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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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blieben sie für gewöhnlich bei Clares Exmann, weil Marks Frau Coleen sich beschwerte, dass ein Aufenthalt bei Clare sie nervös mache, und Clare, die wenig Interessantes bei Coleen entdecken konnte (eine Verfechterin der von ihr als »traditionell weiblich« beschriebenen Rollen), beanstandete diese Übereinkunft nicht. Die Enkel, Zwillinge, waren zu klein, um mit ihnen ein vernünftiges Gespräch zu führen, und waren selbst hauptsächlich an Swimmingpools, Eis und endlosen Aquariumsbesuchen interessiert. Nur wenn Mark allein aus geschäftlichen Gründen in Kapstadt war, kam er manchmal im Haus seiner Mutter unter.
    »Warum sind die Rollläden geschlossen?«, fragte er, während er sich aus dem Tetrapak im Kühlschrank ein Glas Wein eingoss.
    »Hattest du vor zu fragen, ob du Wein bekommen kannst?«
    »Wechsle nicht das Thema, Mutter. Die Rollläden. Ist etwas passiert?«
    »Du stellst lästige Fragen. Willst du deiner Mutter nicht ein Glas ihres eigenen Weins anbieten?«
    »Möchtest du ein Glas deines eigenen Weins, Mutter?«
    »Nein danke, es würde mich nur wach halten, bedien dich nur selbst«, sagte sie und zwinkerte ihm zu.
    »Die Rollläden, Mutter«, Mark, der ein Lächeln zu unterdrücken versuchte und das halbe Glas Stein-Wein hinuntergoss, ließ nicht locker. »Warum trinkst du dieses furchtbare Zeug?«
    »Marie mag es. Die Rollläden sind geschlossen, weil ich mich verwundbar fühle, wenn du es wissen musst. Ist es das, was du hören willst? Ohne Marie hier, zum ersten Mal seit unserem Umzug in diese Country-Club-Festung, kam ich mir wie eine alte Frau vor, allein in der Welt mit nichts als zerbrechlichem Glas zwischen mir und denen« – fast hätte Sie hier abgebrochen, fuhr aber dann fort, ohne die Tragweite dessen, was sie gleich sagen würde, so recht zu ermessen –, »zwischen mir und denen, die ihre Beschuldigungen vorbringen wollen.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Ich weiß es vielleicht selber nicht. Jedenfalls sollte man alte Geschichten lieber nur bei Tageslicht ausgraben«, sagte sie und erhob sich vom Tisch. »Wenn du aufbleiben willst, dann tu es. Sieh fern, wenn du zu dieser Stunde etwas Vernünftiges finden kannst, hör Musik oder tu, was du gewöhnlich so anstellst, um deine Nächte herumzubringen.«
    »Danke, aber ich bin erledigt.« Mark rieb sich das Gesicht, das früher so straff und blass gewesen war und nun allmählich teigig aufquoll. »Ich bin seit fünf Uhr morgens auf den Beinen. Um zehn war eine Verhandlung und ich habe abends den letzten Flug erwischt, der eine Stunde Verspätung hatte. Ich könnte vierundzwanzig Stunden schlafen, wenn ich morgen keine Verpflichtungen hätte.«
    »Termine mit Mandanten?«
    »Termine, ja. Ich muss früh aufstehen, aber ich dachte, dass wir abends vielleicht zusammen essen könnten. Möchtest du irgendwohin gehen? Ich könnte etwas reservieren. Wir könnten sogar in dieses Restaurant nach Franschhoek hochfahren.«
    »Der Gedanke an einen nächtlichen Ausflug erscheint mir nicht verlockend.« Ja, Clare musste zugeben, dass sie nicht länger nach Sonnenuntergang außerhalb ihres eigenen ummauerten und gesicherten Grundstücks sein wollte. Seit Kurzem war sie dazu übergegangen, abendliche Einladungen, die selten genug kamen, abzulehnen und sich mit der Lüge zu entschuldigen, dass weder sie noch ihre Sekretärin nachts gut genug sehen würden, um Auto zu fahren. »Außerdem hat Marie für reichlich Verpflegung gesorgt und ihre Kochkünste sind gut genug für mich. Meine Geschmacksknospen sind nicht mehr das, was sie mal waren, daher wäre dein feines Essen an mich verschwendet. Du weißt, wo das Gästezimmer ist. Seit du das letzte Mal zu Besuch warst, ist kein anderer da gewesen. Wenn also Schmutz auf der Bettwäsche zu finden ist, dann ist es dein eigener. Wenn das zu ekelhaft ist, gibt es frische Laken im Wäscheschrank. Du bist doch hoffentlich nicht so verwöhnt durch Personal, dass du vergessen hast, wie man ein Bett macht.«
    Einen Augenblick stand sie in der Tür und überlegte, ob sie ihren Sohn wohl umarmen oder küssen sollte. Sie hatten nie offen ihre Gefühle gezeigt und nach einigen quälenden Sekunden nickten sie beide und Mark knipste das Licht aus.
    Am nächsten Morgen war Clare vor Tagesanbruch auf. Zu müde zum Schwimmen, begab sie sich direkt an die Arbeit. Das war vielleicht der größte Vorzug dieses neuen Hauses – dass man sich aus dem Bett an den Schreibtisch im Nachbarzimmer begeben konnte, bevor die Nacht

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