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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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sprach, meinte sie, wie er befürchtete, nicht nur fremd, sondern auch seltsam und barbarisch, ungewohnt schmeckend und riechend, eine Kindheit, glamourös durch die Fremdartigkeit von Landschaft, Kreaturen und Bräuchen, tribalistisch und tropisch, obwohl tropisch überhaupt nicht zutraf.
    Er erzählte ihr, dass seine Eltern tot waren und dass seine Tante ihn danach aufgenommen hatte und dass er, obwohl er sie einmal im Jahr besuchte, wenn er in den Ferien nach Hause flog, sonst allein auf der Welt war. Er sagte zunächst nichts von Bernard. Er sagte nichts über die Art und Weise, wie seine Eltern gestorben waren. Später wurde ihm bewusst, dass er von ihrem Tod auf eine Art gesprochen hatte, die Fragen abblockte.
    Oder vielleicht fragte ihn Sarah, wie sie gestorben waren, und er sagte nur: »Sie sind gestorben. Sie sind tot.«
    »Und nach ihrem Tod«, sagte sie, als verstünde sie, dass er nicht bereit war, über sie zu sprechen, »was kannst du mir über diese Jahre erzählen?«
    Als er mit der Beschreibung seines Lebens, nachdem er zu seiner Tante gekommen war, begann, stellte er fest, dass seine Erinnerungen alle mit den Büchern, die er gelesen hatte, vermischt waren, den Büchern, die er bewohnt hatte, um sich sein Leben zu erklären, um die früheren Erinnerungen aufzuschließen – Clares Büchern. Seine Erinnerungen waren in gleichem Maß seine eigenen, wie sie Szenen aus den Büchern waren, die er gelesen hatte, als die Dinge sich ereigneten. Jedes Mal begann die Geschichte, die er Sarah erzählte, mit seinen eigenen Erfahrungen und verwandelte sich dann, ohne dass er es beabsichtigte, in etwas, das er nicht erlebt hatte, das aus einem von Clares Romanen stammte.
    Es gab Schulgeschichten. Wie er sich krank gestellt hatte, um der Entdeckung zu entgehen, dass er eine Gruppe von Jungen bestochen hatte, in einer Schulwahl für ihn zu stimmen. Er hatte jedem von ihnen für den Rest des Jahres einen Schokoriegel pro Woche versprochen – was von einer schwarzen Reinigungskraft entdeckt wurde, worauf er vor dem Direktor beteuerte, dass der Schwarze lüge. Wie er sich Schallplatten in den Schlafzimmern von externen Schülern anhörte, deren Eltern ihn im Auto von der Schule abholten und wieder zurückbrachten, damit er in Vorstadthäusern mit hohen Mauern und Swimmingpools, Gärtnern und Dienstmädchen spielen konnte – und wie er einen im Gartenschuppen versteckten alten Verwandten eines der Dienstmädchen entdeckt hatte, der mit kreisrunden eiternden Wunden bedeckt war, von denen er wusste, dass sie mit einer brennenden Zigarette gemacht worden waren. Wie er einmal einen Skorpion in seinem Schuh gefunden und beobachtet hatte, wie der Skorpion sich umgedreht und ihn fixiert hatte, sein metasoma , seinen Schwanz, und sein aculeus , seinen Stachel (Wörter, die, wie er wusste, nur aus einem Buch stammen konnten) gesenkt und den Rückzug aus der Konfliktzone angetreten hatte. Wie er heimlich aus dem Internat und in die Schule zurückgeschlichen war und nachts in einem leeren Raum Klavier gespielt hatte.
    »Was hast du gespielt?«, fragte Sarah und untersuchte seine Finger.
    Schumann, sagte er und wusste doch, dass er meist Chopins Etüden gespielt hatte. Einer von Clares Charakteren, erinnerte sich Sam, war ein Pianist und Schumann-Kenner.
    Er erzählte ihr Geschichten von einem Afrikaans-Lehrer, der sich in ihn verliebte und ihm ein Buch mit Gedichten von C. Louis Leipoldt schenkte.
    »Hast du den Mann angezeigt?«
    »Er hat die Schule im Jahr darauf verlassen. Ich habe ihn nie wiedergesehen. Keiner hat uns jemals gesagt, wo er hingegangen ist.« Tatsächlich war der Lehrer an der Schule geblieben und von dem Geschenk war nie wieder die Rede gewesen.
    Geschichten von Ferien mit Ellen am Bushmans River und von den blaugrünen Wellen des Indischen Ozeans, die furchteinflößend donnerten – der Sprühnebel vom Schaum, der um Felsklippen wogte, gegen die Wellen anrannten, welche dann zu faszinierenden Strudeln und Wirbeln wurden. Und wie er voll Angst auf die grasbewachsene Kuppe der Dünen rannte, weg vom Strand, rasch ein- und ausatmend, sodass sich sein Brustkorb unter dem dünnen Baumwoll-T-Shirt hob und senkte. Er hatte nie Angst vor dem Ozean gehabt.
    »Welche Farbe hatte das T-Shirt?«
    »Grün mit goldenen Ärmeln«, sagte er und dachte, es konnte auch blau und orange gewesen sein.
    Als sie knapp über ein Jahr zusammen waren, erzählte er Sarah schließlich etwas von Bernard, obwohl er Tage damit

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