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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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Besseren besonnen.
    Ich erzähle ihm, dass ich Clares Biografie schreibe, dass ich mit der Recherchearbeit fast fertig bin, aber noch einige Punkte weiter verfolgen möchte. Obwohl Clare mit mir nicht über Laura reden wollte, habe ich doch das Gefühl, dass ich die Geschichte nicht einfach fallen lassen kann. Sie verdient mindestens einen kleinen Raum im Buch.
    »Ich hoffte, dass du mir etwas über Laura erzählen könntest.«
    Als Lionel den Namen wieder hört, scheint der ihn wie eine Gewehrkugel zu treffen: Aus seinem Brustkorb entweicht die Luft und alle Lebhaftigkeit erstirbt in seinem Gesicht; sein Körper wird steif, als er sich von mir abwendet, um die zahlreichen Papierstöße auf seinem Schreibtisch herumzuschieben. Mein Eindringen in seinen Raum ist irgendwie eine Grenzüberschreitung, die ich nicht beabsichtigt hatte. Ich möchte gehen und ich sehe, dass Lionel will, dass ich das tue.
    »Ja, das ist nur natürlich. Leider habe ich gerade jetzt diese Einstellungsgespräche, du musst mich also wirklich entschuldigen. Vielleicht können wir den Faden ein andermal wieder aufnehmen. Tut mir leid, dass ich mich jetzt nicht länger unterhalten kann.«
    Ich lade ihn für heute Abend zum Essen ein, doch er verreist über die Feiertage und sagt, ich solle ihn im neuen Jahr anrufen. Ich weiß, dass er mich abwimmeln will. Ich beschließe, nicht aufzugeben, egal wie lange es dauern mag.
    Heute Abend gehen Sarah und ich in ein belebtes Restaurant in der Einkaufspassage in Rosebank und erwischen einen Tisch draußen, wo wir die Fußgänger beobachten können. Wir geben unsere Bestellung auf, entschließen uns dann jedoch, dass wir Cocktails statt Wein wollen, deshalb gehe ich nach drinnen an die Bar. Ein halbes Dutzend Kellner und Kellnerinnen rennen herum – zu viele für den engen Raum an der Kasse hinter der Bar und zu wenige für all die Restaurantgäste zu dieser Stunde. Ich korrigiere die Bestellung und beschließe zu warten, während der Barkeeper die Drinks mixt. Hinter der Kasse ist eine junge Frau, die mich schüchtern ansieht und dann lächelt. Ohne nachzudenken, lächle ich zurück, und sobald sie das Lächeln sieht, scheint sie außer sich vor Freude, doch dann zuckt sie zusammen, dreht sich um und sinkt hinter die Bar, als könnte sie vor Verlegenheit sterben. Ihre Kollegen schauen auf sie und ziehen sie hoch, sie sehen mich an und fragen die Frau, was los ist. Sie schüttelt den Kopf und verschwindet in die Küche.
    Ich gehe mit den Drinks zurück zu Sarah.
    »Prost«, sagt sie und stößt mit mir an. »Was ist denn da gerade passiert? Du hast doch nur gelächelt und das Mädchen hat sich benommen, als hättest du ihr einen Diamantring geschenkt oder so.«
    »Keine Ahnung. Die meisten Weißen sehen durch Schwarze hindurch. Sicherheitsleute. Servierer. Verkäufer. Du bekommst, was du gibst. Ich habe ihr Lächeln erwidert und vielleicht war es das erste Mal, dass ein junger Weißer das gemacht hat.«
    Unser Essen kommt und wir bestellen eine weitere Runde Cocktails. Die Nacht ist warm und windstill, weiter unten ist eine Gruppe Straßenmusikanten, die einen alten Dolly-Rathebe-Hit singt. Als wir auf eine Dessertkarte warten, bahnt sich auf dem Fußweg eine ältere Weiße den Weg zu uns.
    »Ek soek ’n honderd rand«, sagt sie und streckt die Hand aus.
    Ich sage ihr, dass ich leider keine hundert Rand zu verschenken habe, obwohl das nicht stimmt. Ich sehe, wie Sarah nach ihrer Brieftasche greifen will, bis ich ihr einen Blick zuwerfe, der sie aufhält. Die Frau verflucht uns und geht weiter an einen anderen Tisch, wo die Essenden ihr aus Verlegenheit eine Handvoll Kleingeld geben. Sie liest die größeren Münzen heraus und lässt den Rest liegen. Ein paar Cent – vergiss es, die will sie nicht.
    »Wer kann es ihr verdenken?«, sage ich und nehme eine Dessertkarte von unserer Bedienung entgegen. »Für fünf Rand bekommt man so gut wie nichts. Greg sagt, eigentlich müsste er einen Steuernachlass dafür bekommen, dass er weiß ist. Und das von Greg, dem wohl radikalsten Denker in diesem Land, den ich kenne. Er hat ausgerechnet, dass er jedes Jahr zehntausend Rand an Leute gibt, die um Geld betteln. Und das berücksichtigt nicht einmal die ganze Hilfe, die er seiner Hausangestellten, dem Gärtner und der Kinderfrau gewährt, oder die wohltätige Organisation, die von seiner Galerie unterstützt wird. ›Leben auf der Plantage‹, sagt er. ›Das ist der Preis.‹« Ich deute auf die gut gekleideten

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