaren Einstieg hat – freundlich und süß und bunt und vollkommen verrückt –, und ungezählte Male haben wir zusammen die Nummer des Kapitäns mit seiner Mannschaft gesungen, selbst als ich schon zum Mann herangewachsen war, und auch beim Ausgehen, er und ich, im einen oder anderen Pub. Deshalb ziehen wir jedes Jahr um Dads Geburtstag herum los in die Matinee, um es uns anzusehen, was Dad natürlich niemandem erzählt, und dann sitzen wir da, in einem Zustand des Entzückens Pralinen und Eis essend, umgeben von den ganzen anderen G.&S.-Schleichern.
Wenn man noch nie einen von ihnen gesehen hat, würde man gar nicht glauben, dass diese Schleicher tatsächlich existieren. Das Erstaunlichste an ihnen ist, dass man sie, auch wenn sie ja mutmaßlich irgendwo in der Hauptstadt leben müssen, nie irgendwo sieht, bis diese G.&S.-Jubelfeier sie alle aus ihren Verstecken treibt. Die Sache ist die, dass es unter ihnen, auch wenn es mitnichten alles Oldtimer sind, keinen Einzigen gibt, der aussieht, als gehörte er in die heutige Zeit. Ihre Kleidung ist nicht unbedingt altmodisch, sondern selbst genäht . Und obwohl sie, ihrem Beifall nach zu urteilen, hinreichend lebendig sind, machen sie einen komplett farb- und ausdruckslosen Eindruck, anders kann ich es nicht beschreiben. Sie sehen natürlich sehr gut aus, das aber nur, weil niemand ihnen je gesagt hat, dass es so etwas wie schlecht überhaupt gibt.
Im Grunde, wenn ich es mir recht überlege, ähneln sie ziemlich meinem Dad: er passt hier gut rein in dieses Publikum. Als ich die Sitzreihe runterblickte, sah ich, wie sein Gesicht leuchtete und lächelte, genau wie alle anderen, und seine Hand klopfte mit seinem Souvenir-Programm den Takt, und seine Lippen formten leise die Worte – und manchmal auch laut, als wir zur neunten Zugabe kamen oder zu den stürmischen Chören. Und als der Kapitän mit seiner Mannschaft diese wundervolle Weise sang, wusste ich, dass es Dads größter Traum war, neben ihm dort oben auf dem Achterdeck zu stehen – ja, hier und jetzt amüsierte sich mein armer ramponierter Alter echt kolossal.
In der Pause fragte ich meinen Dad nach dem Neuesten über Mum und Vern. »Deine Mutter«, sagte er, »sagt immer wieder, dass sie dich sehen möchte.«
»Sie kennt meine Adresse«, sagte ich.
»Ich glaube, sie erwartet, dass du dich mal wieder zu Hause meldest.«
»Das wette ich. Tja, du kannst Ma sagen, dass die britische Post einen ausgezeichneten Service bietet und eine Postkarte sie drei Pennys kosten wird.«
»Geh mit deiner Mutter nicht zu hart ins Gericht, mein Sohn.«
»Das sagst du!«
»Ja, mein Sohn, ich. Es gefällt mir nicht, was du dir alles rausnimmst, wenn es um deine Mutter geht.«
»Mir was rausnehmen! Sie nimmt sich schon seit Jahren entsetzlich viel raus, was uns betrifft!«
Diese kleine Auseinandersetzung mit Dad flammte ganz plötzlich und unerwartet auf, wie das oft passiert, besonders zwischen Verwandten, und ich begriff natürlich, dass der arme alte Dad mir gegenüber nie würde zugeben können, dass Mum eine Schlampe war, ohne gleichzeitig zugeben zu müssen, welche Fehler er selbst gemacht hatte und damit seine Würde preiszugeben. Es lag auch daran, dass Dad sehr konventionell ist und mir manchmal als Vater kommt, oder sich die größte Mühe gibt, es zu tun, und das kann man ihm kaum verdenken.
Es entstand also eine Pause, und wir sahen uns um, wie die G.&S.-Schleicher fröhlich plapperten.
»Und Vern?«, sagte ich ziemlich bald.
»Er hat sich einen Job besorgt.«
»Nein!«
»In einer Bäckerei: Nachtarbeit.«
»Von heute an werde ich kein Brot mehr essen.«
Dad lächelte, und die kleine Schicht Eis war geschmolzen. »Und die Mieter?«, fragte ich ihn als
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