Absolute Beginners
auf dieser Gummimatratze liegen haben, zwischen diesen pappesteifen Laken, und nie genügend Decken, dann machen sie sich diese Erinnerungen aus Babyzeiten zunutze und versuchen alles, damit du dir wieder vorkommst wie in dieser gemütlichen kleinen Wiege, in der Frauen dich schaukelten und dir Flaschen ins Gesicht drückten und sich alles Mögliche herausnahmen. Aber ich kam klar. Und jeden Tag kam Dr. A. R. Franklyn vorbei, um »Hi!« zu sagen, und er behandelte mich immer, vor diesem Haufen von Krankenschwestern, als sei ich ein Kabinettsmitglied oder so jemand – ich meine, er war so wunderbar höflich . Wenn man in Betracht zieht, wer er war und wer ich war, glaube ich wirklich, dass er die besten Manieren hatte, die ich je an irgendwem erlebt habe, und das werde ich ihm nicht vergessen.
Aber an dem Tag, an dem sie mich freiließen, tauchte er überhaupt nicht auf, und deshalb hatte ich keine Gelegenheit, mich bei ihm zu bedanken oder die knifflige Frage aufzubringen, wie dieser ganze medizinische Luxus bezahlt werden sollte. Ich schrieb ihm, natürlich, aber obwohl er sehr freundlich antwortete, ging er auf den finanziellen Aspekt überhaupt nicht ein. Also tat ich Folgendes. Als ich in dem Laden war, hatte ich manchen leidigen Moment mit meiner Rolleiflex vertrieben, und manche der Aufnahmen, die ich von allen machte, waren wirklich ziemlich intim und komisch, also wählte ich die besten aus und vergrößerte sie und klebte sie alle in ein Album und gab es in der Harley Street ab, und er schrieb mir zurück und sagte, wenn ich je wieder in seine Finger geraten sollte, wovon er aufrichtig hoffte, dass es nicht geschehen würde, würde er sicherstellen, dass meine Rolleiflex zuallererst konfisziert würde.
Du solltest inzwischen erkennen, was ich im Sinn hatte: nämlich, irgendwie dafür zu sorgen, dass Dr. F. meinen Dad traf, ohne dass Dad genau wusste, warum.
Mittlerweile waren wir natürlich schon wieder zurück im Zuschauerraum, aber in der zweiten Hälfte von H. M. S. Pinafore geht die besondere Magie der ersten Hälfte irgendwie verloren … Vermutlich hatten es die alten G.&S. ein bisschen eilig, oder sie fanden, das ganze Ding würde langsam langweilig – in jedem Fall verdichtet sich die Handlung des Musicals nicht, sondern sie löst sich in Luft auf. Wir beide wussten natürlich, dass uns diese kleine Ernüchterung bevorstand, aber es war dennoch eine Enttäuschung, und so traten wir zusammen in die Nachtluft hinaus und fühlten uns ein wenig verloren und betrogen.
»Tja, da hast du’s«, sagte ich.
»Trinken wir einen?«, sagte Dad.
»Entschuldige mich, nein, Dad, ich muss heute Abend noch ein bisschen was erledigen …«
»Ach. Bringst du mich dann noch zum Bus?«
»Na klar.«
Ich hakte mich bei ihm ein, und er sagte: »Wie geht’s mit deiner Arbeit? Du hast deine Dunkelkammer in letzter Zeit nicht oft benutzt, ist mir aufgefallen …«
Ich nehme an, sogar Dad kam langsam darauf, was für alle anderen offensichtlich gewesen sein muss, dass nämlich die Dunkelkammer in Mas
Rowton House
40 nur ein Vorwand für mich war, damit ich mit ihm in Kontakt bleiben konnte … na ja, gut, und wohl auch mit ihr … denn oben in meiner Baracke in Napoli gab es Dutzende von Läden, in denen ich entwickeln konnte, und was Dunkelkammern anging, so brannten bei uns mit solch monotoner Regelmäßigkeit die Sicherungen durch und der Strom fiel aus, dass es an Räumen keinen Mangel gab, die dunkel genug waren, um dort stundenlang zu hantieren.
»Dieser Ausflug!«, sagte ich zu Dad, um ihn abzulenken. »Dieser Bootsausflug auf dem Fluss. Vergiss es nicht, du hast mir versprochen, dass wir dieses Jahr zu meinem Geburtstag fahren – ganz rauf bis nach … wo, sagtest du noch mal, ist es?«
»Reading.«
»Ach ja! Tja, dann sind wir also verabredet? Buchst du die Tickets?«
Dad sagte, ja, das würde er, natürlich, und ich hievte ihn in seinen Bus Nummer irgendwas und winkte, bis er außer Sicht war, und als ich zurück auf den Gehweg trat, wurde ich beinahe von einem Lagonda über den Haufen gefahren.
»Vorsicht, Teenager«, rief der Fahrer und bremste scharf an einer roten Ampel.
Ich bin diese Existenzen in ihren Motorkarossen so leid, die sich aufführen wie die Herzoginnen, wobei das Auto üblicherweise noch nicht mal ihres ist, sondern nur an- und nie abbezahlt, oder ohne Genehmigung des Aufsichtsrats von der Firma geliehen, und im Grunde sind sie nur menschliche Tiere, die viel zu schnell unterwegs
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