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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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übertreffen, aber vielleicht sind Sie Masochist, weil Sie nach Afrika zurückkehren.) Die Frau auf meinem Postamt zuckte mit den Schultern und sagte etwas von Unvorhersehbarkeit und Unsicherheit und dergleichen. Ich fragte sie, ob sie glaube, das Land sei jetzt weniger stabil, als es zu irgendeiner früheren Zeit gewesen sei, und sie, die kluge Frau, sagte, sie befürchte, es könnte so sein. Sie sehen, was für eine Pessimistin ich geworden bin, aber wo Sie nun seit geraumer Zeit hier sind, werden Sie vielleicht verstehen, warum ich es aufgegeben habe, am postalischen System dieses Landes zu verzweifeln, und mich stattdessen mit der Hoffnung tröste, dass meine Sendung ihren vorgesehenen Adressaten erreichen wird, bevor ich sterbe, sodass ich zumindest eine Bestätigung bekomme. Zweifellos kommunizieren wir deshalb jetzt auf diese unglaublich sterile Art, die für mich, nach meiner altmodischen Ausbildung in der Schreibkunst – penmanship (das ist doch wirklich mal ein Begriff, der erklärt werden muss * –, bemerkenswert unelegant, flüchtig und umständlich ist.
    Dieses »Ding«, das ich schicke – Fahnen meines neuen Buchs Absolution –, wird Sie hoffentlich nicht aus der Fassung bringen. Jedenfalls wird es im Mai in den Buchhandlungen erhältlich sein. Ich bin zutiefst überzeugt, es besteht keine Gefahr, dass es den Platz Ihres eigenen Werks einnimmt, sondern es wird eine Art zusätzliches Vorspiel avant la lettre liefern. Außerdem werden Sie, weil ich es Ihnen jetzt schicke, Zeit haben, darüber nachzudenken und es in Ihr surreales Porträt dieser alten Frau einzubeziehen. Was das Warum und Weshalb angeht ( warum ich Ihnen nicht davon erzählt habe, weshalb es so kam etc. – da jedes Warum ein Weshalb hat und man nichts für selbstverständlich halten soll), lassen Sie mich einfach feststellen, dass ich niemandem von meiner Arbeit erzähle, außer meiner Sekretärin und meinem Londoner Verleger, und die beiden arbeiten dann gemeinsam daran, alles in Bewegung zu setzen, um das Resultat hervorzubringen, das die Leute alle zwei oder drei Jahre erwarten, und erst wenn alles an seinem Ort ist, übernehmen die Werbeleute und dann ist die Maschinerie nicht mehr aufzuhalten. Es tuckert, surrt und dröhnt, und plopp! kommt der Wälzer herausgeplumpst.
    Das alles soll heißen, dass ich hoffe, Sie finden etwas, was Sie interessiert, wenn das Paket schließlich ankommt, und werden nicht zu hart mit mir ins Gericht gehen wegen der Geheimniskrämerei und der Täuschungsmanöver, mit denen ich automatisch allen begegne, die ich nicht seit Jahren kenne.
    Mit freundlichen Grüßen
Clare
    * Ich schlage in meinem Wörterbuch nach. Penman (Mann der Feder) kann sich auf einen Schreiber beziehen (was der Auffassung dieser Schriftstellerin von ihrem Beruf entspricht), auf einen Kopierer der Heiligen Schrift (Amtsschreiber Gottes, wenn Sie wollen), einen Kalligrafen, einen Schriftsteller, aber auch, ab dem 19. Jahrhundert, auf einen Fälscher (einen Betrüger, einen Verbrecher). Man muss daran erinnern, dass forger (Fälscher) nicht immer die heutige pejorative Bedeutung hatte. Prediger Salomo 11,5: God, that is forgere of alle thingus. Mir gefällt diese Vorstellung, Gott als Schöpfer, dessen Schöpfungen alle vielleicht nichts anderes als Kopien von Originalen sind, die verloren gegangen sind, wenn es sie denn je gegeben hat.

1989–98
    Das Leben mit seiner Tante Ellen war der Anfang von einem annähernd normalen Leben, einem Leben der Erinnerung, einem Leben, an das sich der Junge – das heißt, Sam, also ich oder eine Version von mir – vollständig erinnern würde und nicht nur in Fragmenten von Gerüchen und Licht und Geräusch.
    Das soll nicht heißen, dass es ein besonders glückliches Leben war oder ein besonders unglückliches. Ellen adoptierte ihn, nahm den Namen der Familie seines Vaters, Lawrence, weg und gab ihm ihren Namen, Leroux, ohne ihn zu fragen, ob er das wollte oder nicht. Das war wie der Verlust seines Hauses mit allem, was darin war, und des Geldes aus dem Nachlass seiner Eltern eine andere Form der Enterbung. Er war immer Sam Lawrence gewesen und nun war er es durch das Einreichen von Dokumenten und eine Serie von Unterschriften nicht mehr.
    Als Ellen einmal einkaufen war und Sam allein gelassen hatte, wählte er die Telefonnummer, die ihm Timothy und Lionel gegeben hatten. Niemand antwortete. Ein paar Tage später wählte er sie wieder. Der Anschluss war abgeschaltet worden.
    Zunächst wollte

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