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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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bloß ein Kind. Und als ich dann mitbekam, dass du keine Liberale warst, nichts dergleichen Zahmes oder einfach zu Benennendes, dachte ich, du könntest vielleicht eine Pragmatikerin sein.«
    »Eine noch schlimmere Beleidigung. Was soll ich deiner Meinung nach noch sein? Eine Opportunistin? Eine Reaktionärin? Eine Anhängerin der Beschwichtigungspolitik?«
    Mark lachte und schüttelte den Kopf. »Jetzt sehe ich, dass du nicht nur eine Radikale, sondern auch eine strikte Nonkonformistin bist, wenn eine solche Definition möglich ist.«
    »Sagen wir, sie ist möglich, und belassen wir es dabei. Das muss nicht zu einer genauen Festlegung meiner politischen Ansichten ausarten, die immer unbeständiger werden. Ich sehe Unfähigkeit und Schäbigkeit und denke für einen kurzen Moment daran, wie effizient alles einmal gewesen ist. Die Menschen in diesem Land beklagen sich nicht genug, wenn Waren oder Dienstleistungen – besonders Dienstleistungen – mangelhaft sind. Ich gehöre einer Generation an, wie du auch (leider), die einmal sagen kann, dass sie zwei korrupte nationalistische Regierungen erlebt hat. Die Frage ist, ob wir die zweite überleben werden, bei der einige Regierungsmitglieder uns als ihre unerledigte Angelegenheit sehen, ihre potenzielle fünfte Kolonne und ihre schlafenden Gegner. Ein Siedler, eine Kugel. Die sehen doch alle Weißen als Parasiten und sie sind die Gegenstücke zu den Repräsentanten des alten Regimes, die alle Schwarzen für Terroristen oder Faulpelze hielten. Möglicherweise ist es nur eine Frage der Zeit, bevor solche wie ich, und du in Anbetracht deiner Arbeit insbesondere, als Feinde des Staates beschrieben werden. Wir sind die neuen Schläfer, die Verschwörer im Dunkeln. Wenn man jetzt eine andere Meinung vertritt, begeht man Hochverrat, wie es sich so nicht einmal die alte Apartheid-Regierung hätte ausdenken können.«
    »Und jetzt hörst du dich tatsächlich an wie eine Rassistin und Reaktionärin.«
    »Und ich halte mich wahrlich weder für das eine noch das andere. Ich weiß, dass ich diejenige bin – eine von denen, eine von den wenigen, die es noch gibt –, die dem Kampf treu verbunden bleibt. Nicht die Männer und Frauen, die ihre Referenzen aus dem Kampf gegen die Apartheid als Deckmantel benutzen, die Strippen ziehen und Zauberkunststücke vollbringen und zusehen, wie ihre Strafzettel für zu schnelles Fahren oder schlimmere Dinge wie Feenstaub verschwinden. Deine Schwester hätte dazu etwas zu sagen gehabt. Sie hätte scharfe Kritik geübt. Sie hätte gesprochen wie ich, nur noch kühner. Wir werden uns vielleicht noch einmal auf sie berufen und ihr Vermächtnis als unsere eigene politische Referenz in Anspruch nehmen müssen. Ich wünschte, Laura hätte uns mehr vertraut und wir hätten ihr mehr Grund zum Vertrauen gegeben.«
    Mark keuchte und rutschte auf dem weißen, gusseisernen Stuhl hin und her, als wäre ihm nicht wohl, als sei die Erwähnung seiner Schwester für ihn unerträglich. Clare kam in den Sinn, dass er möglicherweise etwas über Laura wusste, das er nie offenbart hatte.
    »Wenn du über sie sprichst, klingt es, als wäre Laura eine Art Heldin gewesen. Ich bin mir ganz und gar nicht sicher, dass das so war«, sagte Mark. »Als Kind war sie ein Albtraum. Und als Heranwachsende nicht viel besser.«
    »Die Medien haben die Vorstellung von Heldentum entwertet und pervertiert. Erfolgreiche Sportler und Sportlerinnen bekommen jetzt fast gewohnheitsmäßig den Heldenstatus zugeschrieben. Laura passt nicht in diese Kategorie. Was sie getan hat, wovon ich vermute, dass sie es getan hat, war sowohl zu groß und selbstlos als auch zu unehrenhaft und schrecklich, um heroisch genannt zu werden. Dem Begriff fehlt die notwendige Mehrdeutigkeit, um die Taten deiner Schwester zu beschreiben – von denen ich weiß, dass sie sie verübt hat, und von denen ich vermute, dass sie sie verübt haben könnte. Sie war mehr als ein Mensch, aber ich glaube nicht, dass sie wie die antiken Heroen ein Liebling der Götter oder selbst eines bestimmten Gottes war – gewiss nicht des christlichen, der, abgesehen von allem anderen, ein Gott war, an den sie nicht so recht glaubte. Hältst du das für eine gerechte Einschätzung?«
    »Sie war noch nicht einmal zehn Jahre alt, da hatte ich schon Angst vor ihr. Vermutlich war sie für mich als Kind eine Art Heldin, wenn auch nicht der typischen Art. Ich kann nichts darüber sagen, was sie als Erwachsene getan hat oder getan haben könnte.

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