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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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einem Buch, das den Titel Dusklands hatte und eine besondere Geschichte zu sein schien, wie er noch nie eine ähnliche gelesen hatte, das dann aber mittendrin zu einem ganz anderen Buch wurde. Er war sich nicht sicher, was das alles zu bedeuten hatte, aber als er es nachts in seinem Zimmer mit einer Taschenlampe unter der Bettdecke las, war er so fasziniert wie bei keiner anderen Lektüre zuvor. Es gab andere Bücher vom selben Autor, die ihn noch mehr verwirrten und fesselten als das erste. Von da ging er zu einer Schriftstellerin über, deren Geschichten er sogar noch verwirrender fand: The Late Bourgeois World musste er mit dem geöffneten Wörterbuch neben sich lesen, aber er war allmählich überzeugt davon, dass solche Texte ihm etwas beibrachten, sowohl über das Land als auch über sich selbst.
    Die letzten hinter dem Zeitschriftenstapel von National Geographic versteckten Bücher waren von Clare Wald. Als er das Versteck zuerst entdeckt hatte, hatte er ihren Namen nicht bemerkt und nun, als er den ersten von Walds Romanen, Landing , zur Hand nahm, fragte er sich, ob sie wohl Lauras Mutter war. Er schlug das Buch hinten auf und sah sich das Foto auf der hinteren Klappe an, das die Autorin mit einem Gepardenbaby im Arm zeigte, das die Zunge heraushängen ließ. Er hatte Mrs Wald nur zwei Mal gesehen, aber er wusste, das war Lauras Mutter, die Frau, die bei der Beerdigung seiner Eltern im Hintergrund gestanden hatte und die ihm später die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte. Er steckte das Buch unter sein Hemd und las es im Verlaufe einer einzigen Nacht aus. Und obwohl er es noch weniger verstand als all die anderen Bücher, die er gelesen hatte, war das Hineinschlüpfen in die Worte von Lauras Mutter für ihn wie die Entdeckung, dass das Haus, in dem er mit seinen Eltern gelebt hatte, noch andere Zimmer besaß – und nicht nur Zimmer, sondern ganze Stockwerke und Treppen und Flügel, die mit der Architektur des ihm vertrauten kleinen Hauses übereinstimmten, es aber gleichzeitig zu etwas völlig anderem machten, sodass er den ursprünglichen Raum auf neue Weise begriff. Er las die anderen Bücher von ihr – Cacophony, Dissidence, In A Dry Month – und verstand allmählich, dass Walds Geschichten nicht nur bewohnbare Räume waren, so real wie das Haus, in dem er mit seiner Tante lebte, das Haus, in dem mit Clare selbst zu leben er vielleicht gehofft hatte, sondern sie waren auch Schlüssel zur Bibliothek seines Gedächtnisses.
    Manchmal, spätabends, hörte er Ellen am Telefon. »Es ändert alles«, seufzte sie dann. »Alle meine Pläne sind hinfällig. Aber was kann ich machen? Jetzt, wo Bernard tot ist, gibt es niemanden sonst, der ihn aufnehmen könnte. Wenn ich könnte, wäre ich auf und davon. Vielleicht überfährt ihn ein Laster. Nein, natürlich ist das nicht ernst gemeint.«
    In seiner Familie gab es eine gewisse gedankenlose Haltung dem Leben gegenüber, dachte Sam allmählich. Seine Mutter hatte sie, Bernard hatte sie ganz bestimmt, seine Tante hatte sie auch. Und Sam hatte sie selbst. Er wusste das.
    »Du brauchst eine bessere Schule«, sagte Ellen, als die Winterferien kamen. »Es ist an der Zeit, dass wir uns höhere Ziele setzen.«
    Mit Ellens Unterstützung gewann er ein Stipendium für eine Schule in Port Elizabeth und zog im folgenden Jahr dorthin.
    Sein Leben dort war das normale Leben in einer Internatsschule. Die Ferien waren normale Ferien, meist bei Ellen, manchmal mit Ausflügen ans Meer. Er las andere Bücher aus anderen Ländern, kam aber immer wieder auf Südafrika zurück und besonders auf Clare Walds Bücher.
    Ellen riet ihm, er solle die Jahre, bevor er zu ihr kam, zu vergessen versuchen. So ist es besser, sagte sie. Du kannst dich an deine Eltern erinnern, aber versuchen, nicht an diese Zeiten zu denken. Deine Eltern wussten nicht, was sie taten, in vielerlei Hinsicht. Die armen Narren. Besser, du vergisst alles, was sie je getan haben. Sam wusste nicht, wie er die Ereignisse von den Menschen, die darin verwickelt waren, trennen sollte, und seit Clares Bücher ihm den Schlüssel zu seiner Vergangenheit geliefert hatten, wollte er diese Tür nicht wieder schließen.
    Er ging in Grahamstown auf die Universität, wählte 1994 zum ersten Mal, machte das Examen als Bester seines Jahrgangs, nahm dann ein Masterstudium auf und schloss es ebenfalls als Bester ab. Die ganze Zeit über las er Walds Bücher wieder und wieder. Jedes Mal, wenn ein neues herauskam, kaufte er es am ersten

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