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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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es keine in jenem Jahr, keine, an die ich mich erinnern möchte.
    Ich entschließe mich zu glauben, dass meinen Eltern Zweifel kamen, dass sie sich im letzten Moment zurückzogen, noch einmal nachdachten, sich beratschlagten, einander bestätigten, dass sie das Rechte täten, ungeachtet der Gefahr für sie oder der Überlegung, was ein Misslingen ihrer Aktion für mich bedeuten würde. Sie konnten nicht geglaubt haben, dass sie ihrem eigenen Tod entgegenfuhren. Sie konnten nicht zu töten beabsichtigt haben. Ich habe mich zu überzeugen versucht, dass das Ganze nur eine Übung sein sollte, um die Macht zu töten zu demonstrieren, vorausgesetzt, eine Bombe kann jemals nur eine Übung sein.
    Vor ein paar Tagen ist der Container aus New York gekommen und ich mache mich auf die Suche nach dem Ordner mit den Protokollen und Zeitungsausschnitten mit Bezug auf meine Eltern, die ich aufgehoben habe.
KAPSTADT, 29. OKTOBER 1999 – SAPC
    MK-KOMMISSAR BESCHREIBT DIE AUSBILDUNG
FÜR DIE KAPSTÄDTER SAPS-EXPLOSION
Bei der heutigen Anhörung erfuhr die Wahrheitsfindungskommission, dass die Bombe, die 1988 fünf Menschen vor der Kapstädter Polizeizentrale tötete, ein gerechtfertigter Angriff auf ein Regierungsziel gewesen sei, der dem Apartheid-Regime beweisen sollte, dass es nicht unangreifbar war.
    Sechs frühere Mitglieder des MK , Umkhonto we Sizwe, des bewaffneten Arms des African National Congress, beantragten Amnestie in Bezug auf ihre Beteiligung an diesem und einer Reihe anderer Angriffe auf Regierungseinrichtungen in den 1980er-Jahren.
    Unter den Antragstellern befand sich Joe Speke, 52, der während seiner Amtszeit als Kopf der ANC -Abteilung für Spezialoperationen für die Planung einiger der Angriffe verantwortlich zeichnete, darunter auch den Angriff auf die Kapstädter Polizeiwache. Mr Speke beschrieb, wie der Bombenattentäter Peter Lawrence eine Ausbildung in der Anwendung einer ferngesteuerten Vorrichtung erhielt, die aber defekt war und versehentlich Lawrence und seine Frau, die Reporterin und ANC -Aktivistin Ilse Lawrence, die zur Zeit der Explosion mit ihm im Auto saß, tötete. Ein Polizeibeamter und zwei Zivilisten kamen ebenfalls ums Leben, als das mit 10 kg Sprengstoff präparierte Auto vorzeitig detonierte.
    Mr Speke, der vom in Kapstadt ansässigen Rechtsanwalt und Jura-Professor an der UCT William Wald vertreten wird, wurde von Carlo Du Plessis, SC, der die Familien der beiden bei der Explosion getöteten Zivilpersonen vertritt, ins Kreuzverhör genommen. Die Familien votieren gegen den Amnestieantrag von Mr Speke, mit der Begründung, dass die Opfer Zivilisten waren, deren Tod keinerlei politischen Zweck haben konnte. Mr Speke legte nahe, dass die Zelle der Lawrences möglicherweise von den Sicherheitsorganen infiltriert und die Bombe sabotiert worden war.
    Mr Speke wird seine Aussage am Montag zu Ende bringen.
    © South African Press Corporation
    Ich lese einen Bericht wie diesen und es fällt mir schwer, nicht wütend zu sein. Was für törichte Menschen, denke ich. Was für törichte Menschen, so ihr Leben zu riskieren. Selbst wenn die Bombe nicht vorzeitig explodiert wäre, hätte man sie mit großer Sicherheit gefasst und ins Gefängnis gebracht – oder wenn ihnen die Flucht gelungen wäre und sie mich mit außer Landes in ein Leben im Exil genommen hätten, wie es wohl ihr Plan gewesen war, hätten sie immer noch ermordet werden können. Ich weiß, dass sie mich geliebt haben, doch wie sehr konnten sie mich wirklich geliebt haben, wenn sie bereit waren, mein Wohlergehen zu gefährden? Ich lege die Akte beiseite, ehe ich den Fehler mache, etwas noch Beunruhigenderes zu lesen. Wenn ihre Mission verraten worden war, dann liegt in dem Wissen, dass sie nicht versehentlich, als Folge ihrer eigenen Fehler, getötet wurden, sondern vom Feind selbst, dem Staat, vielleicht eine Art von Trost.
    Wir nehmen uns über Weihnachten nur ein paar Tage frei und gehen dann beide wieder an die Arbeit. Ich ziehe mich in mein Büro in der Universität zurück und wende mich wieder den Aufnahmen meiner Interviews mit Clare zu, fertige sorgfältige Protokolle an, die viel mehr Zeit in Anspruch nehmen als die Gespräche selbst. Ich bin noch bei den ersten Interviewtagen, in einem frühen Stadium des Unternehmens. Meine Stimme kommt immer gepresst und ganz unnatürlich aus den Computerlautsprechern. Clare klingt jedoch so, wie ich sie in Erinnerung habe.
    »Hat die Mutterschaft Ihr Schreiben verändert?« Ich höre die

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